Das Geheimnis unserer Herzen: Roman (German Edition)
oder?«, fauchte sie in einem Ton, der schon gefährlich laut geworden war.
»Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass die Leute hier noch immer an diesen alten Ritus glauben?«, fragte er.
»Sie glauben nicht nur daran. Er ist eine rechtlich bindende Eheschließung. In den Augen der Behörden, der Kirche und jedem, der in diesem Pub war, seid du und dieses Mädchen Mann und Frau.«
Graeme öffnete schon den Mund, um ihr zu widersprechen, schloss ihn aber gleich wieder und spürte, wie sich die Falte zwischen seinen Brauen vertiefte. »Das ist ja lächerlich.«
»Lächerlich oder nicht, so ist es nun einmal.« Moira verstummte abrupt und presste die Lippen zusammen, um ein Lächeln zu verbergen.
»Freut mich, dass du das so lustig findest«, brummte Graeme.
»Das alles hast du nicht bedacht, mein Junge, was? Wie ist das eigentlich passiert?«
Graeme erzählte ihr von den Männern, die Vanessa belästigt hatten, und den Spötteleien, denen er ausgesetzt gewesen war. »Zu dem Zeitpunkt schien es die einzige Möglichkeit zu sein.« Er verzichtete darauf, ihr zu erzählen, wie der Spott der Männer ihm an die Nieren gegangen war und wie ihre kindischen Hänseleien ihn zum Handeln getrieben hatten. Das zuzugeben würde gar nichts ändern.
»Also hast du sie geheiratet.« Moira schwieg einen Moment, bevor sie wissend nickte. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen, glaube ich. Aber jetzt musst du mit den Folgen leben. Am besten machst du dich gleich auf den Weg.«
»Auf den Weg wohin?«
»Um deine Braut zu holen. Geh zum Bahnhof und bring sie hierher zurück. Ob du willst oder nicht, du bist jetzt mit der jungen Frau verheiratet. Zunächst einmal. Ihr könnt immer noch entscheiden, wie es weitergehen soll. Die Ehe annullieren lassen, wenn ihr wollt.« Der pure Schalk blitzte aus Moiras Augen, als sie ihm einen Blick zuwarf, der für seinen Geschmack ein bisschen zu zufrieden war. »Oder vielleicht beschließt du ja auch, diese hübsche junge Dame zu behalten.«
Graeme schluckte, weil er nicht ganz verstehen konnte, was seine Mutter ihm da vorschlug. Er wollte keine Ehefrau, schon gar nicht eine, die ihm mit Sicherheit mehr Ärger machen würde, als sie es wert war. »Sie behalten?«, fragte er, als er aufstand. »Warum in drei Teufels Namen sollte ich das tun?«
»Weil du irgendwann eine Ehefrau brauchst, und einen Erben, um deinen Familiennamen weiterzutragen. Außerdem hätte ich gern Enkelkinder. Möchtest du denn nicht verheiratet sein, mein Junge?«, fragte sie mit erhobenen Augenbrauen und einem kleinen Lächeln um die Lippen.
Seine unangemessen heftige Reaktion war nicht unbemerkt geblieben. Er holte tief Atem, um sich zu beruhigen. »Nicht wirklich, nein.« Er griff nach einem Stück Brot, um es unterwegs zu essen. »Bei dir hat die Ehe ja wohl auch nicht gerade gut geklappt.«
»Meiner eigenen Sturheit wegen.« Damit wandte sie sich von ihm ab und begann, sich mit dem Frühstücksgeschirr zu beschäftigen.
Ha! Es war wohl eher so, dass sein verdammter englischer Vater sie vertrieben hatte. Er hatte ihre schottische Herkunft nie akzeptiert und es ihr nicht leicht gemacht, sich in die Londoner Gesellschaft einzufügen. Vanessa hingegen würde perfekt in Graemes Welt hineinpassen, oder jedenfalls in die englische Seite dieser Welt. Sie war eine wohlerzogene junge Dame, attraktiv, groß – nicht, dass Vanessas Größe bei irgendetwas eine Rolle spielen würde, aber sie war eben genau die Richtige für ihn, weil er nur den Kopf zu senken brauchte, um sie zu küssen, wenn er wollte.
Aber Graeme hatte niemals vorgehabt zu heiraten. Die unglückliche Ehe seiner Eltern genügte ihm als Beweis dafür, dass Menschen keine Bindung eingehen sollten, die sie nicht aufrechtzuerhalten gedachten, besonders, wenn sie auch noch Kinder in die Welt setzten. Aus all diesen Gründen und noch vielen anderen hatte Graeme einfach nicht den Wunsch, Ehemann zu sein. Und deshalb würden sie selbstverständlich eine Annullierung dieser Ehe beantragen.
Andererseits musste er seiner Mutter jedoch auch recht geben. Wenn Vanessa wirklich seine rechtmäßige Frau war, ging er am besten schnellstens los, um sie zu suchen, bis die Annullierung rechtskräftig war.
Graeme hatte am Bahnhof mit der Suche nach seiner Braut begonnen, aber keine Spur von ihr gefunden. Der Bahnhofsvorsteher hatte widerstrebend zugegeben, dass sie Graemes Vergütung verdoppelt hatte, damit der Mann nicht hinschaute, als sie den Bahnhof wieder
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