Das Geheimnis von Winterset
ich Mr. Parmer geheiratet habe."
„Wir interessieren uns für die Zeit vor achtundvierzig Jahren", meinte nun Anna. „Als Susan Emmett ermordet wurde."
Das neugierige Interesse in Mrs. Parmers Gesicht erlosch so plötzlich, als sei eine Kerze ausgeblasen worden. „Oh.
Warum möchten Sie etwas darüber wissen?"
„Weil sich vor kurzem ganz ähnliche Verbrechen ereignet haben", teilte Reed ihr mit. „Vielleicht haben Sie schon davon gehört."
Mrs. Parmer schüttelte den Kopf. „Nein. Ich gehe nur noch selten aus dem Haus. Und ich verstehe nicht, was das mit Susan zu tun hat. Das ist doch jetzt schon so viele Jahre her."
„Das schon, aber es gibt Ähnlichkeiten zwischen den Verbrechen heute und den Morden von damals. Deshalb versuchen Miss Holcomb und ich, so viel wie möglich darüber in Erfahrung zu bringen, was damals mit Susan Emmett geschehen ist."
„Die Frau, die kürzlich umgebracht worden ist, hat als Zimmermädchen für mich gearbeitet", erklärte Anna und merkte, wie die dunklen Augen der alten Frau sie argwöhnisch beobachteten.
„Das tut mir leid, Miss."
„Die Art und Weise, wie sie ums Leben kam, ähnelte sehr den Umständen des Todes von Susan Emmett", fügte Anna hinzu.
Mrs. Parmer betrachtete sie noch einen Moment aufmerksam und fragte dann: „Sind Sie die Tochter von Miss Babs?"
Überrascht sah Anna sie an und sagte schließlich: „Ich bin Barbara de Winters Tochter."
Nun lächelte die alte Frau wieder. „Ach ja, Miss Babs ... Sie war so ein niedliches Kind, und ich habe sie sehr vermisst, als ihre Tante sie mit nach London genommen hat. Aber bald darauf habe ich dann meinen Ned kennengelernt und meine Stellung aufgegeben. Ich habe gehört, dass Miss Babs den jungen Holcomb geheiratet hat."
Anna nickte. „Ja, Sir Edmund war mein Vater."
Sie hatten sich nun ziemlich weit vom eigentlichen Anlass ihres Besuches entfernt, und Anna wusste nicht genau, wie sie das Thema wechseln sollte. Zum Glück kam ihr Reed dabei zu Hilfe.
„Mrs. Parmer", fing er an, „erinnern Sie sich noch an Susan Emmett?"
„Oh ja, sie hat für zwei oder drei Jahre zusammen mit mir auf Winterset gearbeitet."
„Was können Sie uns über ihren Tod erzählen?", fragte er weiter.
Sie sah ihn verständnislos an. „Ich ... darüber weiß ich nichts. Eines Tages war sie verschwunden, und niemand wusste wohin. Als man sie fand, hieß es, sie sei umgebracht worden."
„Haben Sie sich nie gefragt, wer wohl der Mörder gewesen sein könnte?", wollte Anna wissen. „Gab es denn unter den Dienstboten keine Vermutungen darüber, wer das getan haben könnte?"
Mrs. Parmer sah auf ihre Hände hinunter und drehte nachdenklich an ihrem goldenen Ehering. „Es stand mir nicht an, mir über so etwas Gedanken zu machen. Das war die Aufgabe des Richters."
„Haben Sie damals mit ihm gesprochen? Oder mit einem Konstabler?"
Mrs. Parmer zuckte mit den Schultern. „Ich weiß noch, dass der Wachtmeister gekommen ist und uns alle befragt hat. Ich hatte ihm aber nichts zu sagen."
„Sie können sich an keines der Gerüchte erinnern, die sich um den Mord an Susan Emmett rankten - oder um den an dem alten Bauern?", fragte Anna ungläubig.
„Damals hieß es, es wäre die Bestie gewesen", meinte Mrs. Parmer.
In diesem Moment kam Gert herein, und ihr Gespräch wurde so lange unterbrochen, bis der Tee serviert war.
Nachdem Anna ein paar Schluck getrunken hatte und fand, dass es nun genug der höflichen Plauderei sei, fragte sie: „Aber haben Sie denn geglaubt, dass Susan der Bestie zum Opfer gefallen ist, Mrs. Parmer?"
„Wer sonst sollte es denn gewesen sein?", entgegnete die alte Frau.
„Nun, hieß es nicht zunächst, dass es ihr Verlobter war?", wandte Reed ein.
„Oh, der ..." Mrs. Parmer verzog das Gesicht und winkte ab. „Der konnte niemandem etwas zuleide tun, und Susan schon gar nicht. Es war einfach lächerlich, dass er überhaupt verdächtigt wurde."
„Und ein anderer Mann?", hakte Anna nach. „Haben Sie Susan einmal mit jemandem reden sehen? Oder wussten von jemandem, der an ihr interessiert und nun vielleicht eifersüchtig war, weil sie sich für einen anderen entschieden hatte?"
Die alte Frau schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, es war uns gar nicht erlaubt, im Haus Besuch zu empfangen.
Auch ihren Verlobten konnte Susan nur am Sonntag sehen, wenn sie Ausgang hatte und nach Hause ging."
„War sie auch an dem Tag nach Hause gegangen, an dem sie umgebracht worden ist?"
Mrs. Parmer sah Anna mit
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