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Das geheimnisvolle Gesicht

Das geheimnisvolle Gesicht

Titel: Das geheimnisvolle Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Raum. Fast ein Viertel davon bestand aus einer Vogelvoliere, in der sich einige Dutzend buntgefiederte Vögel tummelten.
    Es gab drei Katzen, zwei Familien weißer Mäuse und einen riesigen schwarzen Raben. Zwei Igel und mehrere Schildkröten vervollkommneten den Etagenzoo.
    Die Frage nach Geruch und Geräuschen war beantwortet: Es roch ein wenig nach Zoohandlung, und für die Lautmalerei sorgten die Vögel. Überall standen Futternäpfe und Gefäße mit Milch und Wasser herum. Der Rabe macht raaaraaa und marschierte, schwankend wie ein betrunkener Seemann, auf Sutter zu, der sich zu ihm hinunterbeugte und den Daumen hinhielt. Hops!! Sutter richtete sich auf. „Das ist Cäsar! Er ist der Chef hier! Sein scharfer Schnabel sorgt für Ordnung!“
    Perry Clifton hielt Cäsar seinen Daumen hin. Ein Angebot, das der Herrscher dieses Reiches zum Anlaß nahm, mit ausgebreiteten Flügeln auf einen Holzblock zurückzukehren. Dafür näherte sich ein Igel.
    „Das ist Anatol... und die andere dort hinten ist Chlothilde!“ Das Geschrei der Vögel hinter dem feingeflochtenen Maschendraht war zurückgegangen zum gewöhnlichen Piep-Piep der Vogelsprache. Ein Zeichen, daß sie sich beruhigt hatten...
    „Gehen wir ins Wohnzimmer!“ schlug Adolf Sutter vor.
    Sie gingen.
    Später sagte er: „Wissen Sie, viele Leute halten mich für übergeschnappt! Für einen, der den anderen sagen möchte, daß die Tiere besser sind als die Menschen. Aber das stimmt nicht... Ich hatte nie eine solche Absicht. Und wenn ich zurückdenke, so begann eigentlich alles nur damit, daß ich beweisen wollte, daß es keine angeborene Todfeindschaft unter den Tieren verschiedener Gattungen gibt... Nun, inzwischen habe ich’s bewiesen! Meine Vögel haben keine Angst vor den Katzen, und meine Katzen fressen keine Vögel und keine Mäuse! Die beiden Igel, sonst Nachttiere und ebenfalls Mäusefresser, spielen mit diesen, und wenn sich Cäsar, der Rabe, vor Katinka, die Katze, hinhockt, dann reibt sie ihren Kopf an seiner Brust, während er sie zärtlich ins Ohr zwickt... Das alles zu wissen und zu sehen macht mich sehr glücklich und bringt viel Spaß. Bin ich deswegen verrückt oder ein Sonderling?“
    „Sie sollten gern ein Sonderling sein, Herr Sutter!“ antwortete Perry Clifton, und er meinte es ehrlich. „Sonderlinge hatten es schon immer schwer, aber sie waren auch immer etwas Besonderes. Sie, die sogenannten Verrückten, die Neugierigen und die Ausprobierer haben unsere Welt zu dem gemacht, was sie heute ist. Vielleicht wären wir ohne sie noch immer in der Steinzeit.“ Und dann fiel Clifton noch etwas ein: „Seit genau vier Tagen arbeite ich an diesem Fall. Und in diesen vier Tagen bin ich drei Männern begegnet, die man, ihrem Eifer nach, unter die Rubrik Sonderlinge einstufen müßte: zuerst einem ehemaligen Leuchtturmwärter, der nur eines kennt: die Kakteenzucht. Dann einem pensionierten Kriminalkommissar, der mit Leidenschaft Rosen, Lilien und Orchideen züchtet, und nun noch einem Hotelportier, dessen Hobby auf dem ,tierischen’ Sektor liegt.“
    „Ihre Worte tun mir gut, Herr Clifton. Mein Ehrenwort! Ich habe mich lange nicht so wohl gefühlt wie in diesem Augenblick! Wenn ich Ihnen also helfen kann, dann tue ich es mit dem allergrößten Vergnügen! Was kann ich für Sie tun?“
    „Ihr Empfangschef hat wahre Wunderdinge von Ihrem Gedächtnis erzählt. Deshalb also auch meine Hoffnung. Stimmt das eigentlich mit dem ,Computergedächtnis“?“ Adolf Sutter lachte.
    „Ja! Meine Mutter behauptete immer, ich hätte schon als Kind die Namen aller Einwohner von Luzern auswendig gewußt. Ich stamme aus Luzern, müssen Sie wissen. Vielleicht hätte ich auch, statt ins Hotelfach, zur Bühne gehen sollen.“
    „Zum Beispiel als Gedächtniskünstler!“
    „Zum Beispiel, ja!“ nickte Sutter, und seinem Gesicht sah man es an, daß ihm dazu etwas einfiel: „Ich erinnere mich an einen bunten Abend, den das Schweizer Radio vor vier Jahren veranstaltete. Jeder, der was zum Programm beitragen konnte, durfte mitmachen und auf die Bühne kommen. Es wurde gesungen, gejodelt, es wurden gute und schlechte Witze erzählt. Ich meldete mich auch und ließ jeden im Saal aufstehen und mir den Vornamen sagen. Als der letzte dran war, fing ich wieder von vorn an. Diesmal sagte ich jedem, wie er hieß!“
    „Und wieviel Besucher waren im Saal?“
    „Oh, ich habe nicht gezählt, aber es waren bestimmt zwischen drei- und vierhundert Leute da.“
    „Und Sie haben

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