Das Geheimnis von Islay Island
gebeten, nach den Überresten von Kontaktlinsen zu suchen, und sie sind tatsächlich fündig geworden.«
Er riffelte den Rand des ordentlich gestapelten Berichts. »Noch nicht schlüssig bewiesen, ich weiß, aber Sie werden froh sein zu hören, dass die Identität der Leiche nunmehr durch Ihren Bericht hier bewiesen ist.« Er wartete und fuhr, als ich den Köder nicht schluckte, fort: »Der Mann lag auf der linken Seite, den Arm unter sich, also konnten wir ihn als Moran identifizieren, weil …?«
Im vollen Bewusstsein, wie sehr mich das nervte, drückte er mir wieder eine von seinen Gehirntrainingsübungen aufs Auge. »Die linke Hand ist die Ringhand«, antwortete ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Sie war vor der Hitze geschützt. Folglich wurde die Identifizierung durch den Ring bestätigt.«
»Korrekt.« Er schob mir ein Foto von dem Ring hin. Auch wenn er sich durch die hohen Temperaturen verformt hatte, trug er eindeutig das Brodie-Wappen, ein Bündel horizontal angeordneter Pfeile mit einem Motto. Ich beachtete das Foto nicht weiter, und er steckte das Bild in einen braunen Umschlag.
»Und was ist mit Gabrielle Robillard? Kommt die nicht vor Gericht?«
»Als unsere Leute auf Allt an Damh ankamen, um sie zu befragen, hatte sie schon ihre Sachen gepackt und war verschwunden. Aber wir hätten ohnehin nichts gegen sie in der Hand gehabt. Es ist keine Straftat, die Freundin von Louis Moran zu sein. Ich bezweifle sehr, dass sie irgendetwas mit den Morden an den Cameron-Blaiks zu tun hatte – und falls doch, werden wir ihr jetzt, wo Moran tot ist, nichts mehr nachweisen können. In dem Moment, als Moran beschloss, Sir Thomas’ Identität anzunehmen, war auch der Tod von Lady Cameron-Blaik besiegelt. Er konnte nicht riskieren, dass sie auf die Idee kam, ihren Mann auf Islay zu besuchen. Als Robillard auf der Insel eintraf, war Cameron-Blaik selbst schon tot. Und was Winstanley betrifft, so bestätigt Ihr Bericht, dass sie nicht dabei war, als er ermordet wurde. Damit wäre der Einsatz also beendet.«
Er nahm meinen Bericht und steckte ihn zu dem Foto in den Umschlag. »Wir werden die Sache mit Louis Moran nicht an die große Glocke hängen. Wäre nicht eben hilfreich, wenn die Zeitungen sich gegenseitig mit Schlagzeilen überböten, so nach dem Motto: Meisterschmuggler verschaukelt Finanz- und Zollamt.«
»Aber die Leichen auf dem Friedhof, die können wir nicht vertuschen …«
»Es dauert noch ein paar Tage, bis das an die Redaktionen gelangt. Wie Sie wissen, war die Leiche von Cameron-Blaik schon ziemlich stark zersetzt. Der Identitätsnachweis durch Zahnstatus, DNA -Tests – das braucht Zeit. Schließlich wird alles darauf hindeuten, dass ein Serienmörder auf Islay sein Unwesen treibt. Für die Presse wird es das Tagesgespräch sein, ein ungelöstes Rätsel. Also: Ende gut, alles gut. Fall abgeschlossen.«
Dies war der Moment, in dem er mir den Gnadenstoß versetzte.
»Damit haben Sie allerdings Ihre Suppe noch nicht ausgelöffelt, Deborah. Bis auf Weiteres wäre es, glaube ich, eine heilsame Lehre, wenn Sie die Frachtbootüberwachung in Portobello wiederaufnehmen würden.«
Ich durfte mich also auf endlose, langweilige, eintönige Nächte freuen, in denen meine Augen am Fernglas klebten, um kleine Boote zu sichten, die im Schutz der Dunkelheit an der Küste anlegten. Er brauchte es gar nicht direkt zu benennen. Er teilte mich zu einem Strafeinsatz ein, damit vergleichbar, einen höheren Ermittlungsbeamten wieder auf Streife zu schicken.
21
I ch legte das Fernglas weg und rieb mir die Augen. Als ich vor über zwei Wochen von diesem Beobachtungsposten abgezogen worden war, um den Einsatz auf Islay zu übernehmen, hatte ich kaum damit gerechnet, diesen Ort schon so bald wiederzusehen. Ich hätte die öde Routine als Erholung gegenüber der aufreibenden Operation Schottischer Fusel betrachten können, doch ich empfand nichts weiter als Widerwillen. Nachdem ich zwei endlos lange Nächte aufs Meer hinausgestarrt hatte, war ich mit meiner Geduld am Ende. Je mehr ich über die Situation nachdachte, desto ungerechter fühlte ich mich behandelt. Wie lange sollte ich zu dieser simplen Aufgabe verdammt sein, die der blutigste Anfänger bewältigen konnte, bevor Gerry zu dem Schluss kam, dass ich meine Lektion gelernt hatte, und mir eine neue Aufgabe zuteilte?
»Ich bin bei Gerry schlecht angeschrieben. Das hier ist ein Hundeleben, Gorgonzola«, seufzte ich.
Sie spitzte die Ohren. Für sie war ein Hund
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