Das Geheimnis von Turtle Bay
zuerst. Du bist verletzt.“
„Jetzt mach schon!“ , forderte er sie mit rauer Stimme auf. „Wenn wir wieder tauchen, um nach Spuren zu suchen, werde ich die Leitung übernehmen. Mir ist egal, ob du besser tauchen kannst als ich. Was du da unten veranstaltet hast, war lebensgefährlich. Und das lasse ich kein zweites Mal zu.“
Sie kletterte an Bord, Cole war dicht hinter ihr. „Wo hast du dich geschnitten?“
„Irgendwo an diesem Rosteimer, als ich dir nach drinnen gefolgt bin!“
„Nachdem wir das Blitzlicht hatten, musste ich sehen, ob die Kamera irgendwo in der Nähe ist.“
Manny beugte sich über sie, als sie sich Seite an Seite aufs Deck sinken ließen. „Habt ihr die Kamera gefunden?“ , fragte er. „Was ist mit dem neuen Anker und der Kette? Habt ihr etwas Verdächtiges entdecken können?“
Während sie Coles Schnittverletzung mit einem Desinfektionsmittel aus dem Verbandkasten behandelte, berichtete Bree ihm mit wenigen Worten, was sie gesehen hatten. „Ich glaube, das muss genäht werden. Du bist doch hoffentlich gegen Tetanus geimpft.“
„Ich arbeite mit Hammer und Nägeln – und ich habe es mit einer verrückten Taucherin zu tun. Da sollte ich doch wohl geimpft sein.“
„Tut mir leid, dass das passiert ist. Es war meine Schuld. Ich kann dich in eine andere Klinik bringen, damit das genäht wird, aber ich möchte im Augenblick nicht in die Notaufnahme des Naples Hospital zurückkehren.“
„Ja, genäht werden sollte das wohl, aber darum kümmere ich mich. Erst dein verbranntes Handgelenk, und jetzt das“ , murmelte er. „Wir zwei sind schon ein Paar.“
Wir zwei sind schon ein Paar .
Es war ganz leise über seine Lippen gekommen, aber sie hatte ihn verstanden. Sie sah in seine dunklen Augen, denen sie so nah war, während das leicht schaukelnde Boot von der hellen untergehenden Sonne beschienen wurde. Manny stand noch immer über sie gebeugt und stellte weiter Fragen, doch davon bekam sie nichts mehr mit, da ihr mit einem Mal bewusst wurde, welche körperliche und emotionale Wirkung dieser Mann auf sie hatte, um dessen Verletzung sie sich eben kümmerte. Ihr Held und Retter Cole DeRoca war ein Mann, den sie so gut wie gar nicht kannte, und doch bedeutete sie ihm etwas … so wie er ihr etwas bedeutete.
Wir zwei sind schon ein Paar . Es war ein Klischee, das sie und Daria mehr als einmal benutzt hatten, doch jetzt bekamen diese Worte eine andere Bedeutung. Dieses überwältigende Gefühl war kaum mit dem vergleichbar, was sie mit Daria verband. Das hier war pure Energie und Kraft – eine magnetische Anziehung, die nicht einmal bei Ted zu spüren gewesen war, den sie doch so sehr geliebt hatte. Dies hier reichte tiefer und war fast schon gefährlich. Doch der Zeitpunkt hätte nicht schlechter gewählt sein können, wenn sie doch alles und jeden brauchte – auch Cole –, um nach ihrer Schwester zu suchen.
„Ich werde die Taucher im Ort fragen, ob sie bei der Suche helfen können“ , erklärte sie, als das Schweigen eine betretene Note bekam. „Aber ich wäre dir sehr dankbar, wenn auch du weiter dabei wärst. Ich habe einen ganzen Vorrat an Plastikfolien, mit denen man ein verletztes Handgelenk vor Wasser schützen kann.“ Sie hatte die desinfizierende Salbe auf den gezackten Schnitt aufgetragen und hoffte, dass die Verletzung nicht allzu tief war. Gott sei Dank, er hatte sich außen am Handgelenk geschnitten, nicht aber an der empfindlicheren Unterseite, die noch stärker geblutet hätte.
Bree zuckte zusammen, als Manny den Motor anwarf. Sie war so auf Cole konzentriert gewesen, dass sie Mannys Gegenwart darüber völlig vergessen hatte. Als sie den Blick von Cole abwandte und hinaus aufs Wasser schaute, das so viele Geheimnisse barg, presste sie die Lippen aufeinander. Wie zuvor verspürte sie abermals das Verlangen, sich von Cole in die Arme schließen zu lassen. Doch dann würde sie der Hysterie nachgeben, die so schwer auf ihr lastete wie der Druck des Wassers in dreißig Metern Tiefe.
„Als Daria und ich klein waren“ , erzählte sie ihm und hob die Stimme, damit sie den Motor übertönte, „haben wir uns ins Handgelenk geschnitten und einen Blutschwur geleistet, für immer Freunde zu sein. Es war sehr kindisch und sehr dramatisch … und auch sehr dumm und gefährlich, aber davon hatten wir zu der Zeit keine Ahnung. Wir waren so etwa acht und handelten uns ständig neuen Ärger ein. Amelia erzählte ihren Freundinnen, wir seien völlig bescheuert, weil wir
Weitere Kostenlose Bücher