Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis von Vennhues

Das Geheimnis von Vennhues

Titel: Das Geheimnis von Vennhues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holtkoetter Stefan
Vom Netzwerk:
will. Nicht noch einmal. Und weil ich die Hoffnung habe, dass diesmal herauskommen könnte, wer tatsächlich hinter all dem steht. Dann gäbe es endlich Gewissheit.« Peter beugte sich zu ihm vor. »Diese Hoffnung habe ich vor allem wegen dir, Bernhard. Schließlich kennst du mich, seit wir Kinder waren. Glaubst du denn wirklich, dass ich diese Morde begangen habe?«
    Hambrock wollte aufrichtig sein.
    »Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«, sagte er. »Niemand kann sagen, wer fähig ist, einen Mord zu begehen. Ich weiß nicht, was ich glauben soll.« Er ließ ihn nicht aus den Augen. »Hast du denn die Morde begangen?«
    Peters Zögern war kaum wahrnehmbar.
    »Nein«, sagte er, und noch einmal: »Nein.«
    »Du warst mit Timo im Moor verabredet, ist das richtig?«
    Peter nickte. »Er hat die Nachricht mit einem Stein beschwert und sie mir durchs offene Schlafzimmerfenster geworfen. Es sollte keiner wissen, dass er mich treffen wollte. Sein Vater hat mich bedroht. Er hat ihm jeden Kontakt zu mir verboten.«
    »Weshalb wollte er dich denn treffen?«
    »Er wollte abhauen aus Vennhues. Nach Mexiko oder Guatemala. Von mir wollte er wissen, ob er auf einem Frachter arbeiten kann, um sich damit die Überfahrt zu finanzieren. Ich hatte gleich kein gutes Gefühl dabei. Es wäre besser gewesen, ihn wegzuschicken.«
    Hambrock rutschte erneut auf der Bank herum. Er hätte gern seine schmerzenden Handgelenke entlastest.
    »Aber dennoch bist du ins Moor gegangen, um ihn zu treffen?«, fragte er.
    »Ich weiß, dass ich es nicht hätte tun sollen. Doch …« Er suchte nach den richtigen Worten. »Schließlich war ich auch einmal jung und naiv und brauchte Hilfe. Hätten sich damals nicht wildfremde Leute um mich gekümmert, als ich aus Vennhues weggegangen bin, weiß der Himmel, was aus mir geworden wäre. Ich habe in dieser Zeit viele kleine und große Gesten der Menschlichkeit erfahren. Verstehst du, was ich meine? Was man im Leben bekommt, das muss man auch wieder zurückgeben. Deshalb bin ich zu diesem Treffen gegangen.«
    »Ihr habt euch also getroffen, hier an der Vogelwarte, nicht wahr? Hast du ihm denn helfen können?«
    »Ich …« Peter stand auf und blickte hinaus auf den See. Seine Schritte hallten auf den Kiefernplanken.
    »Ich habe mich auf den Weg gemacht«, sagte er. »Ich habe den Hof verlassen, bin zum Prozessionsweg gegangen und von dort aus weiter zum Moor. Doch dann …«
    »Was war dann?«
    »Ich weiß es nicht genau.«
    »Wie bitte?«, fragte Hambrock.
    Peter wandte sich zu ihm um. In seinen Augen lagen Angst und Ratlosigkeit.
    »Was heißt das, du weißt es nicht mehr?«
    Peter schüttelte hilflos den Kopf.
    »Ich bin durch den Bruchwald gegangen«, sagte er. »Von dort wollte ich weiter zur Vogelwarte, wo wir verabredet waren. Doch kaum war ich im Moor, da habe ich …« Er zögerte. »… einen Anfall bekommen«, beendete er den Satz und fiel in Schweigen.
    »Einen Anfall?«, fragte Hambrock.
    Peter ließ sich wieder auf die Bank sinken.
    »Mein Arzt würde es eine Episode nennen. Er mag das Wort Anfall nicht.«
    »Wovon, um Gottes willen, sprichst du?«
    »Ich leide unter Schizophrenie. Schon seit vielen Jahren.«
    Hambrock blickte ihn fassungslos an.
    »Schizophrenie?«
    Er wusste nicht viel über diese Krankheit, dennoch schien es ihm undenkbar, dass Peter daran erkrankt sein sollte. Er führte doch ein ganz normales Leben. Er war Seemann und somit über lange Zeiträume fernab von jeder psychiatrischen Versorgung.
    »Aber wie ist das möglich? Du bist doch …«
    »Normal?«
    Hambrock verstummte, und Peter lächelte.
    »Ich nehme Tabletten«, sagte er. »Seit Jahren bin ich stabil. In der Vergangenheit hatte ich sogar zunehmend das Gefühl, die Krankheit hätte nichts mehr mit meinem Leben zu tun. Auch wenn ich täglich Pillen schluckte. Glaub mir, so etwas wie das hier habe ich schon ewig nicht mehr erlebt. Die Ärzte haben immer gesagt, dass ich jederzeit wieder einen Schub bekommen könnte. Aber ich habe nicht mehr daran geglaubt. Diese Schübe können durch viele Dinge begünstigt werden, vor allem aber durch Stress und Extremsituationen.« Mit einem trockenen Lachen fügte er hinzu: »Und das ist meine Rückkehr nach Vennhues offenbar: eine Extremsituation.«
    Hambrock dachte nach.
    »Was passiert, wenn du eine dieser Episoden bekommst?«, fragte er.
    Peter machte ein skeptisches Gesicht. »Das ist schwer zu erklären.«
    »Bitte versuch es.«
    Peter holte tief Luft. »Die Wahrnehmung

Weitere Kostenlose Bücher