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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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blieben und uns die Tagebücher ansahen, desto mehr spürte ich allerdings einen ... einen finsteren Zorn und zugleich etwas wie Vergnügen, dabei aber ... widernatürlich und abstoßend. Alles war so kalt dort ... mir war bis auf die Knochen kalt, und ich hatte das Gefühl, dass ich nie mehr aufhören könnte zu frieren."
    „Kalt", bemerkte Reed. „Genauso wie schon der alte Lord de Winter."
    „Oh Reed, ich ertrage es nicht, dass dieser Mann mein Großvater war!", rief Anna voller Verzweiflung. „Er war von Grund auf schlecht und verdorben." Als sie ihn ansah, schimmerten Tränen in ihren blauen Augen. „Ich schäme mich so sehr dafür, mit ihm verwandt zu sein! Sein Wahnsinn ist ein Teil von mir."
    „Nein ... nein, sagen Sie das nicht." Rasch stellte Reed sein Glas beiseite und zog sie in seine Arme. „Sie sind nicht verrückt. Was immer auch mit Lord Roger de Winter gewesen sein mag, Sie haben nichts davon in sich. In Ihnen ist nichts Böses - dessen bin ich mir ganz sicher."
    „Aber diese Dinge, die ich manchmal sehe schluchzte Anna leise. „Meine Empfindungen oder Visionen oder wie immer Sie es nennen wollen. Auch er hat Dinge gesehen und Stimmen gehört. Genauso wie mein Onkel... Sie wissen, dass der Engel Gabriel zu ihm spricht?"
    „Das bedeutet nicht, dass Sie ebenfalls verrückt sind", erwiderte Reed sachlich. „Was Ihr Onkel sieht - oder der alte Lord de Winter gesehen hat - waren Einbildungen, die ihrer Fantasie entsprungen sind. Aber was Sie gespürt oder gesehen' haben, waren Dinge, die sich tatsächlich ereignet hatten oder sich noch ereignen werden. Es war die Wirklichkeit. Und zudem waren Sie sich immer der Tatsache bewusst, dass Ihre Visionen zu einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort stattfanden."
    „Ja..."
    „Während Ihr Onkel glaubt, dass der Engel direkt vor ihm steht und zu ihm spricht."
    „Das stimmt."
    „Was Sie sehen, ist somit etwas ganz anderes. Sie sind nicht so wie Ihr Onkel und schon gar nicht wie Ihr Großvater."
    „Ich wünschte, dass es wirklich so wäre", meinte Anna und seufzte.
    „Glauben Sie es mir einfach. Wissen Sie, ich habe selbst eine Menge Verwandte, die ich lieber nicht in meiner Familie wüsste. Meine Großmutter wurde von uns allen gefürchtet. Lady Rochester, meine Großtante, hatte eine so messerscharfe Zunge, dass mein Großonkel Ballard selbst nach ihrem Tod in Furcht vor ihren vernichtenden Worten lebt. Doch das ist noch nicht alles. Meine Großmutter erzählte uns außerdem, dass sie sich mit ihrem verstorbenen Mann unterhalten würde - und von ihm Antwort bekam. Lady Rochester hatte zudem eine beachtliche Perückensammlung, und sie wechselte ihr Haar wie andere Damen ihre Hüte, wobei sie fest davon überzeugt war, dass niemandem auffiel, dass sie Perücken trug. Und mein Cousin Albert ist tatsächlich ein ausgesprochener Dummkopf."
    „Nur hat keiner von ihnen jemanden umgebracht."
    „Nein, nicht soweit wir wissen. Für meine Großmutter würde ich allerdings nicht die Hand ins Feuer legen. Was ich aber eigentlich damit sagen will, ist, dass wir uns unsere Verwandten nicht aussuchen können. Sie gehören zur Familie, ob sie uns nun gefallen oder nicht. Dennoch muss ihr Leben nicht das unsere bestimmen. Ich bin nicht so wie meine Großmutter. Und Sie sind nicht so wie Ihr Großvater. Ich verstehe, dass Sie entsetzt über das sind, was er getan hat. Mir geht es genauso. Aber Sie tragen für seine Taten keine Verantwortung, und Sie sollten sich daher auch keine Schuld dafür geben. Es ist bald fünfzig Jahre her, und Sie können nichts mehr daran ändern. Sie können es nicht ungeschehen machen oder es wieder gutmachen. Und der Mann, der diese Morde begangen hat, hat nichts mit Ihnen zu tun. Er war grausam und verrückt, Sie hingegen sind ein wundervoller Mensch, Anna, voller Güte und Schönheit. Das allein zählt - und nicht Ihr Großvater."
    „Oh Reed ... " Anna seufzte. „Wenn Sie das sagen, möchte ich es fast glauben. Wenn Sie bei mir sind, ist alles nicht mehr so schlimm ... "
    „Es ist auch nicht schlimm, weil in Ihnen nichts Schlimmes ist." Er berührte mit den Lippen ihr Haar, das sich wie Seide anfühlte, und nahm den schwachen Geruch ihres Parfüms wahr. Mit dem Finger fuhr er sanft über ihre Wange. „Wie wunderschön Sie sind ... "
    Anna glaubte, dass ihr das Herz aussetzte. Der Whisky hatte es ihr ganz warm im Bauch werden lassen, und sobald Reed ihre Wange berührte, breitete sich die wohlige Wärme in ihrem ganzen Körper

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