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Das Geheimnis von Winterset

Das Geheimnis von Winterset

Titel: Das Geheimnis von Winterset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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scheint ihm in den Tropen gut zu gefallen", bemerkte der Pfarrer mit einem freundlichen Lächeln. „Ich kann ihm das nicht verübeln. Manchmal, wenn mich meine Schultergelenke im Winter plagen, wünschte ich mir auch, ich wäre auf Barbados."
    „Ja, soweit ich weiß, ist es dort sehr schön. Leider hören wir nicht oft von Onkel Charles. Ich fürchte, er war noch nie ein fleißiger Briefeschreiber."
    Aus den Augenwinkeln nahm Anna wahr, dass Reed auf sie zukam, und deshalb verabschiedete sie sich rasch mit einem höflichen Lächeln und kehrte zu Kyria zurück, die sich gerade mit Kit und Rosemary Farrington unterhielt.
    Während der nächsten Stunde gelang ihr es auf diese Weise, Reed erfolgreich aus dem Weg zu gehen.
    Zu etwas späterer Stunde gab Kyria den Saal tatsächlich zum Tanz frei. Anna tanzte zunächst mit ihrem Bruder, danach mit Dr. Felton und schließlich mit Miles Bennett. Beide Männer waren schon oft ihre Tanzpartner gewesen, denn hier auf dem Land traf man auf jeder Feierlichkeit immer wieder dieselben Gäste an. Dr. Felton war ein hinreichend guter, wenngleich nicht besonders inspirierter Tänzer, und Miles Bennett konzentrierte sich beim Tanzen so sehr auf seine Schrittfolgen, dass er alles um sich herum vergaß - einschließlich der Musik. Auf diese Weise gelang es ihm zwar, Anna nicht ein einziges Mal auf die Füße zu treten, aber dafür zog und zerrte er sie mit sich über die Tanzfläche, ohne dem Takt der Musik viel Beachtung zu schenken.
    Anna atmete auf, als das Stück endlich zu Ende war und sie sich mit einem kurzen Knicks von Miles verabschieden konnte. Doch als sie sich erleichtert umdrehte, stand Reed plötzlich mit einem Glas Limonade in der Hand vor ihr.
    „Sie sehen aus, als könnten Sie eine kleine Stärkung gebrauchen", stellte er schmunzelnd fest und reichte ihr das Glas.
    Anna musste unwillkürlich lächeln und nahm die Limonade dankbar entgegen. „Mit Miles zu tanzen ist tatsächlich eine recht kraftraubende Angelegenheit", stimmte sie zu und nahm einen tiefen Schluck.
    „Vielleicht würden Sie mir den nächsten Tanz gestatten. Ich verspreche Ihnen, nicht gar so energisch zu Werke zu gehen."
    Anna erinnerte sich nur zu gut daran, wie es war, mit Reed zu tanzen. Der bloße Gedanke ließ sie ein aufgeregtes Kribbeln im Bauch verspüren. Sie sah ihn an. Sein Gesicht ließ nichts von dem Ärger und der Verbitterung erkennen, die sie bei ihrer letzten Unterhaltung wahrgenommen hatte. Seine Miene drückte nur höfliches Interesse aus. Dennoch wusste Anna, dass es keine gute Idee war, mit Reed einen Walzer zu tanzen - andererseits wäre es unhöflich und sehr verwunderlich, wenn sie ihrem Gastgeber einen einzigen Tanz abschlug.
    „Ich ... ja, danke. Natürlich." Wenn sie ganz ehrlich mit sich war, so wünschte sie sich nichts sehnlicher, als mit Reed zu tanzen. Es wäre zwar ganz und gar nicht klug, genauso wenig, wie es vernünftig gewesen war, heute Abend überhaupt zu kommen, aber Anna konnte einfach nicht anders. Aufgeregt nahm sie einen weiteren Schluck Limonade.
    Im nächsten Moment erklangen auch schon die ersten Töne des neuen Stücks, und Reed nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf einem kleinen Tisch ab. Dann bot er ihr seinen Arm und führte sie auf die Tanzfläche.
    Anna hoffte, dass er durch den Stoff seines Fracks nicht spüren konnte, wie sehr ihre Finger zitterten. Reed wandte sich zu ihr um, legte ihr seine Hand um die Taille, griff mit der anderen nach ihrer freien Hand, und schon schwebten sie beide über die Tanzfläche.
    Annas Herz machte einen Sprung und wurde von der Musik getragen. Nach den unbeholfenen Anstrengungen von Miles war es der Himmel auf Erden, mit Reed zu tanzen. Wie schwerelos glitt sie über den Boden und genoss die Wärme, die von seiner Hand auf ihrer Taille ausging. Anna erinnerte sich daran, wie sie im Ballsaal von Holcomb Manor zum ersten Mal mit ihm getanzt hatte. Ihr war ganz schwindelig zumute gewesen, denn sie hatte sich Hals über Kopf in Reed verliebt und sich noch nie in ihrem Leben so wunderbar gefühlt. Sie war damals dreiundzwanzig gewesen, kam sich aber vor wie ein achtzehnjähriges Mädchen, das gerade seinen ersten Ball besuchen durfte.
    Anna versuchte, die Erinnerung daran aus ihren Gedanken zu verbannen. Es war gefährlich, wieder daran zu denken. Jetzt war sie klüger und würde sich nicht erneut in ihren Gefühlen verlieren. Sie sah zu ihm auf, und ihr stockte der Atem. Ihre Blicke trafen sich, und seine

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