Das Geheimnis von Melody House
wartete. Aber heute fühlte sie seine Präsenz nicht. Sie verharrte noch eine Weile reglos, wobei sie versuchte, ihren Kopf von allen Gedanken zu befreien. Trotzdem gelang es ihr nicht, Verbindung mit ihm aufzunehmen, was absolut ungewöhnlich war, zumal in diesem Haus mehr Energien aus der Vergangenheit zu pulsieren schienen, als sie jemals erlebt hatte.
Sie ging zuerst zurück ins Foyer und warf zur Orientierung einen Blick auf den kleinen Plan in der Broschüre, die Penny ihr gegeben hatte. Nicht dass das Gebäude eine komplizierte Aufteilung gehabt hätte. Von draußen gelangte man über eine um das ganze Haus herumlaufende Veranda in das große Foyer mit dem herrlichen breiten Treppenaufgang. Gleich rechts davon war wie bei vielen im Kolonialstil erbauten Häusern der ehemalige Dienstbotengang, der direkt zum Hintereingang führte. Früher, als es noch keine Klimaanlagen gab, hatte man im Sommer durch Offenlassen der Vorder- und Hintertür für Kühlung und Durchzug gesorgt.
Auf dieser Seite des Hauses gab es außer Pennys und Matts Büros noch einen weiteren Raum – die Bibliothek. Darcy warf einen kurzen Blick hinein. Drei Wände waren mit bis zur Decke reichenden Bücherregalen gefüllt, während der größte Teil der vierten Wand von einem schön verzierten Kamin eingenommen wurde. Auf dem gewienerten Holzfußboden lag ein kostbarer, wahrscheinlich antiker Perserteppich. In der Mitte des Raums stand ein großer antiker Mahagonischreibtisch, während vor dem Kamin bequeme Polstersessel zum Sitzen einluden. Darcy fragte sich, ob Matt Stone überhaupt wusste, was für einen Schatz an Büchern er da in seiner Bibliothek beherbergte.
Auf dem auch ansonsten gut ausgestatteten Schreibtisch sah sie Computer und Drucker. Die Geräte schienen für die Pensionsgäste reserviert zu sein, da Penny und Matt ihre eigenen Büros hatten.
Sie schloss für einen Moment die Augen und versuchte, sich in ihre Umgebung
einzufühlen
. Die Schwingungen, die Darcy wahrnehmen konnten, waren mannigfaltig. In dem Raum hatten sich eine Menge Leidenschaft, Gefühl und Leben eingenistet. Allerdings fand sie keine Anhaltspunkte für irgendetwas Böses oder Heimtückisches. Wenig später machte sie ihre Augen wieder auf, verließ die Bibliothek und ging zurück ins Foyer.
Auf dem Treppenaufgang herrschte eine ziemliche atmosphärische Unruhe, was für Darcy allerdings wenig verwunderlich war. Sie fragte sich, wie viele Männer wohl, gefolgt von ihren Frauen, diese Treppe hinuntergegangen sein mochten, nur um in einen Krieg zu ziehen, aus dem sie vielleicht nie wieder heimgekehrt waren.
Auch der Salon war bezaubernd. Darcy ignorierte die Absperrung aus Samtkordeln, die den Raum vor dem Schaden schützen sollten, den große Besuchergruppen anrichten konnten. Wie in der Bibliothek war die Vergangenheit hier ebenfalls deutlich spürbar. Wenn sie die Augen schloss, wurde sie von den Energieströmen beinahe hin und hergerissen. Doch wieder bemerkte sie keine bösen Kräfte.
Hinter dem wunderschön eingerichteten Salon lag das Esszimmer – elegant gedeckt wie für eine aus zwanzig Personen bestehende Abendgesellschaft, die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts so getafelt haben musste. In die Küche, die nichts von ihrem alten Charme eingebüßt hatte, obwohl sie auf dem neuesten Stand der Technik war, verliebte Darcy sich auf den ersten Blick. Auch von diesem Raum aus gelangte man auf die Veranda. Der Blick, den man von dort hatte, war atemberaubend. Es war ein herrlicher Sommertag, und in der Ferne konnte man die Berge in den prächtigsten Grün-, Violett-, Pink-, Orange- und Goldtönen leuchten sehen. Überall zwischen sattem Grün blühten bunte Blumen.
Darcy ging zurück. Doch statt sich wieder ins Foyer zu begeben und dort den großen Treppenaufgang zu benutzen, wählte sie die weit weniger beeindruckende Dienstbotentreppe, die im hinteren Teil der Küche in den ersten Stock hinaufführte. Als sie oben angelangt war, warf sie einen Blick auf ihren Plan. Früher waren hier sechs Schlafzimmer gewesen. Jetzt waren es nur noch fünf, da es in der Hauptsuite jetzt neben dem Schlafzimmer noch ein zweites Arbeits- oder Wohnzimmer gab.
Darcy verzichtete auf einen näheren Blick, da sie vermutete, es würde sich um Matts Privaträume handeln. Und die wollte sie nicht betreten. Zumindest im Moment noch nicht.
Die restlichen Zimmer waren offenbar alle nach Südstaatengenerälen benannt. Das Lee-Zimmer war laut Plan das größte, und als Darcy
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