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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Schuhsohlen auf dem Marmorboden gehört hatte. In letzter Zeit war sie nur selten hier gewesen. Ihr Onkel hatte diesen Teil des Hauses kaum genutzt, und irgendwann war der Gang ganz geschlossen worden. Auf einmal fiel ihr ein, dass Grimsley, der alte Gärtner, hier die Geister von Lord und Lady de Winter gesehen haben wollte ...
    Reed sah sie von der Seite an. „Ist Ihnen kalt?"
    Anna lächelte. „Nein. Mich schauderte nur ein wenig, weil ich gerade an Gespenster denken musste."
    „Gespenster?" Fragend zog er die Augenbrauen in die Höhe und lachte dann leise. „Ach ja, ich erinnere mich - war das hier nicht Grimsleys Wandelhalle der Geister?"
    Annas Schritte verlangsamten sich, gleichzeitig sah sie sich die Wand mit den Gemälden genauer an. In regelmäßigen Abständen befanden sich Türen, die alle geschlossen waren. Eine dieser Türen übte indes eine besondere Anziehungskraft auf sie aus. Ein wenig verwundert ging sie hinüber und drehte an dem Knauf. Die Tür gab nach, und Anna trat in den dahinter liegenden Raum. Völlig unvermutet wurde sie von einer Angst ergriffen, die mit großer Gewalt über sie hereinbrach.
    Sie erschrak zutiefst und blieb wie angewurzelt stehen. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, das Blut pochte ihr in den Ohren. Vorsichtig begann sie, sich in dem Zimmer umzusehen, in dem fast keine Möbel standen.
    „Anna!" Reed war ihr gefolgt, und seine Stimme klang zutiefst besorgt. „Was haben Sie? Was ist geschehen?"
    Sie wandte sich zu ihm um, konnte allerdings nicht die Gefühle in Worte fassen, die von ihr Besitz ergriffen hatten.
    Obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, ging sie weiter in das Zimmer hinein: Ihr war, als spürte sie einen Sog, dem sie sich nicht entziehen konnte. Langsam ging sie bis in die Mitte des Raums.
    Um sie herum war alles voller Angst und Schmerz, und obwohl diese Empfindungen nicht so unmittelbar und heftig waren wie jene, die sie im Wald oder während ihrer Vision von Kit verspürt hatte, so erkannte sie das Gefühl der Panik wieder, das sie auch jetzt zu überwältigen drohte.
    Reed hatte sie die ganze Zeit beobachtet und sah nun, wie alles Blut aus ihrem Gesicht wich. Mit langen Schritten war er bei ihr und fasste sie beim Arm. „Anna! Sagen Sie mir, was passiert ist!"
    „Etwas ist hier geschehen", flüsterte sie. Sie drehte sich langsam zu Reed um, und ihre ängstlich geweiteten Augen wirkten riesig in ihrem blassen Gesicht. „Ein Mord."

16. KAPITEL
    „Was sagen Sie da?" Völlig überrascht sah Reed sie an.
    „Es ist nicht draußen geschehen ... sondern hier", antwortete Anna leise.
    „Der Mord?", fragte Reed ungläubig. „Wollen Sie damit sagen, dass Estelle hier, in diesem Zimmer, umgebracht worden ist? Wie sollte das denn möglich sein?"
    „Nein, nicht Estelle. Was ich gefühlt habe, liegt schon viel länger zurück."
    Noch immer sah er sie fassungslos an. Anna wandte sich von ihm ab und begann, in dem Zimmer umherzugehen.
    „Es ist kaum noch zu spüren, aber ich fühle es dennoch." Sie blieb stehen und sah mit leerem Blick vor sich hin.
    „Hier standen Möbel, und ein Teppich lag hier ... ein Perserteppich in Blau und Gold. Und er ist ... über und über voll mit Blut", stieß Anna atemlos hervor. Sie hielt sich die Hände an die Schläfen und spürte, wie ihr Herz raste.
    „Das Dienstmädchen von Winterset... Susan Emmett. Sie wurde hier umgebracht, nicht bei Weller's Point!" Anna wirbelte zu Reed herum. Ihr Blick war jetzt wieder klar, und ihre Augen leuchteten vor Aufregung. „Ich bin mir ganz sicher."
    Vor Bestürzung wusste er nicht, was er sagen sollte. Dann nahm er Annas Arm und führte sie wieder in die Galerie.
    Ihr Gesicht war erschreckend blass, und sie zitterte am ganzen Körper, sodass er fürchtete, sie könne gleich in Ohnmacht fallen. Er legte seinen Arm um ihre Taille und ging mit ihr zu einer der mit grünem Samt bezogenen Sitzbänke hinüber. Als sie sich gesetzt hatten, schloss er seine Hände um die ihren, die sich kalt wie Eis anfühlten.
    Anna erschauderte kurz und schloss die Augen. „Oh Reed! Das arme Mädchen. Alles war voller Blut... "
    Er legte seine Arme um sie und zog Anna an sich. „Versuchen Sie, nicht mehr daran zu denken." Sanft berührte er mit den Lippen ihre Stirn.
    „Ich muss aber immerzu daran denken", erwiderte Anna kaum hörbar. Sie wusste, dass es wenig schicklich war, auf so vertrauliche Weise mit Reed in der Galerie zu sitzen. Jederzeit könnte einer der Dienstboten vorbeikommen und sie beide

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