Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis

Das Geheimnis

Titel: Das Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
Vom Netzwerk:
Seite, stand auf und blickte seine junge Frau finster an.
    »Ich befehle dir, zu Hause zu bleiben, wohin du gehörst, und dich nicht in meine Arbeit einzumischen«, sagte er, bestürzt darüber, welche Wendung ihr Verhältnis genommen hatte, denn aus Liebe und Zuneigung war Feindseligkeit geworden. Er wünschte sich nichts sehnlicher als ein glückliches Leben mit Reiko, und dieses Ziel erreichte er bestimmt nicht, indem er ihre Gefühle verletzte. Aber was sollte er tun? »Ich bin dein Ehemann. Du wirst mir gehorchen. Und jetzt Schluss damit!«
    Reiko kniff die Augen zusammen. »Und was tust du, wenn ich dir nicht gehorche?«, fragte sie in herausforderndem Tonfall. »Wirst du mich schlagen? Mich zu meinem Vater zurückschicken? Oder wirst du mich gar töten?« Ein bitteres Lachen stieg aus ihrer Kehle auf. »Dann tu es! Ich bedauere jetzt schon, dass ich dich geheiratet habe. Ich will lieber sterben, als mich dir oder einem anderen Mann zu unterwerfen!«
    Ihre Worte trafen Sano ins Herz wie Messerstiche. Verletzt und wütend zugleich verspürte er plötzlich das überwältigende Verlangen, Reiko seine Macht zu beweisen, indem er körperlich Besitz von ihr ergriff. Er trat vor, packte ihre Schultern …
    Mit einem Mal fiel aller Trotz von Reiko ab. Sie zuckte zusammen, als Sano sie an sich zog. Der kräftige, große Mann ragte über ihr auf, und sie fühlte, wie klein und zerbrechlich sie war. Entsetzen spiegelte sich in ihren Augen wider, doch Sano wusste, dass sie sich nicht vor Schlägen fürchtete, nicht einmal vor dem Tod. Reikos Angst galt vielmehr dem noch grausameren Verbrechen, dass er sie mit Gewalt nehmen könnte. Doch als ihre Blicke sich trafen, erkannte Sano zugleich einen unergründlichen Hunger nach einer intimen Vereinigung. Reikos Lippen schimmerten feucht, und sie atmete heftig. Vor Sanos innerem Auge erschien ein Bild von ihnen beiden, wie sie nackt und schwitzend beieinander lagen und allen Streit in einer wilden und triebhaften körperlichen Vereinigung vergaßen. Und an Reikos Miene konnte er ablesen, dass auch sie ein solches Bild vor Augen sah – und dass auch sie den Wunsch verspürte, dieses Bild Wirklichkeit werden zu lassen.
    Langsam hob Sano die Hand und berührte Reikos weiche Wange. Lange, atemlose, spannungsgeladene Sekunden verharrten sie in dieser Haltung. Dann riss Reiko sich plötzlich los und rannte aus dem Zimmer.
    »Reiko! Warte!«, rief Sano.
    Er hörte, wie ihre schnellen Schritte rasch leiser wurden, als sie über den Flur eilte. Dann knallte eine Tür zu. Sano war wie erstarrt, während in seinem Innern ein Chaos der Gefühle tobte. Noch immer hielt er die Arme nach Reiko ausgestreckt, und noch immer verspürte er heiße Begierde.

    In der Stille ihres privaten Schlafgemachs verriegelte Reiko die Tür und seufzte zitternd. Nach wie vor schlug ihr Herz wild in der Brust, und ihre Muskeln bebten. Zornig und aufgewühlt eilte sie durch die Außentür und auf die Veranda hinaus.
    Ein elfenbeinfarbener Mond warf sein sanftes Licht auf die Bäume im Garten, die schmückenden Felsblöcke, den Zierteich und den Pavillon. Grillen zirpten, Hunde bellten. Irgendwo im Dunkel der Nacht patrouillierten Wachen über das Palastgelände; schwere Schritte, Hufgeklapper und die tiefen Stimmen der Männer trugen weit in der klaren, kalten Luft, die den Geruch von Holzkohlerauch und Frost mit sich brachte. In stiller Abgeschiedenheit schritt Reiko auf der Veranda hin und her und versuchte, sich über ihre aufgewühlten Gefühle klar zu werden.
    Wie sehr sie Sano dafür hasste, dass er ihre Wünsche abgewiesen hatte! Und obendrein hatte er sich über ihre Intelligenz und ihre Fähigkeiten lustig gemacht. Vor allem aber war Reiko wütend auf sich selbst, denn sie hatte sich unklug verhalten. Sie hätte nicht so schnell, so überstürzt handeln dürfen. Sie hätte noch eine Zeit lang das unterwürfige Weib spielen und auf diese Weise die Zuneigung ihres Mannes gewinnen sollen, um erst dann ihre Bitte vorzubringen. Doch sie spürte, dass es auf dasselbe Ergebnis hinausgelaufen wäre. Sano war wie alle anderen Männer. Wie dumm von ihr, dass sie ihn anders eingeschätzt hatte!
    »Angeberischer, ungebildeter Samurai!«, murmelte sie noch immer von heißer Wut erfüllt. »Kommandiert mich herum, als wäre ich eine Dienerin oder ein ungezogenes Kind!« Unter der Oberfläche aus Zorn spürte Reiko den bohrenden Schmerz der Enttäuschung. Wie närrisch und naiv ihr nun der Traum erschien, Verbrechen

Weitere Kostenlose Bücher