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Das Geheimnis von Orcas Island

Das Geheimnis von Orcas Island

Titel: Das Geheimnis von Orcas Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Wasser, wenn ich das Boot benutzen darf.«
    »Gewiss.« Sie blickte zum Himmel hinauf, ein wenig sehnsüchtig. »Es ist ein großartiger Tag dafür. Leichte Brise, kaum eine Wolke.«
    »Dann lass uns gehen.«
    »Uns? Ach, Ronald, ich kann nicht. Ich habe heute Nachmittag Dutzende von Dingen zu erledigen. Und ich …« Sie wollte nicht eingestehen, dass sie nicht bereit war, wieder aufs Wasser hinauszufahren. »Ich kann nicht.«
    »Ich bringe dich vor der Dinnerschicht zurück.« Er legte eine Hand an ihre Wange. »Ich brauche dich bei mir, Charity. Ich muss ein bisschen Zeit mit dir verbringen, allein.«
    »Vielleicht könnten wir eine Spazierfahrt machen. Du hast die Berge noch nicht gesehen.«
    »Bitte.« Er stellte den Korb ab und nahm ihre Arme. »Tu es für mich.«
    Hat er je zuvor »bitte« gesagt? fragte sie sich. Sie bezweifelte es. Mit einem Seufzer blickte sie zum Boot hinüber, das sanft am Pier schaukelte. »Also gut. Vielleicht für eine Stunde. Ich gehe mich umziehen.«
    Der rote Sweater und die Jeans halten sie warm genug, entschied er. Und das wusste sie auch. Sie wollte nur Zeit schinden. »Du siehst gut aus, wie du bist.« Er behielt ihre Hand in seiner, während sie den Pier hinuntergingen. »Er könnte ein bisschen Instandhaltung gebrauchen.«
    »Ich weiß.« Sie wartete, bis Ronald ins Boot gestiegen war. Als er ihr eine Hand reichte, zögerte sie. Dann zwang sie sich, ihm zu folgen. »Ich habe keinen Schlüssel an meinem Bund.«
    »Mae hat mir einen gegeben.«
    »Aha.« Charity setzte sich ans Heck. »Ich verstehe. Eine Verschwörung.«
    Er brauchte nur zweimal zu reißen, um den Motor anzuwerfen. »Nach allem, was du mir neulich erzählt hast, hätte dein Großvater nicht gewollt, dass du ewig um ihn trauerst.«
    »Nein.« Sie blickte zum Gasthaus zurück, als ihre Augen feucht wurden. »Nein, das hätte er nicht gewollt. Aber ich hatte ihn so lieb.« Sie holte tief Luft. »Ich mache die Leinen los.«
    Bevor Ronald das Boot in Gang setzte, nahm er ihre Hand und zog sie neben sich. Nach einem Moment lehnte sie den Kopf an seine Schulter.
    »Bist du oft Boot gefahren?«
    »Gelegentlich. Als ich noch ein Kind war, haben wir jeden Sommer ein paar Mal ein Boot gemietet und sind über den Fluss gefahren.«
    »Wer ist wir?« Sie beobachtete, wie seine Miene sich verschloss. »Welcher Fluss?« fragte sie stattdessen.
    »Der Mississippi.« Er lächelte und legte einen Arm um ihre Schultern. »Ich komme aus St. Louis. Weißt du nicht mehr?«
    »Der Mississippi.« Augenblicklich sah sie im Geiste Dampfschiffe und Jungen auf Holzflößen vor sich. »Den möchte ich gern sehen. Weißt du, was großartig wäre? Den ganzen Weg hinabzufahren, von St. Louis bis nach New Orleans. Das muss ich in meine Akte aufnehmen.«
    »Deine Akte?«
    »Die Akte über Dinge, die ich gern tun möchte.« Mit einem Lachen winkte sie einem vorüberziehenden Segelboot zu, bevor sie sich vorbeugte und Ronald einen Kuss auf die Wange drückte. »Danke.«
    »Wofür?«
    »Dass du mich überredet hast. Es hat mir immer Spaß gemacht, einen Nachmittag hier draußen zu verbringen, andere Boote zu beobachten, die Häuser zu betrachten. Ich habe es vermisst.«
    »Hast du je daran gedacht, dass du dem Gasthaus zu viel gibst?«
    »Nein. Man kann etwas, das man liebt, nicht zu viel geben.« Sie drehte sich um. Wenn sie die Augen mit der Hand beschattete, konnte sie das Gasthaus gerade noch in der Ferne sehen. »Wenn ich nicht so starke Gefühle dafür hätte, würde ich es verkaufen und eine Stelle in einem modernen Hotel in Seattle oder Miami oder sonst wo annehmen. Acht Stunden pro Tag und bezahlter Urlaub.« Allein die Idee brachte sie zum Lachen. »Ich würde ein ordentliches, strenges Kostüm und vernünftige Schuhe tragen, ein eigenes Büro haben und allmählich verrückt werden.« Sie griff in ihre Tasche nach der Sonnenbrille. »Du müsstest das eigentlich verstehen. Du hast geschickte Hände und einen scharfen Verstand. Warum bist du nicht Obertischler bei einer großen Konstruktionsfirma?«
    »Als es an der Zeit war, habe ich vielleicht die falsche Wahl getroffen.«
    Mit geneigtem Kopf musterte sie ihn nachdenklich durch die getönten Gläser. »Nein, das glaube ich nicht. Nicht für dich.«
    »Du weißt nicht genug von mir, Charity.«
    »Doch, natürlich. Ich lebe seit einer Woche mit dir. Das ist wahrscheinlich vergleichbar mit einer flüchtigen Bekanntschaft von sechs Monaten. Ich weiß, dass du sehr ernst und verschlossen bist.

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