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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Buch beiseite und nahm ein anderes zur Hand. Auf den ersten Blick sah es ganz genauso aus. Doch je länger Anna sich durch den Stapel der Tagebücher arbeitete, desto öfter erkannte sie einzelne Wörter wieder oder fand sogar ganze Sätze, die einen zusammenhängenden Sinn ergaben - insofern sich überhaupt von Sinn reden ließ.
    „Reed, sehen Sie ... hier steht ,Wir sind die Nachfahren der Bestie'. Und hier, ,nicht verdammt, sondern erwählt'."
    Reed kam ein wenig näher und sah ihr über die Schulter. „,Bei Nacht streife ich immer umher mit meinen ...' - was soll das heißen?"
    Anna sah sich die Textstelle genauer an, auf die er zeigte. „,Brüdern'?", schlug sie vor.
    Reed nickte. „,Bei Nacht streife ich umher mit meinen Brüdern. Niemand weiß von unserer Macht. Wir sind Grenzgänger zwischen den Welten, um uns herum ist Finsternis.'"
    „Da schien er einen seiner klaren Momente gehabt zu haben", bemerkte Anna. „Vielleicht ist das eines der früheren Tagebücher, oder sein Wahnsinn trat nur zeitweilig auf. Hatte Mrs. Parmer nicht erwähnt, dass er Anfälle gehabt hätte?"
    Anna blätterte weiter. „Hier ... schon wieder Wölfe. ,Wir sind die Kinder des Wolfs. Die Macht ist unser. Niemand kommt uns gleich und niemand kann uns aufhalten.' Wen hat er nur mit ,wir' gemeint?", überlegte sie laut.
    „Die Wölfe vielleicht? Oder Wesen, die nur in seiner Vorstellung existierten?"
    „Oh, schauen Sie, was hier steht: ,Als ich fünfzehn war, sprach der König der Wölfe zu mir.' So ein Unsinn Anna schüttelte den Kopf und las weiter: „,Komm herunter von den Bergen und verbirg dich unter meinem Fell.'" Sie blätterte um. „Hier steht noch mehr darüber, wie der König der Wölfe zu ihm gesprochen hat."
    Nun nahm auch Reed wieder eines der Bücher und schlug es an beliebiger Stelle auf. „Ach, das ist völlig unverständlich." Er sah die anderen aus der Truhe durch und legte alle kopfschüttelnd beiseite, bis er endlich auf eines stieß, das etwas aufschlussreicher war.
    „So begann er vielversprechend und ließ seine Augen über die aufgeschlagene Seite wandern. „Hier schreibt er etwas darüber, dass er ein höheres Wesen sei - halb Wolf und halb Mensch. Anscheinend glaubte er, den Geruchssinn und auch das Gehör eines Wolfes zu haben. ,Ich mag aufrecht gehen, aber in mir schlägt das Herz meiner Brüder. Nachts streifen wir gemeinsam durch die Wälder, doch niemand hört uns, denn wir verständigen uns ohne Worte.'"
    Anna erschauderte. „Das ist furchtbar ... ich kann es nicht mehr ertragen!"
    Sie legte ihr Buch zurück in die Truhe und sah sich dann in dem Zimmer um. „Es ist kalt hier." Sie rieb sich erneut die Arme. „Ich möchte nicht länger hierbleiben."

    „Das kann ich verstehen." Reed zog seinen Gehrock aus und legte ihn Anna um die Schultern. Sie hatten beide vor der Truhe gekniet, und nun erhob sich Reed und reichte Anna die Hand, um ihr aufzuhelfen.
    Ihre Finger waren eiskalt. Als er in ihr Gesicht blickte, sah er, dass alles Blut aus ihren Wangen gewichen war. Er legte seinen Arm um sie und führte sie eilig hinaus und die Treppe hinunter in sein Arbeitszimmer.
    „Setzen Sie sich." Er brachte sie zum Sofa, das im hinteren Teil des Raumes stand, und ging dann hinüber zu der kleinen Anrichte, wo er etwas Whisky in zwei kristallene Gläser füllte. Er kehrte zu Anna zurück und reichte ihr eines der Gläser. „Trinken Sie das."
    Misstrauisch sah Anna auf das scharf riechende Getränk hinab, bevor sie zu Reed aufblickte.
    „Vertrauen Sie mir. Danach werden Sie wieder etwas Farbe im Gesicht haben", versicherte er ihr und nahm einen Schluck von seinem Whisky.
    Anna versuchte einen winzigen Schluck und spürte sofort, wie der Alkohol scharf ihre Kehle herunterrann und sich wie flüssiges Feuer in ihrem Bauch ausbreitete. Sie hustete, und Tränen schossen ihr in die Augen. „Wie halten Sie das aus?"
    „Man gewöhnt sich daran", erwiderte Reed lächelnd. „Nehmen Sie noch einen Schluck, Sie werden sich gleich besser fühlen."
    Anna tat, wie ihr geheißen, und stellte das Glas danach auf dem Tisch ab, der neben dem Sofa stand. „Ich weiß nicht, ob ich mich jemals wieder besser fühlen werde."
    „Haben Sie in den Räumen oben etwas Ahnliches gespürt wie in dem Zimmer hinter der Galerie?", wollte Reed wissen.
    „Zunächst nicht... und dann auch nur kurz. Es war ganz anders als die Erfahrungen, die ich bislang hatte. Ich habe mich einfach bloß ... unwohl gefühlt. Je länger wir dort

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