Das Geisterhaus
Todesröcheln umfiel und steif wurde. Es schien, als
wären alle aus einem Alptraum erwacht, und ein Raunen des
Entsetzens durchlief den Salon, die Gäste begannen sich eilig zu
verabschieden, rafften hastig ihre Pelzstolen, Zylinderhüte,
Stöcke, Regenschirme und Glasperlentaschen zusammen und
suchten das Weite. Im festlichen Salon zurück blieben nur Clara,
die Bestie auf ihrem Schoß, ihre Eltern, die sich, wie gelähmt
von dem bösen Vorzeichen, in den Armen lagen, und der
Bräutigam, der nicht begreifen konnte, warum ein toter Hund
einen solchen Wirbel verursachte, der aber, als er bemerkte, daß
Clara wie betäubt war, sie auf die Arme nahm und die halb
Bewußtlose in ihr Schlafzimmer trug, wo die Bemühungen der
Nana und das Riechsalz von Doktor Cuevas sie daran hinderten,
in den Stupor und die Sprachlosigkeit zurückzufallen. Esteban
Trueba bat den Gärtner, ihm zu helfen, und zu zweit trugen sie
die Leiche von Barrabas, der im Tode so schwer geworden war,
daß sie ihn kaum mehr heben konnten, in den Wagen.
Das Jahr verging ohne Hochzeitsvorbereitungen.
Nivea
kümmerte sich um die Ausstattung ihrer Tochter, die keinerlei
Interesse an dem Inhalt der Sandelholztruhen zeigte und weiter
mit dem dreibeinigen Tisch und ihren Wahrsagekarten
experimentierte. Die liebevoll gestickten Umschlagtücher, die
leinenen Tischdecken und die Unterwäsche, in die vor zehn
Jahren die Nonnen die Initialen der Namen Trueba und del Valle
gestickt hatten, gingen in Claras Brautschatz über. Nivea
bestellte in Buenos Aires, Paris und London Kleider fürs Land
und Kleider für Festlichkeiten, modische Hüte, Schuhe,
Handtaschen aus Eidechse und Wildleder und andere Dinge, die,
in Seidenpapier gewickelt, mit Lavendel und Kampfer bestreut,
verwahrt wurden, ohne daß die Braut mehr als einen zerstreuten
Blick für sie aufbrachte.
Trueba setzte sich an die Spitze einer Schwadron von
Maurern, Zimmerleuten und Klempnern, um das solideste,
größte und sonnigste Haus bauen zu lassen, das man sich denken
konnte, dazu geschaffen, tausend Jahre zu überdauern und viele
Generationen einer zahlreichen Familie rechtmäßiger Truebas
zu beherbergen. Er beauftragte einen französischen Architekten
mit den Entwürfen und ließ einen Teil der Materialien aus dem
Ausland kommen: sein Haus als einziges sollte deutsches Glas
haben, Säulensockel aus Österreich, englische Türgriffe,
Fußböden aus italienische m Marmor, und die
Sicherheitsschlösser wurden nach Katalogen in den Vereinigten
Staaten bestellt und kamen mit geänderter Gebrauchsanweisung
ohne Schlüssel. Férula, entsetzt über die Kosten, suchte ihren
Bruder daran zu hindern, auch noch französische Möbel,
Tränenlüster und türkische Teppiche zu kaufen, mit dem
Argument, er werde sich ruinieren und die Geschichte des
extravaganten Trueba, ihres Erzeugers, wiederholen, aber
Esteban bewies ihr, daß er reich genug war, um sich diesen
Luxus leisten zu können, und drohte ihr, er werde die Türen mit
Silber verkleiden lassen, wenn sie nicht aufhöre, ihm
dreinzureden. Da berief sie sich darauf, daß eine solche
Verschwendung bestimmt eine Todsünde sei und Gott sie
strafen würde, weil sie für all diesen Neureichen-Firlefanz
ausgaben, was besser für die Armen aufgewendet werden sollte.
Obwohl Esteban Trueba kein Freund von Neuerungen war,
vielmehr allem umstürzlerisch Modernen höchst mißtrauisch
gegenüberstand, fand er, sein Haus müsse wie die neuen Villen
in Europa und Nordamerika gebaut werden, zwar im klassischen
Stil, aber doch mit allen Bequemlichkeiten. Und es sollte
möglichst wenig von der einheimischen Architektur haben: er
wollte keine drei
Patios, keine Galerien und verwitterten
Brunnen, keine dunklen Zimmer, keine gekalkten Lehmwände
noch staubige Ziegelmauern, sondern zwei oder drei hohe
Stockwerke, dazu weiße Säulen, eine herrschaftliche, halb um
die eigene Achse schwingende Treppe, einmündend in eine
Halle aus weißem Marmor mit großen, lichten Fenstern, alles in
allem ein Haus, das den Eindruck von Ordnung und Harmonie,
Schönheit und Zivilisation vermitteln sollte, wie das in anderen
Ländern üblich und seinem neuen Leben angemessen war. Es
sollte ein Spiegel seiner selbst, seiner Familie und des Ansehens
sein, das er dem von seinem Vater befleckten Namen
zurückgeben wollte. Da er wünschte, daß die Pracht schon von
der Straße aus zu sehen sei, ließ er einen französischen Park
entwerfen, mit einer
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