Das Geheimnis von Mulberry Hall
leicht wirst du mich nicht los.“
„Schon geschehen.“
„Gute Nacht.“ Er lächelte gepresst und griff nach seinem Pullover. „Wir unterhalten uns morgen weiter.
„Ich bin dann vielleicht nicht mehr hier.“
„In dem Fall werde ich dich ausfindig machen, sobald ich nach London komme“, informierte er sie ruhig.
Zu ruhig für ihren Geschmack. „Der arrogante und elitäre Duke Lucan St. Claire will einer einfachen Frau nachjagen? Hast du das wirklich nötig?“, erkundigte sie sich herausfordernd. „Was kommt denn als Nächstes?“
Seine Augen glichen inzwischen zwei schwarzen Schlitzen. „Glaub mir, Lexie, wenn du mir weiterhin Schwierigkeiten machen solltest, wird dir nicht gefallen, was als Nächstes folgt.“
Sie riss die Augen auf. „Du drohst mir also?“
„Ich verkünde lediglich eine Tatsache.“
Es folgten eine Pause und ein ausgedehnter Seufzer ihrerseits. „Können wir es nicht schlicht dabei belassen?“
„Nein.“
Sie schnitt eine Grimasse. „Mit dieser Antwort habe ich gerechnet.“
„So bist du zumindest nicht enttäuscht worden, oder? Und jetzt wünsche ich dir süße Träume.“ Mit dieser letzten Bemerkung schloss er die Tür hinter sich.
Frustriert krallte Lexie die Fingernägel in ihre Handflächen. In erster Linie, um sich davon abzuhalten, Lucan zurückzurufen, damit er sie in seine Arme nahm. Sie wollte ihn anflehen, sie niemals wieder loszulassen …
Wie lächerlich der Gedanke war, er könnte sich irgendwann dazu entschließen, bei nur einer Frau zu bleiben. Und dann auch noch bei der Enkelin von Sian Thomas. Aber es war genauso lächerlich, sich Hals über Kopf in Lucan zu verlieben.
„Es ist fast Mittag, Schlafmütze. Wach auf!“
Aber Lexie hielt die Augen fest geschlossen. Lucans Stimme war nah, demnach stand er vermutlich direkt neben ihrem Bett.
Ihr war egal, wie spät es mittlerweile sein mochte. Am liebsten wollte sie für immer unter diesem Berg Kissen vergraben bleiben. Lucan sollte nicht merken, dass sie bereits wach war, sonst würde der Streit von letzter Nacht gleich in die nächste Runde gehen.
Nachdem er sie im Schlafzimmer allein gelassen hatte, war sie lange Zeit nicht zur Ruhe gekommen. In ihrem Kopf tobten die Gedanken und Gefühle durcheinander, und sie war viel zu aufgewühlt, um zu schlafen. Die Gewissheit, ihr Herz an Lucan verloren zu haben, machte sie fast wahnsinnig. Und die Übelkeit wollte auch nicht mehr nachlassen.
Frustriert sah Lucan auf sie hinunter. Ihm war klar, dass sie ihn bewusst ignorierte, und nachdem er selbst eine schlaflose Nacht hinter sich gebracht hatte, fehlte ihm schlicht die Geduld für solche Spielchen. Entschlossen ging er zum Fenster und zog die langen Vorhänge beiseite, damit das helle Sonnenlicht ins Zimmer fallen konnte.
„Oh nein, das ist echt fies!“ Abrupt setzte sie sich aufrecht hin und rieb sich schlaftrunken die Augen. Die schwarzen Haare standen teilweise vom Kopf ab, und Lucan musste ein Lachen unterdrücken. „Wenn du da keinen frischen Kaffee im Becher hast, bist du ein toter Mann!“
„Keine Sorge, es ist Kaffee. Mit Milch und zwei Stück Zucker, genau so, wie du ihn gern magst.“ Gut gelaunt kam er zum Bett zurück und reichte ihr die Tasse, die er als Friedensangebot mitgebracht hatte. „Ich sehe, du bist keine Frühaufsteherin?“
„Provoziere mich nicht, Lucan!“, warnte sie ihn verschlafen und strich sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Und der Morgen ist, laut dir, ja schon lange vorbei. Ich muss mich nicht mehr als Frühaufsteherin beweisen.“ Mit beiden Händen umschloss sie ihren Kaffeebecher und nahm einen großen Schluck.
Für Lucan sah sie in diesem Moment wie eine niedliche, zerzauste Puppe aus. Sie trug kein Make-up, und auf einer Wange zeichneten sich die Falten des Kopfkissens als Abdruck ab.
Selbst in diesem Zustand gelang es ihr, seine Libido zu wecken. Verdammt! Missmutig verschränkte er die Arme vor der Brust. „Willst du zuerst ins Bad, oder sollen wir gleich da weitermachen, wo wir gestern Nacht aufgehört haben?“
Unter halb geöffneten Lidern sah sie ihn an. „Du bist aber echt hartnäckig.“
Beinahe geschmeichelt legte er den Kopf schief. „Ich bevorzuge den Begriff zielstrebig .“
„Aha.“
„Soll das heißen: Ja, Lucan, ich möchte aber vorher kurz ins Badezimmer ? Oder eher: Okay, wir können uns jetzt gern unterhalten ?“
„Nichts von beidem. Es sollte bedeuten: Bitte mach dich aus dem Staub, bis ich ganz aufgewacht bin!
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