Das Generationenschiff
mit einem herausragenden Griff und darunter ein vertikaler Schacht mit einer seitlich angebrachten Leiter. Sie selbst hätte einige Schwierigkeiten gehabt, den Deckel von der Stelle zu bewegen, aber Aygars kräftige Finger hoben ihn so mühelos wie eine Scheibe Toast von einem Tablett.
Sassinak zwängte sich durch das Loch, stieg flink die Leiter hinunter, um Aygar Platz zu schaffen, und murmelte: »Wie wollen Sie den Deckel wieder hinter uns schließen?«
»Keine Sorge.«
Dennoch sorgte sie sich, als er den Deckel hinter den nächsten Aktenschrank schob, in das Loch kletterte und den Aktenschrank mitzog. Aber er konnte ihn doch sicher nicht mit bloßen Händen an seinen Platz ziehen? -Doch, er konnte.
Der Aktenschrank über ihnen dichtete den Schacht ab, und sie saßen wieder im Dunkeln, aber sie merkte Aygars Stimme an, daß er stolz grinste, als er sagte: »Wenn sie das nicht gehört haben, werden sie nichts merken. Und ich habe das Gefühl, wir sind nicht die ersten, die es so machen. Der Schrank ist nicht so schwer wie ein voller.«
»Gute Arbeit.«
Sie tätschelte sein Bein und stieg die Leiter hinunter. Sie sollten einen Querschacht erreichen … aber ihre Füße fühlten erst nichts, dann etwas Unebenes. Sie strich im Dunkeln mit dem Füßen darüber und fragte sich für einen Moment, warum sie so dumm gewesen war und keine Taschenlampe mitgenommen hatte. Es war etwas Schlaffes, Langes, Glitschiges … vielleicht das Kabelbündel. Sie konnte es nicht mit der Hand erreichen, solang sie an der Leiter hing. Sie mußte sich fallenlassen. Aygars Fuß stieß gegen ihren Kopf, und sie berührte seinen Knöchel und schob ihn leicht zur Seite, was er hoffentlich als Aufforderung verstehen würde, daß er warten sollte.
vierzehntes kapitel
»Soll ich Licht machen?« fragte Aygar leise.
Sassinak zählte bis zehn und mußte sich daran erinnern, daß er trotz seiner beachtlichen Fähigkeiten kein ausgebildeter Soldat war. Er hatte wahrscheinlich vorher nicht daran gedacht, ihr zu sagen, daß er eine Lampe bei sich hatte.
»Nichts dagegen.«
Über ihr wurde eine kleine Lampe eingeschaltet, die für Augen, die sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, ziemlich hell wirkte. Schatten tanzten umher, als er ihr die Lampe herunterreichte. Der Quertunnel unten hatte etwa den doppelten Durchmesser wie der Schacht, durch den sie gerade kletterten. Längs hindurch führte ein Bündel von Röhren, die auf einer Seite Platz für einen schmalen Steg ließen. Sassinak ließ sich hinunter, schwang ihre Beine auf den Steg und führte Aygars Füße. Sie mußte sich ein wenig ducken, er sich dagegen unangenehm tief bücken. Sie berührte ihn am Arm und riß den Kopf zur Seite. Sie würden ein ganzes Stück zurücklegen müssen, bevor sie wieder ungehindert reden konnten.
Zwanzig Meter weiter machte Sassinak eine Pause und schaltete die Taschenlampe aus. Kein Geräusch und keine Bewegung deuteten darauf hin, daß sie verfolgt wurden. Sie schloß die Augen, gab ihnen Zeit, sich wieder an die Dunkelheit zu gewöhnen, und wünschte sich, sie hätte wenigsten den Helm ihres Panzers dabeigehabt. Selbst ohne Verbindung zu den großen Computern des Kreuzers hätte die eigene Sensorenausstattung des Helms ihr genau sagen können, was in Luftlinie vor ihnen lag.
Sie öffnete in völliger Dunkelheit die Augen. Nein, nicht in völliger Dunkelheit. Vor sich, so schwach, daß sie ihn kaum ausmachen konnte, sah sie einen fernen orangeroten Punkt. Sie blinzelte und erinnerte sich daran, daß sie den Blick in solchen Fällen hin und her springen lassen sollte. Zwei orangerote Punkte sogar. Sie beugte sich vor, um an Aygar vorbeizusehen. Noch einer, und dahinter noch einer.
Es konnte sich um Markierungslichter für die Wartungsarbeiter handeln. Das war die harmloseste Variante. Es konnten aber auch automatische Kameras sein, die ihr Bild direkt an eine Polizeiwache senden würden, ohne die Umgebung für Sassinaks Augen hell genug zu beleuchten. Oder automatische Laser, die mit Wärme-und Bewegungssensoren verbunden waren und dazu dienten, den Tunnel von Ungeziefer freizuhalten.
Sie verabscheute Planeten. Es konnte sein, daß in diesen Tunneln tatsächlich Ungeziefer lauerte. Aber wenn man keine Wahl hatte, scheute nur ein Idiot das Risiko … so hatte Abe es ihr jedenfalls immer gesagt. Sie tastete sich seitlich den Steg entlang und bewegte sich in dem engen Raum dabei mit einer Geschmeidigkeit, die sie sich an Bord von Raumschiffen
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