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Das Geheimnis von Islay Island

Das Geheimnis von Islay Island

Titel: Das Geheimnis von Islay Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morna Helen; Mulgray Mulgray
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ich sie dann.
    Ohne Spaten konnte ich allerdings schlecht graben. Ich blickte zur Kirche zurück. Auf dem Friedhof vielleicht … Doch die Gräber waren alt, etliche hundert Jahre, und in jüngerer Zeit hatte es offensichtlich keine Bestattungen mehr gegeben. Vielleicht fand ich ja irgendetwas im Wagen.
    Ich kehrte mit einer Radkappe zurück, die ich zu einer riesigen Kelle umfunktionierte und in die Muscheln stieß. Mein Ärger über Gorgonzola und mein Frust über die gescheiterten Kletterversuche brachten mich in Rage. Ich schaufelte wie besessen. Endlich gerieten die Muscheln unter Gorgonzola in Bewegung, was mich zu doppelten Anstrengungen beflügelte. Eine letzte Kelle und …
    Ich sah etwas, das mir die Luft abschnürte. In der Tiefe des frisch geschaufelten Lochs erschien ein Gegenstand aus schwarzem Leder, ein Herrenschuh. Für sich genommen kein Grund zur Aufregung – abgelegte Schuhe finden sich ständig an Straßenrändern, unter Hecken und auf unbebautem Gelände. Doch in diesem Schuh steckte eine dunkelrote Socke mit einem unverwechselbaren Muster aus zwei verschränkten Ringen. Eine solche Socke hatte ich erst heute Morgen gesehen, und zwar an den Füßen von George Winstanley.
    Knirschend geriet der Muschelberg in Bewegung, als wolle er meine Entdeckung schnell wieder verbergen. Gorgonzola setzte zum Sprung an und landete auf dem Boden. Vor Schreck hatte ich einen trockenen Mund bekommen, doch ich grub weiter. Als der Schuh erneut zum Vorschein kam, rammte ich die Radkappe in den Haufen, um einen festen Schutzschirm gegen die Muschellawinen zu haben. Zögernd streckte ich einen Finger aus und berührte die Socke. Unter dem Baumwollstoff fühlte ich Fleisch und Knochen.
    Winstanley und seine Anschuldigungen gegen Sir Thomas waren von Changs plötzlicher Abreise überschattet gewesen. Er hatte einem überaus profitablen Plan im Weg gestanden, und jetzt war er tot.
    Ich zog die Radkappe aus den Muscheln und sah zu, wie sich das Loch sofort wieder schloss. Socke und Schuh verschwanden erneut in dem unverdächtigen Haufen.
    Ein lautes, metallisches Kreischen aus den Bäumen hinter dem Friedhof ließ mich zusammenzucken. Ich wirbelte herum und sah, wie unweit der Mauer ein großer schwarzer Vogel auf das umliegende Feld flog. Im letzten Tageslicht schimmerte das altehrwürdige Gemäuer der Kirche mit seinem Flechtenbesatz noch gespenstischer als zuvor. Die dunkle Wolkenwand war näher gekommen und überzog jetzt den Himmel im Norden und Osten, während eine Böe den bevorstehenden Regen ankündigte. Sie wuschelte Gorgonzola, die sich jetzt mit starren, runden Augen neben den leeren Rucksack duckte, durchs Fell.
    Unsicher blickte ich in beide Richtungen der Straße und dann wieder auf den Muschelhaufen. Hatten die Mörder vor, die Leiche hierzulassen, bis sie Wochen, vielleicht sogar Monate später entdeckt wurde, oder beabsichtigten sie, Winstanley noch an eine Stelle zu verlegen, wo er nie gefunden würde? Handelte es sich bei der »Einladung«, die Sir Thomas und Waddington für heute Abend hatten, vielleicht in Wahrheit um eine Verabredung zur Entsorgung des Toten?
    Es war höchste Zeit, hier wegzukommen. Ich hob Gorgonzola hoch und steckte sie in den Rucksack. Sie leistete keinen Widerstand, als hätte auch sie nur den einen Wunsch, zu verschwinden. Mithilfe der Radkappe schaufelte ich sämtliche Muscheln, die heruntergefallen waren, sorgfältig wieder auf den Haufen, so dass er unangetastet schien, und überlegte mir auf der Rückfahrt meinen nächsten Zug. Ich kam zu einer Entscheidung: Gleich morgen früh würde ich mir die Hilfe von Sandy Duncan sichern.
    Als ich auf Allt an Damh eintraf, war es schon fast dunkel, jedoch noch deutlich vor zehn. Ich drückte den Knopf der Gegensprechanlage. »Liz Dorward, Chef , ich bin wieder da.«
    Zwar kam keine Antwort, doch das Tor ging lautlos auf. Er war sicher nicht gerade erbaut davon, dass er meinetwegen noch keinen Feierabend machen konnte. Blieb zu hoffen, dass er morgen beim Frühstück darüber hinweg war.
    Als am nächsten Morgen ein feuerroter Sonnenaufgang den Himmel überzog, machte ich mich zur Bucht auf, wo Sandy Duncan, wie ich hoffte, die Otter beobachten würde. Nachdem ich die Hügelkuppe hinter mir gelassen hatte, blickte ich über das Wasser der Bucht – eine metallisch graue Fläche, aus der einzelne Felsen wie dunkle Stümpfe aufragten. Immer an einer Feldsteinmauer zu meiner Linken entlang bahnte ich mir meinen Weg durch das struppige

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