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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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tief war sie in ihrem eigenen Kummer versunken, dass sie nicht gleich bemerkte, dass Pennys Gesicht rot gefleckt und verweint aussah.
    „Penny!" Anna betrachtete ihr Kammermädchen genauer.
    „Was ist passiert?"
    „Oh, Miss!" Penny verzog das Gesicht und begann erneut zu weinen. „Es tut mir so leid! Bitte lassen Sie nicht zu, dass Mrs. Michaels mich hinauswirft!"
    „Dich hinauswerfen?", wiederholte Anna fassungslos. „Wovon um alles in der Welt sprichst du?"
    „Sie hat gesagt, sie würde mich hinauswerfen! Sie hat mich ein undankbares Ding genannt und gesagt, dass ich das Vertrauen der Familie missbraucht hätte. Aber das wollte ich nicht, Miss, das schwöre ich Ihnen! Sie wissen, wie viel Sie mir bedeuten. Ich würde niemals etwas tun, das Ihnen oder der Ehre der Holcombs schadet."
    „Nein, natürlich nicht", meinte Anna beschwichtigend. Verwirrt nahm sie ihr Kammermädchen bei der Hand und ging mit ihr zu ihrem Schaukelstuhl hinüber. Nachdem sie sich gesetzt hatte, zog sie das Mädchen auf die Fußbank, die vor ihr stand, und sah sie an. „So, und nun beruhige dich und erzähle mir ganz genau, worum es geht."
    „Ich wollte nichts Schlechtes tun", schluchzte Penny. „Ich wollte nur nicht, dass Stell Schwierigkeiten bekommt.
    Das ist alles. Deshalb habe ich so lange nichts gesagt."
    „Wer ist Stell?"
    „Estelle, Miss. Das Zimmermädchen von oben. Sie schläft mit mir in einem Zimmer, wissen Sie? Und sie hat mich gebeten, nichts zu sagen, weil Mrs. Michaels sie sonst ohne eine Referenz hinauswerfen würde, und das hätte sie auch getan, Miss. Estelle ist meine Freundin. Manchmal streiten wir uns, aber wer macht das nicht? Aber Sie müssen wissen, dass wir einander trotzdem immer helfen würden."
    „Natürlich. Nur warum ist Mrs. Michaels dann wütend auf dich? Was ist geschehen?"

    „Es ist wegen Estelle, Miss. Sie ist verschwunden."
    „Verschwunden? Das verstehe ich nicht - wohin denn?"
    „Ich weiß es nicht, Miss." Penny sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. „Das ist es ja - Estelle ist einfach verschwunden!"

5. KAPITEL
    Für einen langen Augenblick sah Anna ihre Zofe fassungslos an. „Was meinst du damit, dass sie einfach verschwunden sei?"
    „Niemand weiß, wo sie ist", erwiderte Penny kläglich, und erneut schossen ihr Tränen in die Augen. „Sie ist gestern Abend weggegangen und bis jetzt nicht zurückgekommen."
    Anna lief es eiskalt über den Rücken, und sie musste dabei unwillkürlich an das seltsame Gefühl denken, das sie heute im Wald verspürt hatte ... an die panische Angst und den kalten, stechenden Schmerz. Sie versuchte, nicht mehr daran zu denken und ihre Aufmerksamkeit wieder Penny zuzuwenden.
    „Sie hat gestern Abend gesagt, dass sie sich mit ihrem Verehrer treffen will, und ich habe mir nichts weiter dabei gedacht. Manchmal kommt sie von diesen Treffen erst am frühen Morgen zurück."
    Nun erinnerte sich Anna an den Morgen vor ungefähr einer Woche, als sie gesehen hatte, wie Estelle sich durch die Hintertür ins Haus schlich. Wie Anna vermutet hatte, war das Mädchen also tatsächlich die ganze Nacht fort gewesen. „Kam das in letzter Zeit häufiger vor?"
    Penny nickte reumütig. „Sie hat mich aber gebeten, niemandem etwas zu erzählen, denn sonst würde Mrs. Michaels fuchsteufelswild werden. Und das ist sie ja jetzt auch ... Aber Stell war so glücklich mit ihm, und es wäre wirklich nicht gerecht gewesen, wenn sie sich nur wegen Mrs. Michaels nicht mehr mit ihm hätte treffen können. Sie war so
    ... glücklich! Ich habe mich für sie gefreut und versprochen, niemandem zu verraten, dass sie sich manchmal davonschleicht und erst mitten in der Nacht zurückkommt. Doch heute Morgen war sie immer noch nicht da, als wir schon längst an die Arbeit mussten. Das war schon mal vorgekommen, und ich dachte mir, sie kommt bestimmt bald zurück. Natürlich hätte sie nicht die ganze Nacht wegbleiben dürfen, aber ich konnte sie doch nicht an Mrs.
    Michaels verraten!"
    Anna nickte. Sie konnte Penny verstehen. Mrs. Michaels konnte recht einschüchternd sein - besonders dann, wenn man sich nicht an ihre Spielregeln hielt. „Und was hast du dann gemacht?"
    „Gar nichts habe ich gemacht. Nun ja, zumindest nicht, bevor Mrs. Michaels mich nach Estelle gefragt hat, und dann habe ich gesagt, dass es ihr nicht gut geht und sie im Bett geblieben ist. Ich dachte mir nämlich, dass es wohl so sein würde wie bei dem andern Mal, wo sie sich erst am Morgen ins Haus geschlichen hat. Aber

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