Das Geheimnis von Melody House
Hose mit Bügelfalte.
“Worum geht es denn?” fragte der hoch gewachsene Mann mit dem gemeißelten Gesicht abrupt, während er sich wieder setzte. Alle schauten sie an.
“Mein Name ist Darcy Tremayne. Ich bin hier mit Matt Stone verabredet. Kennen Sie ihn?”
Sie sprach ruhig und höflich – immerhin war sie geschäftlich hier. Aber sie spürte plötzlich eine feindselige Atmosphäre. So feindselig, dass sie am liebsten aufgesprungen und weggelaufen wäre.
“Was wollen Sie denn von ihm?” fragte der große schlaksige Typ mit dem Grübchen.
Sie kam nicht dazu zu antworten, weil ihr der Mann, den sie in Gedanken “das gemeißelte Gesicht” nannte, das Wort abschnitt. “Gehören Sie zu diesen Übersinnlichen?” fragte er abfällig.
Darcy zog erstaunt eine Augenbraue hoch.
Und sei freundlich zu den Einheimischen
, hatte Adam sie ermahnt.
Na schön, dann würde sie eben freundlich sein. “Wenn Sie es so bezeichnen wollen. Ich arbeite für Harrison Investigations”, gab sie vorsichtig zurück. Sie kannte die Vorbehalte, die ihr in Kleinstädten immer wieder entgegengebracht wurden. Die Menschen hier tickten einfach anders als in New York oder in D.C., wo sie jetzt schon viele Jahre lebte.
“Dann sind Sie also eine leibhaftige Geisterjägerin?” scherzte der Typ mit dem Grübchen.
“Geisterjägerin?” Sie zog wieder eine Augenbraue hoch und lehnte sich zurück, entschlossen, gelassen, freundlich und würdevoll zu bleiben. “Harrison Investigations ist eine kleine Firma, die unerklärliche Phänomene untersucht.” Sie lächelte. “Meistens finden wir in den Häusern nur knarrende Dielenbretter und tropfende Wasserhähne, aber wenn ein Gebäude so alt ist und historisch so bedeutsam wie Melody House, treten manchmal die erstaunlichsten Dinge zu Tage.”
“Melody House ist wirklich verdammt alt”, sagte der Mann mit dem Grübchen und grinste wieder.
Jetzt ergriff der Weißhaarige das Wort: “Ms. Tremayne, es gibt viele Leute, die da draußen in Melody House einen Riesenrummel veranstalten und alle möglichen Überwachungskameras und Abhörgeräte aufstellen wollen. Aber der Eigentümer hat sich bisher strikt geweigert.”
“Ja, und genau aus diesem Grund bin ich mit Matt Stone verabredet. Mr. Harrison und er sind alte Bekannte. Mr. Stone weiß, dass wir keinerlei Sensationsheischerei betreiben, sondern sehr diskret vorgehen. Aber natürlich verstehe ich Mr. Stones Bedenken. Ich bin überzeugt davon, dass viele Leute glauben, man könnte mit Geistern tüchtig absahnen.”
“Ah ja, ich verstehe”, mischte sich das gemeißelte Gesicht ein. “Und Ihnen geht es also allein um die Sache und keinesfalls darum, mit Geistern Geld zu verdienen, verstehe ich das richtig?” Seine Stimme war tief und ruhig, aber der Spott, der darin mitschwang, war nicht zu überhören.
“Wir versuchen lediglich, für bestimmte Phänomene eine Erklärung zu finden, wenn auch nicht unbedingt eine rationale. Wir sind Forscher.”
“Hm”, brummte das gemeißelte Gesicht skeptisch. Dann musterte er sie eingehend. “Sie sagen, dass Sie meistens nur knarrende Dielenbretter oder tropfende Wasserhähne vorfinden. Was passiert, wenn es mal anders ist?”
“Dann tun wir unser Bestes, um die Angelegenheit zu bereinigen”, gab sie zurück, wobei sie sich wünschte, sich nicht auf diese Unterhaltung eingelassen zu haben. Die forschenden Blicke der anderen waren ihr sehr wohl bewusst.
“Und wie macht man das? Auf seriöse Art und Weise, meine ich natürlich.”
Sie zögerte. Eigentlich hatte sie es wirklich nicht nötig, ein solches Gespräch zu führen; der Einzige, mit dem sie sich auseinander setzen musste, war Matt Stone. Aber sie war nun einmal hier gelandet, und Adam hatte ihr ans Herz gelegt, sich mit den Einheimischen gut zu stellen. Auf diese Weise kam sie vielleicht an Informationen, die sich unter Umständen als hilfreich erweisen könnten.
“Wissen Sie, so mancher Hauseigentümer wünscht sich einen Geist, der ab und zu an Wände klopft oder mit seinen Ketten rasselt, um auf diese Weise Touristen anzulocken. Man braucht nur fernzusehen, um zu wissen, dass es viele Leute gibt, die sich gern ein bisschen gruseln. Und wir versuchen herauszufinden, ob es da wirklich ein unerklärliches Phänomen gibt oder ob es ein Schwindel ist. Aber wenn sich herausstellt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, versuchen wir uns ihm auf unsere ganz besondere Art und Weise zu nähern”, erklärte Darcy, wobei sie den
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