Das Geheimnis von Turtle Bay
Bree. Oder warum kann nicht ein Wunder geschehen, und Daria kommt zurück?
Es war eine Frau etwa von Darias Größe, und einen verrückten Augenblick lang wollte Bree schon aufspringen und zu ihr laufen, doch dann sah sie, dass es Senatorin Marla Sherborne war. Niemals hätte Daria einen so konservativen grauen Hosenanzug getragen oder sich einen großen goldenen Seestern ans Revers gesteckt. Farbenfrohe Röcke und Oberteile, dazu großer Muschelschmuck, das war Darias Stil, wenn sie sich fein machte.
Bree war Marla Sherborne bei verschiedenen Wohltätigkeitsveranstaltungen für diverse Umweltschutzprojekte begegnet, aber seit Josh versuchte, ihr den Sitz im US-Senat streitig zu machen, hatte sie sie nicht mehr gesehen. Mit ihren siebenundvierzig Jahren war Marla eine attraktive Frau, gesegnet mit einem hübschen herzförmigen Gesicht, makelloser Haut und offenbar unerschöpflicher Energie. Wenn die Gerüchte über ihre Affäre mit Cory Grann der Wahrheit entsprachen, dann verlieh die ihrem bis dahin recht farblosen Ruf sichtlich Auftrieb. Dann konnte man ihr allerdings auch vorwerfen, buchstäblich mit dem Feind ins Bett zu gehen, denn dem Zuckerkönig wurde wiederholt nachgesagt, durch die Überdüngung seiner Felder zur Verschmutzung des Golfs beizutragen, was von Marla wiederum stets als Missstand angeprangert wurde.
„Senatorin Sherborne“ , sagte Bree, stand auf und kam um den Schreibtisch herum. „Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihr Mitgefühl, und ich hoffe, Sie können veranlassen, dass die offizielle Suche in irgendeiner Weise fortgesetzt wird. Ich hörte nämlich, sie soll eingestellt werden.“
„Briana, das tut mir alles sehr leid“ , entgegnete sie, als sie ihr die Hand gab. „Noch keine neuen Erkenntnisse?“
Bree berichtete ihr von der Suche, die sie für diesen Morgen organisiert hatten.
„Dann müssen Sie wohl auf schlechte Nachrichten gefasst sein.“
„Sagen wir so: Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ich nicht wirklich überall nach ihr gesucht hätte.“
„Übrigens war es Josh Austin, der mich auf die Tragödie ansprach. Ich muss gestehen, ich habe zeitweise so viel um die Ohren, dass ich Fernsehnachrichten und Tageszeitungen von meinen Assistenten für mich auswerten lasse. Ich kann nur betonen, dass mir sehr leidtut, was Sie im Moment durchmachen müssen. Josh erwähnte auch, Sie seien auf dem Meer vom Blitz getroffen worden. Aber es sieht nicht so aus, als hätten Sie schwerere Verletzungen davongetragen.“
Von ihrem übersteigerten Hörvermögen und ihrer extremen Lichtempfindlichkeit wollte Bree nichts sagen, das hatte sie ausschließlich Cole anvertraut. Es erstaunte sie, dass sie sich ihm näher fühlte als jedem anderen Menschen, Amelia eingeschlossen. Sie hoffte nur, dass sie nicht deshalb bei ihm Halt suchte, weil der Mensch verschwunden war, der ihr auf der ganzen Welt am meisten bedeutete. Nein, sie konnte Darias Präsenz immer noch fühlen … oder etwa nicht?
Um das Thema zu wechseln, sagte sie: „Es freut mich zu hören, dass Sie und Josh nicht nur gegensätzlicher Meinung sind.“
„Keineswegs“ , erwiderte sie mit dem Anflug eines Lächelns, das ihre Augen aufleuchten und sie noch jünger erscheinen ließ. „Wir geben beide unser Bestes, um unseren Wählern in diesem wunderschönen Teil der Welt zu helfen, und dazu gehören Sie und Ihre Schwester auch – die beiden Meerjungfrauen und Kämpferinnen für unsere ökologische Zukunft in Turtle Bay. Außerdem haben Josh und ich einige gemeinsame gute Freunde, und hinzu kommt, dass man seinem Herzen keine Vorschriften machen kann. Wie ich hörte, war Josh früher mal mit Ihrer Schwester zusammen.“
„Das hat er Ihnen gesagt?“
„Ich glaube, seine Frau erwähnte es. Ich sehe sie von Zeit zu Zeit, weil ich mit ihrem Vater sehr gut befreundet bin. Es scheint Sie zu überraschen, dass ich das zugebe. Ich darf davon ausgehen, dass Sie wissen, ich rede von Cory Grann. Er ist seit vielen Jahren Witwer, und ich war immer viel zu beschäftigt und ehrlich gesagt auch zu ehrgeizig, um zu heiraten. Natürlich weiß ich nicht, was uns die Zukunft bringen wird. Wir beide haben uns in der Vergangenheit über einige Dinge gestritten, aber in diesem Fall ziehen sich die Gegensätze an. Außerdem gebe ich nicht allein der Zuckerindustrie die Schuld an unseren Umweltproblemen. Das ist ein viel komplexeres Thema.“
„Ja, ich verstehe. Vieles ist nicht so, wie es scheint.“
„Ganz genau. Die Zuckerindustrie
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