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Das Geheimnis

Das Geheimnis

Titel: Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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aufzuklären und Ruhm zu ernten. »Ich hätte lieber seppuku begehen sollen, anstatt je zu heiraten!«
    Während Reiko auf und ab ging, spürte sie, wie etwas Warmes, Feuchtes ihr zwischen den Beinen über die Oberschenkel lief, und sie schämte sich dafür. Das war keine Monatsblutung; es waren Sekrete: die unwillkürliche Reaktion ihres Körpers auf die heftige sexuelle Erregung, die sie bei der Auseinandersetzung mit Sano empfunden hatte. Noch immer verspürte sie ein dumpfes Pochen und Ziehen im Unterleib. Sie kauerte sich auf die Veranda, zwang sich zur Ruhe und versuchte, sich darüber klar zu werden, wovor genau sie überhaupt Angst hatte.
    Vor Schlägen – die übliche Strafe für ungehorsame Ehefrauen – fürchtete sich Reiko nicht. Ihre Ausbildung im Kampf mit und ohne Waffen hatte ihre Schmerzschwelle weit nach oben verschoben; außerdem wusste sie instinktiv, dass Sano nicht der Mann war, der im Zorn eine Frau schlug. Doch sie hatte schreckliche Angst vor dem Geschlechtsverkehr – ein Schlachtfeld, auf dem die Natur die Frau gegenüber der Gewalt eines Mannes verwundbar gemacht hatte. Überdies konnte die eigene Begierde sie zur Sklavin ihres Gatten machen, der sie ohnehin schon besaß, und ihre kostbare Unabhängigkeit vollends zerstören.
    Trotzdem erfüllte der Gedanke Reiko mit Entsetzen, Sano könne sich von ihr scheiden lassen. Falls er es tat, würden man allgemein ihr die Schuld daran geben, dass die Ehe gescheitert war, und sie würde nie wieder einen Mann bekommen. Das wäre eine öffentliche Demütigung für Reiko und ihre Familie. Das Schreckgespenst einer freudlosen Zukunft, die sie als alte, mit Schmach und Schande beladene Jungfer verbringen musste, welche auf die Mildtätigkeit ihrer Verwandten angewiesen war, ragte düster und drohend am Horizont der Zukunft empor. Trotz ihrer Wut auf Sanos Tyrannei wollte sie ihn nicht verlassen, sondern die Freuden der körperlichen Liebe erleben, und mochten sie noch so gefährlich sein. Reikos Körper und Geist sehnten sich danach, auch wenn ihr Verstand sich heftig gegen die Vorstellung wehrte, ihr Leben in häuslicher Abgeschiedenheit und alltäglicher Langeweile verbringen zu müssen.
    Reiko beobachtete, wie das Licht des aufgehenden Mondes auf die Äste einer hohen Fichte fiel. Noch immer war Reikos Inneres von widerstreitenden Gefühlen erfüllt, doch eines wusste sie nun mit Sicherheit: Sie musste die Ehe mit Sano bewahren, musste ein gemeinsames Leben mit ihm führen – allerdings nach ihren Regeln.
    Reiko ging in ihre Kammer und kniete sich vors Schreibpult. Auf einem Regal darüber lagen ihre Samuraischwerter, die sie an diesem Nachmittag mit in den Palast und die Villa gebracht hatte. Reiko zog sich ein Tuschefässchen und Papier heran und griff nach dem Schreibpinsel. Die Verzweiflung bestärkte sie in ihrer Entschlossenheit. Sie würde Sano beweisen, dass auch eine Frau eine gute Ermittlerin sein konnte. Sie würde ihm zeigen, dass es in seinem eigenen Interesse lag, sie als Partnerin im Beruf zu akzeptieren statt sie zu einer besseren Sklavin im Haus und am Herd zu machen. Sie würde dafür sorgen, dass Sano sie um ihrer selbst willen liebte und nicht die Frau, zu der er sie formen wollte.
    Reiko fuhr sich mit der Zunge über den abgebrochenen Schneidezahn und begann, einen Plan für ihre eigenen geheimen Nachforschungen über den Tod von Konkubine Harume zu entwerfen.

    Widerstrebend rang Sano sich zu dem Entschluss durch, Reiko nicht zu folgen. Im Augenblick war er viel zu wütend, viel zu verwirrt und von einer viel zu heftigen, ungestillten, sexuellen Begierde erfüllt; es würde alles nur noch schlimmer machen. Also beendete er seine Mahlzeit, obwohl das Essen kalt geworden war und er den Appetit verloren hatte. Schließlich erhob er sich, ging in sein Gemach, zog sich aus, nahm ein Bad und streifte sich einen Umhang aus Baumwolle über. Dann ging er den Flur hinunter und an dem leeren Zimmer vorbei, in dem er die erste gemeinsame Nacht mit seiner Frau hatte verbringen wollen. Hinter der nächsten papierenen Tür, durch die Sano den gelben Schimmer einer Lampe sehen konnte, befand sich Reikos Privatgemach. Sano blieb stehen.
    Er sah, wie Reikos verschwommener Schatten sich bewegte. Sie streifte die Kleider ab und kämmte sich das Haar. Offensichtlich wollte sie in ihrem eigenen Gemach schlafen. Wieder spürte Sano, wie die Begierde von ihm Besitz ergriff, und aufs Neue entflammte heftiges Verlangen seinen Zorn. Trotz ihres

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