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Das Geheimnis von Compton Lodge

Das Geheimnis von Compton Lodge

Titel: Das Geheimnis von Compton Lodge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Jackob
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höchsten Würdenträger ermordet«, versuchte ich den Tatbestand herunterzuspielen.
    Â»Da haben Sie ganz Recht. Dennoch war es eine höchst merkwürdige Situation. Ich kam mir vor wie während des Studiums«, sagte der Arzt lachend, »wissen Sie, ganz so wie damals, wenn einem der Professor über die Schulter geblickt hat.«
    Â»Aber Ihre Arbeit wurde von dem Kirchenvertreter nicht weiter kommentiert?«
    Â»Nein, und ich kannte den Mann auch nicht.«
    Wenig später verabschiedete ich mich von Dr. Smithers und dankte ihm für die umfassende Auskunft. Es schien nur eine wesentliche Information zu geben, nämlich dass die Schläge, die den Bischof getötet hatten, wohl von zwei Personen ausgeführt worden waren. Holmes würde zufrieden sein mit meinen Erkenntnissen. Anschließend genehmigte ich mir einen Spaziergang über den Vorplatz der Kathedrale und eine warme Mahlzeit in einem der umliegenden Gasthäuser. Als ich schließlich mit dem Einspänner auf Whitstable Hall eintraf, führte mich eine Bedienstete zum Studierzimmer. Butlers Gesicht hellte sich bei meinem Eintreten merklich auf.
    Â»Doktor Watson, schön, dass Sie da sind. Wie geht es Ihnen?«
    Â»Ich kann nicht klagen. Es ist ja auch ein wenig wärmer geworden, und ab und an zeigt sich sogar die Sonne. Konnten Sie denn eigentlich ein wenig schlafen heute Nacht?«, fragte ich ihn, um im nächsten Schritt den Strandspaziergang vorzuschlagen.
    Â»Ich lag erst einige Zeit wach, aber dann bin ich doch eingeschlafen. Die Ermordung meines Onkels hat uns sehr mitgenommen. Es ist der zweite Schicksalsschlag in der unmittelbaren Familie. Und zu allem kommt hinzu, dass meine Mutter ihren Mann bis zum heutigen Tage nicht hat begraben können.«
    Â»Ja, das ist in der Tat eine fürchterliche Situation. Hoffentlich kommt Holmes dem Rätsel auf die Spur.«
    Ich vermied es, ihn noch einmal auf die Stunden nach der Entdeckung von Montgomery anzusprechen, und schlug ihm einen Spaziergang vor, der Entspannung wegen. Er willigte ein und wir fuhren kurz darauf in Richtung Strand davon. Die Uhr zeigte Viertel nach zwei. Holmes konnte sich auf mich verlassen, resümierte ich zufrieden im Stillen. Butler schilderte mir, dass der Stallbursche in größten Nöten sei, da man bei dem Bischof ein Beweisstück sichergestellt habe, das den Jungen eindeutig belaste. Um was es sich denn handele, wollte ich wissen. Er wisse es nicht, da müsse ich mich an Inspektor Kingslay von der hiesigen Polizei wenden. Dass dies nicht der rechte Ansprechpartner war, konnte ich ihm natürlich nicht anvertrauen. Immerhin war es der Inspektor gewesen, der dem toten Montgomery etwas in die Tasche geschmuggelt hatte. Und ich vermutete, dass es um eben dieses für den Stallburschen offensichtlich verfängliche Objekt ging. Holmes war ja von der Unschuld des Burschen gänzlich überzeugt.
    Â»Ich werde Kingslay aufsuchen und ihn um Auskunft bitten. Er wird wohl nichts dagegen einzuwenden haben.«
    Der Wind zog vom Meer gen Landesinnere und wehte uns salzige Luft ins Gesicht. Auch wenn es nicht unbedingt angenehm war, tat die frische Brise wohl auf der Haut, und ich fühlte mich bestens. Ich schloss die Augen und lauschte den Wellen, die durch den Wind hindurch an mein Ohr drangen. Plötzlich erschien ein Bild vor meinem inneren Auge – ich sah ein unscharfes Gesicht, das sich von allen Seiten gleichzeitig auf mich zubewegte. Dann war es mit einem Mal ganz nah vor mir, riss den Mund auf und schrie, ohne dass man einen Ton gehört hätte. Ich öffnete die Augen und sah in Butlers besorgtes Gesicht, der mich schüttelte.
    Â»Dr. Watson! Sir!«, rief er immer wieder.
    Ich stieß ihn weg, entschuldigte mich jedoch sofort für mein Verhalten. Was denn passiert sei, wollte ich von ihm wissen.
    Â»Ihr Oberkörper, Sie haben hin- und hergeschwankt, wie in Trance. Ich habe versucht mit Ihnen zu sprechen, aber Sie konnten mich nicht hören. Erst als ich Sie an den Schultern gepackt habe, sind Sie aufgeschreckt. Ihr Blick, Doktor, Sie sahen aus, als hätten Sie einen Geist gesehen.«
    Die Situation war mir äußerst unangenehm, ich wusste nicht recht, was ich sagen, wie mein Verhalten erklären sollte. Ich schob eine Übelkeit vor, die mich überkommen hatte, während ich eingenickt war. Er fragte nicht weiter nach und so setzten wir unsere Fahrt fort. Die Kutsche erreichte

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