Das Geheimnis des Templers - Collector's Pack
irgendeinem ägyptischen Kerker.«
»Und was meint die Ordensführung zur Schuld von Hugo d’Empures? Haben sie ihn wenigstens auf die Liste der meistgesuchten Verräter gesetzt?«
»Sie haben ihn schlicht für tot erklären lassen«, erwiderte Struan verdrossen. »Offiziell ist er zusammen mit unserem Ordensmarschall als Held gestorben. Diese Meldung wird die Ordensleitung in genau dieser Form zum Papst nach Rom absetzen, und auch Hugos katalanische Verwandte werden eine entsprechende Urkunde erhalten. Das bedeutet, er weilt hochoffiziell nicht mehr unter den Lebenden. Sollte er je wieder einen Fuß auf christlichen Grund und Boden setzen und sich als Hugo d’Empures ausgeben, wird er unverzüglich als Hochstapler festgenommen und gehängt, ganz gleich, ob es noch jemanden gibt, der ihn als den einzig wahren, alten Hugo identifizieren kann.«
Gero riss ungläubig die Augen auf. »Soll das heißen, man wird ihn für das, was er getan hat, sogar noch ehren? Das bedeutet also, selbst wenn er wieder auftauchen würde, hätte er niemals eine härtere Strafe zu befürchten, als dass man ihn als Lügner und Betrüger hängen würde! Geschweige denn, dass die Sache ein Nachspiel im Kapitel von Paris hätte!«
»Zumindest nicht offiziell.« Struan schüttelte unmerklich den Kopf. »Der Templerorden hat zwei Tage nach unserem Verhör in einem geheimen Kapitel in Nikosia entschieden, die Angelegenheit keinesfalls in der wahrhaftigen Version publik zu machen. Es wäre eine zu große Schmach, wenn man zugeben müsste, dass ein Kommandeur-Leutnant der Templer zu den Heiden übergelaufen ist und neunhundert Ordensangehörige ihrem Schicksal überlassen hat. Wegen der Geschichte mit Hugo will man alles, was geschehen ist, möglichst unter den Teppich kehren. Ein Spion von solcher Bedeutung in den Reihen des Templerordens würde unserem Ansehen bei König und Klerus empfindlich schaden. Weil man zugeben müsste, das Unheil nicht rechtzeitig erkannt zu haben. In den amtlichen Verlautbarungen wird es heißen, der Überfall der Heiden und unsere Antwort darauf sei eine Verkettung unglücklicher Umstände gewesen. Die Mameluken hatten offenbar gerade nichts Besseres zu tun, als uns anzugreifen. Und wir hatten dem nichts entgegenzusetzen, weil sich der Austausch unserer Versorgungsschiffe und Galeeren unglücklicherweise überschnitten hat. In einer offiziellen Erklärung dazu soll behauptet werden, Hugo habe als einzig überlebender Offizier Verhandlungen mit den Mameluken aufgenommen, weil Bartholomäus de Chinsi zuvor in einem erbitterten Kampf gegen die Heiden gefallen sei. Nachdem sich die verbliebenen Templer in letzter Not in die Festung zurückgezogen hätten, sei der bedauernswerte Bruder Hugo von den Mameluken in gleicher Weise hinters Licht geführt worden wie seine Vorgänger damals in Akko. Nachdem die Mameluken ihm und allen Bewohnern der Festung freien Abzug versprochen hätten, sei er nach dem Öffnen der Tore wie der Ordensmarschall im Kampf getötet worden. Seine Schutzbefohlenen seien in Ketten gelegt und nach Ägypten verschleppt worden …« Struan schwieg für einen Moment, damit Gero diese Ungeheuerlichkeit erst einmal verdauen konnte. »Den Rest kannst du dir denken.«
»Schon allein so etwas zu behaupten ist eine ziemlich schamlose Lüge«, stellte Gero verbittert fest. »Wie blöd muss man sein, um den gleichen Fehler noch mal zu machen, der die Templer 1291 in Akko nicht nur ihre Ordensburg gekostet hat, sondern gleich das gesamte Heilige Land. Selbst wenn es keine Alternativen gab, hätte Hugo mit seiner Erfahrung eine andere Entscheidung treffen müssen, als den Heiden einfach das Tor zu öffnen.« Gero war entsetzt, wie einfach es sich der Orden in dieser Sache machte. Zugleich versuchte er herauszufinden, was diese Verleugnung der wahren Umstände für ihn persönlich bedeutete. »Und was ist mit uns?«, fragte er ratlos. »Wir können doch bezeugen, dass Hugos Verrat überhaupt erst dazu geführt hat, dass die Mameluken es gewagt haben, uns anzugreifen, weil sie wussten, wir waren knapp an Proviant und warteten auf den längst überfälligen Zulauf von Galeeren und Versorgungsschiffen. Und weil sie sicher sein konnten, dass es auf der Festung einen zuverlässigen Teufel gab, der den Ordensmarschall dazu verführen würde, mit dem Öffnen der Tore eine falsche Entscheidung zu treffen.«
»Davon kein Wort, mein Freund«, bemerkte Struan mit einem leisen Ton der Verschwörung in seiner rauen Stimme.
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