Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
herausgemeißelt waren. Nein, dieser Bereich war viel gröber, kunstloser und vermutlich schon vor Hunderten von Jahren entstanden.
Mit seiner feuchten Kälte erinnerte der Tunnel sie an die Höhlen von Loch Ness, in denen sie und Graeme so viel Zeit verbracht hatten. Sie konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht zum letzten Mal gesehen hatte. Die Vorstellung, ihren Mann nie wieder zu sehen, nie wieder seine Lippen an ihren zu spüren oder seine Hand auf ihrer Haut, ließ ihr fast den Atem stocken. Es war, als würde ihr jemand das Herz zusammendrücken. Nein, sagte sie sich dann entschlossen und wappnete sich gegen diese Gedanken. Komme, was da wollte, sie würde das hier lebend überstehen, und sie würde auch Graemes Bruder retten.
In dem Moment erkannte sie, dass sie alles dafür geben würde, wieder in Graemes Armen sein zu können. Sie liebte ihre Forschung, aber wenn sie wählen müsste, würde sie sich für Graeme entscheiden. Denn sie wollte verdammt sein, wenn sie sich nicht in ihren Ehemann verliebt hatte. Ihr kamen die Tränen bei dieser jähen Erkenntnis, und sie wusste, dass sie fliehen musste , um Graeme zu sagen, was ihr klar geworden war.
»Dieser Tunnel führt nach Westminster?«, fragte sie den Raben. Als er nicht antwortete, fuhr sie fort: »Und auf diese Weise sind Sie hineingelangt und haben den falschen Stein der Vorsehung gestohlen?«
»Genau. Sie sind ein kluges Köpfchen, was?«, sagte er belustigt.
Während der gestrigen Regenfälle musste irgendwo Wasser eingedrungen sein und das kleine Flüsschen in dem Tunnel erzeugt haben. Vanessas Schuhe waren schon durchnässt, bevor sie durch den zweiten bogenförmigen Durchgang gingen.
Schweigend durchquerten sie den neuen Tunnel, und zweimal drehte sich Vanessa um, um sich die Route einzuprägen. Aber da der Tunnel mehrere Abzweigungen hatte, war sie nicht sicher, ob sie sich an die richtigen würde erinnern können. Sie bezweifelte, ob sie und Dougal würden fliehen können, denselben Weg zurücklaufen, den sie gekommen waren, und die Straße erreichen könnten, bevor der Rabe sie einholen würde. Sie müssten ihn schon irgendwie außer Gefecht setzen, um das zu schaffen.
Im Gehen suchte Vanessa nach irgendeiner Art von Waffe – einen großen Stein, um ihn dem Raben über den Kopf zu schlagen, oder einen Stock mit scharfer Spitze, den sie wie einen Speer benutzen könnten. Vanessa wäre alles recht, was ihnen nützlich sein könnte. Aber nur Ratten und der kleine Wasserlauf teilten sich den Raum mit ihnen. Der durchdringende Gestank menschlicher Exkremente bestürmte ihre Sinne, bis ihr übel wurde. Je eher sie aus diesem verdammten Tunnel herauskamen, desto besser. Wenn sie erst einmal in Westminster waren, konnten sie fliehen oder jemandem ein Zeichen geben, dass sie Hilfe brauchten.
Schließlich gelangten sie an eine weitere Treppe, und wieder schickte der Rabe Dougal zuerst hinauf. »Verschieb die Engelsstatue dort oben, und sie wird die geheime Kammer öffnen«, sagte er. »Aber komm ja nicht auf dumme Ideen, denn sonst bringe ich Vanessa um. Ich gehe davon aus, dass du wie dein Bruder bist, seinen lächerlichen Hang teilst, unglückselige Frauen zu retten, und daher keine Hand gegen mich erheben wirst, solange sie hier ist. Aber sollte das als Motivation nicht ausreichen, dann denk daran, dass nicht nur ihr beide sterben werdet, falls du versuchst, den Helden zu spielen, sondern dass ich auch deinen Bruder umbringen werde, wenn ich ihn finde.«
Dougal nickte und tat dann wie geheißen. Sobald er die Statue beiseite geschoben hatte, stieg er die Treppe hinauf und verschwand über ihnen.
Vanessa folgte ihm hinauf, und der Rabe blieb dicht hinter ihnen. Als alle in dem kleinen Zimmer waren, schob er die Statue an ihren Platz zurück.
»Wir sind in Westminster«, sagte Vanessa. Das Mauerwerk der Abtei war ihr bekannt, da sie schon viele Male hier gewesen war, aber diesen Raum, in dem sie sich befanden, hatte sie noch nie gesehen. Er sah aus wie eine Art Versammlungsraum des Chors.
Der Rabe führte sie durch mehrere Räume, bis sie schließlich in einem innehielten und er die Tür hinter ihnen schloss. Vanessa beobachtete, wie der Rabe zu einer anderen Tür an der gegenüberliegenden Wand ging und dort stehen blieb, um zu lauschen.
»Ihre Majestät wird sich direkt auf der anderen Seite dieser Tür befinden, sobald der Gottesdienst beendet ist«, erklärte er. »Bringen Sie die Juwelen dort hinüber«, wies er Vanessa an und deutete auf
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