Das Geheimnis von Digmore Park
Liebhaber, diesen Shiffton, darauf angesetzt, Dewary zu erschießen. Ich habe es mit meinen eigenen Ohren gehört, als er sich vor einem der anderen Burschen damit brüstete.“
Mylady zuckte verächtlich mit den Schultern. „Na und? Was geht dich das an? Hätte Shiffton Dewary erschossen, dann befänden wir uns jetzt nicht in dieser unangenehmen Lage. Aber du wolltest ja unbedingt auf den Friedensrichter warten. Jetzt siehst du, wohin uns Warten bringt …“
„Ich war deinem Shiffton Tag und Nacht auf den Fersen. Und hätte er Dewary je im Visier gehabt, ich hätte ihn abgeknallt.“
„Du hast ihn abgeknallt, Edward!“, berichtigte Mylady kühl.
Sir Streighton hatte sich erhoben, und die anderen beeilten sich, es ihm gleichzutun.
„Lord Edward Bakerfield und Lady …“
„Valerie“, flüsterte ihm Lord Digmore zu.
„Louise Vivian“, verbesserte sein Sohn.
„Lady Louise Vivian Bakerfield”, nahm der Friedensrichter den Faden wieder auf, „ich verhafte Sie im Namen des Königs. Folgen Sie mir zu meiner Kutsche. Wachen!“
Auf dieses Kommando öffnete sich die Tür zum Salon, und vier Männer traten ein, die Gewehre im Anschlag.
„Begleiten Sie Lord und Lady Bakerfield zur Kutsche!“
Der erste Mann ergriff Edward am Ärmel seines Rockes. Dieser schüttelte ihn ab. „Einen Augenblick noch, Mylord, wohin bringen Sie uns? Vergessen Sie nicht, ich habe Major Dewary das Leben gerettet!“
Lady Barbara blickte flehentlich zu ihrem Bruder hinüber. Dieser nickte ihr zu, bevor er sich an seinen Neffen wandte, ohne auf dessen Einwand einzugehen. „Ich habe Lord Streighton gebeten, euch nach Southampton zu bringen. Eure Diener haben bereits das nötige Gepäck vorbereitet und in die Kutsche geladen.“
„Nach Southampton? Was sollen wir denn in Southampton?“
„Dort werdet ihr an Bord der Queen of the Seas gehen, die euch nach Amerika bringt. Es sind zwei Plätze im Unterdeck für euch reserviert.“
„Im Unterdeck? Ich reise doch nicht im Unterdeck! Mit all dem Gesindel. Dort soll es stinken wie die Pest, es gibt kaum zu essen …“
„Mein Neffe, mir scheint, du hast keine andere Wahl.“ Lord Digmore zog einen kleinen Leinenbeutel aus seiner Hosentasche und warf ihn zu Lord Bakerfield hinüber. „Dieses Geld sollte für die Überfahrt reichen. Und auch dafür, euch die ersten Tage nach eurer Ankunft durchzubringen, bis ihr Arbeit gefunden habt!“
Lady Barbara ergriff seine Hand. „Ich danke dir, mein Bruder, du bist sehr großzügig!“
„Arbeit!“ Bakerfield schnappte nach Luft. „Arbeit? Du wirst doch nicht von uns erwarten, dass wir arbeiten ?“
„Mein Vater wird das nie zulassen! Ich möchte unverzüglich mit meinem Vater sprechen!“ Lady Bakerfield entwand sich ebenfalls den Männern des Richters.
„Dem Wunsch folgen wir gern“, meinte der Friedensrichter ungerührt. „Wachen, verbringt die beiden in den Gemeindekerker. Dort sollen sie ausharren, bis ihnen der Prozess gemacht wird. Bei zweifachem Mord, Mordversuch an einem Earl sowie Meineid ist das Urteil schnell gesprochen. Du kannst gleich beim alten Lombert vorbeifahren, Timothy, er soll den Galgen für zwei Personen vorbereiten …“
„Bringen Sie uns nach Southampton!“ Mit diesen Worten schritt Lord Bakerfield in Richtung Tür. Kurz hatte es den Eindruck, als wollte er stehen bleiben, um seine Mutter zu umarmen, doch dann entschied er sich dagegen. „Komm Louise, wir haben hier nichts mehr verloren.“
„So ist es, Mylord“, bestätigte der Friedensrichter, „sollte es Ihnen einfallen, eines Tages wieder englischen Boden zu betreten, so wird Sie beide die Härte des Gesetzes mit voller Wucht treffen!“
Würdevoll verneigte er sich vor der Gesellschaft um Lord Digmore und verließ dann hinter dem Ehepaar Bakerfield den Jagdsalon.
36. Kapitel
Elizabeth lächelte ihrem Spiegelbild zu, während Molly ihre blonden Locken solange bürstete, bis sie glänzten. Dabei stand das Mundwerk der Zofe nicht still, so aufgeregt und glücklich war sie, ihre Herrin wohlbehalten wieder unter ihren Fittichen zu wissen. Diese hörte ihr jedoch nur mit halbem Ohr zu. In wenigen Minuten würde der verspätete Lunch beginnen, und sie würde Dewary wiedersehen! Seine Unschuld war bewiesen, er war in Sicherheit, er war frei für sie! Hatte es je einen schöneren Tag gegeben?
Elizabeth hatte den Friedensrichter zwar nicht gesehen, dafür aber die Unterredung hinter der Durchreiche Wort für Wort mitverfolgt. Nachdem das
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