Das geheimnisvolle Gesicht
Perücke mit blonden. Verrückt so was...“
„Und der zweite?“
„Der mit ihm zusammen anreiste?“
„Ja. Wie ist sein Name?“
„Moment, ich hol das Buch... Forster heißt er wohl.“ Ernst Tschudi verließ das Zimmer. Gaitner hörte ihn draußen sprechen. Drei Minuten später kam er zurück und klappte das Buch auf. „Hier, Mike Forster heißt er. Beide aus London... Dieser Forster ist vorhin ziemlich aufgeregt zurückgekommen „Ach.“
„Ja. Irgendwas muß passiert sein. Er war richtig in Wut und Aufregung. Und er ist auch gleich in das Zimmer von dem anderen gegangen!“
„Von McButton!“
„Nein, zu Püttely! Mister McButton ist noch nicht wieder zurückgekommen
„Moment, Moment...“ Gaitner war echt überrascht. „Wer ist Püttely?“
Tschudis blasser, knochiger Finger zeigte auf eine andere Zeile des gleichen Blattes: „Roger Püttely aus Genf. Der steckt doch mit den beiden unter einer Decke!“
Gaitner schüttelte den Kopf. Noch schien er nicht überzeugt von dem, was der andere sagte. „Vermuten Sie das, Herr Tschudi, oder wissen Sie es genau?“
„Das weiß ich genau!“ beteuerte der. „Erstens kenne ich in diesem Haus das Knarren einer jeden einzelnen Diele und weiß genau, wer in welche Richtung geht, und zum anderen habe ich ganz ernsthafte Beweise. Gestern zum Beispiel hatten die drei in McButtons Zimmer eine laute Unterhaltung. Und heute hat Püttely ein Taxi bestellt, mit dem Forster weggefahren ist.“
Gaitner nickte.
„Wollen Sie noch mehr Beweise, Herr Kommissar... ich meine, Herr Gaitner?“
„Mir kann jeder Hinweis helfen, und mag...“
„...er noch so mager sein!“ vollendete Tschudi einen von Gaitners früheren Lieblingssätzen. „So ist es!“
„Sie benutzen alle den gleichen VW!“
„Ein dunkelblauer mit Zürcher Nummer. Er steht draußen im Hof, ich habe ihn gesehen.“
„Auf die Nummer habe ich nicht geachtet.“ Er dachte kurz nach und sagte dann: „Ich meine, es ist eine Genfer Nummer. Ja, und dann noch was: Dieser Püttely hat schon dreimal mit London telefoniert!“
Gaitner fuhr sich durch die schneeweißen Haare. Dieser Hinweis Tschudis hatte es in sich! „Heiliges Kanonenröhrchen“, dachte er, „wenn ich jetzt wüßte mit wem...“ Tschudi lächelte. „Wie gut man sich doch im Laufe vieler Jahre kennenlernt, was Kommissar?“
„Was meinen Sie damit?“ Gaitner tat unschuldig.
„Ich kann zwar nicht Schlittschuhlaufen, dafür aber Gedankenlesen. Und aus Ihrem Gesicht entnehme ich, daß Sie gern wüßten, welche Nummer dieser Püttely in London angerufen hat.“ Tschudis Finger deuteten auf einen Eintrag: „Es war diese!“ Johannes Gaitner schrieb sie in sein Notizbuch. Er wollte gerade Dankeschön sagen, als ihm Tschudi ein Zeichen gab zu schweigen.
Sekundenbruchteile später schlug jemand voller Kraft auf die Glocke an der Rezeption.
Ernst Tschudi klemmte sich das Buch unter den Arm, setzte seine übliche teilnahmslose und zerquälte Miene auf und trat hinaus.
„Meinen Schlüssel!“ hörte Gaitner eine akzentgefärbte Stimme bellen. Und auch Tschudis „Bitte sehr!“ Als der gleich darauf wieder eintrat, zeigte er mit dem Daumen der rechten Hand hinter sich: „Das war Herr McButton. Er schnaubte förmlich vor Wut!“
„Das kann ich mir denken!“ schmunzelte Gaitner und sah dann neugierig auf den Brief in Tschudis Linker. „Noch was für mein Notizbuch?“ fragte er.
„Dieser Brief geht heute abend zum Bahnhofsbriefkasten. Der Herr Forster hat ihn geschrieben.“ Und mit einem Seufzer sagte er: „Der Gott aller Portiers und Empfangschefs möge es mir verzeihen
Jack McButton schloß die Tür zu seinem Zimmer auf, riß sich die Perücke vom Kopf und schleuderte sie voller Wut gegen die Wand. Es folgten die Jacke und seine Schuhe. Mit einem wilden Satz warf er sich dann auf das Bett, das unter der plötzlichen Belastung einen entsetzlichen Ton von sich gab...
Und da kamen sie schon: voran Roger Püttely! Seine Miene war freundlich wie immer, er sprach ohne Stimmenaufwand, doch seine Worte straften sein Gesicht Lügen: „Du bist der größte Idiot, mit dem ich je zu tun hatte, seitdem ich in dieser Branche arbeite!“
McButton fuhr mit einem wütenden Zischlaut hoch. Aus seinen Augen sprühte Haß, und er ließ sein Gegenüber wissen, wofür er ihn hielt: „Noch ein Wort, du nachgemachter Old Shatterhand, und ich spring dir in dein Kataloggesicht! Wie kannst du mich einen Idioten nennen, wenn du tausend Meilen
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