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Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman

Titel: Das Geheimnis des Walfischknochens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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wahrscheinlich auf ihrem Abend spaziergang unterwegs, davon kann sie nicht einmal ein Orkan abhalten. Ich habe mich in den ehemaligen Personalräumen einquartiert, bei denen die Fenster auf den Hof hinausgehen, deshalb sah es bei uns so verlassen aus. Da ich meist eh unterwegs bin, macht es mir nichts aus, das Meer mal für ein paar Stunden nicht zu sehen.«
    »Das ist ja wirklich hochanständig von dir.«
    Obwohl der Kommentar durchaus ernst gemeint war, bekam Mattes rote Ohren. »Nun ja, meine Großmutter hat deswegen aber trotzdem ein schlechtes Gewissen … Für sie ist das Meer das Schönste überhaupt. Manchmal denke ich, die Aussicht ist der einzige Grund, warum sie Beekensiel ihr Leben lang treu geblieben ist, obwohl sie alles andere auf der Insel schlichtweg hasst.«
    So interessant Greta das auch fand, kam es ihr allmählich seltsam vor, dieses Gespräch zwischen Tür und Angel zu führen. »Darf ich reinkommen, oder störe ich? Das wäre mir nämlich sehr unangenehm.«
    »’Tschuldigung, ich bin miserabel im Umgang mit Gästen, aber das hast du ja schon bei unserem ersten Treffen festgestellt.«
    Mit einer einladenden Geste trat Mattes zur Seite und ließ Greta eintreten. Rein ihrem Instinkt gehorchend, atmete sie tief ein, als sie dicht an ihm vorbeiging – als wäre das ihre Chance, mehr über ihn zu erfahren. Und das tat sie auch: Sie erfuhr mit einer erschreckenden Intensität, dass sie Mattes Ennenhof mehr als bloß gut riechen konnte. Dabei hatte sie höchstens eine Ahnung von dem Duft eingefangen, der auf seiner Haut lag. Wie wäre es erst, wenn sie ihr Gesicht in die Beuge seines Halses legen würde? Sie musste sich ernsthaft zusammenreißen, um den Eindruck abzuschütteln. Ihr Auftritt war ohnehin schon bizarr genug.
    Im Flur kam ihr leise Musik entgegen, Gitarrenklänge begleiteten den traurig süßen Gesang einer weiblichen Stimme. Im Flur mit seinen wandhohen Regalen voller Bücher saß Mattes’ Hund und fiepte, während seine Vorderpfoten einen Tanz aufführten. Für Gretas unerfahrenen Blick sah es aus, als würde der Labrador von einer unsichtbaren Hand gegen seinen Willen am Boden festgehalten werden.
    »Was hat Fado denn?«
    Auf Mattes’ Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. »Du meinst: Abgesehen davon, dass er sich nicht auf meine Besucherin stürzen und sie zur Begrüßung begeistert zu Boden werfen darf? Tja, davon einmal abgesehen hat er nichts weiter.«
    Trotz ihrer sperrigen Jacke ging Greta vor dem Hund in die Knie und kraulte ihn hinter den Ohren, wofür der Rüde äußerst dankbar war. Denn er hätte es bestimmt keinen Augenblick länger ausgehalten, sitzen zu bleiben, gleichgültig, wie der Befehl seines Herrchens lautete. »Bist du so ein gut erzogener Hund, machst du brav, was man dir sagt?«, lobte Greta ihn ausgiebig. »So ein feiner Junge.« Als Fado ihr einmal quer übers Gesicht leckte, musste sie lachen.
    Auch Mattes entging dieser verbotene Zuneigungsbeweis nicht, aber anstelle einer Zurechtweisung schüttelte er lediglich belustigt den Kopf. »Ich sollte mir wohl merken, dass man als braver und folgsamer Junge besonders weit bei dir kommt. Nicht, dass ich eine ähnliche Begrüßung bevorzugt hätte«, beschwichtigte er schnell, als Greta ihn anfunkelte.
    Mattes machte einen erstaunlich gelösten Eindruck, ganz anders als vor ein paar Tagen, als er sie kurzerhand am Strand hatte stehen lassen. Sie würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass er sich über ihren spontanen Besuch freute. Sieht ganz so aus, als habe Tante Trude umgehend Bericht erstattet, dass ich Single bin, anders kann ich mir diese plötzlich wiedergefundene Lockerheit nicht erklären , freute Greta sich im Stillen.
    »Jetzt weiß ich wenigstens, woher dein Hund seinen außergewöhnlichen Namen hat. Fado … Dabei hätte ich dich nicht als jemanden eingeschätzt, der eine Schwäche für traurige portugiesische Lieder über die Macht des Schicksals hat.«
    Mattes warf ihr einen fragenden Blick zu.
    »Nicht dass ich dich für jemanden halten würde, für den Musik lediglich ein Hintergrundgeräusch aus dem Radio ist«, beeilte Greta sich richtigzustellen, während sie sich zugleich fragte, warum – um Himmels willen! – sie in Mattes Ennenhofs Gegenwart immer das Falsche sagte oder tat. Sie war gewiss jenseits davon, perfekt zu sein, aber normalerweise gelang es selbst ihr, ihren Mitmenschen nicht unentwegt auf die Zehen zu treten. Nur bei Mattes geriet sie zielsicher von einem Fettnäpfchen ins

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