Das Genessee-Komplott - Ludlum, R: Genessee-Komplott
als ideologischen Motiven bedingt ist. Indem Sie weder der einen noch der anderen Seite angehören, haben Sie sich jedenfalls aus jedem politischen Konflikt herausgehalten, nicht wahr?«
»Auch das war nicht meine Absicht.«
»Ich meine, es wäre schwierig, aus politischem Grund Einwände gegen Sie vorzubringen, da Ihre Überzeugung ja ... unter der Klassifizierung >unabhängig< vergraben ist.«
»Einen Augenblick, Senator!« Der Vorsitzende war sichtlich erregt und sprach mit scharfer Stimme.
»Ich würde dazu gerne eine Bemerkung machen, wenn ich darf – «
»Sie dürfen , Mr. Trevayne, nach meinen eigenen Feststellungen. Senator Knapp, ich dachte, ich hätte klargestellt, daß es sich hier um eine parteifreie Anhörung handelt. Ich finde Ihre Bemerkungen nicht relevant und, offen gestanden, geschmacklos. Jetzt können Sie sich äußern, Mr. Undersecretary. «
»Ich würde den Senator gerne davon informieren, daß jedermann zu jeder Zeit sich ein Bild von meinen politischen Ansichten machen kann, indem er mich einfach nach ihnen fragt. Ich bin nicht scheu. Allerdings war mir nicht bewußt, daß Regierungskontrakte auf der Grundlage politischer Verbindungen vergeben werden.«
»Genau, was ich sagen wollte, Mr. Trevayne.« Knapp wandte sich zur Mitte des Tisches. »Mr. Chairman, in den sieben Jahren, die ich dem Senat angehöre, habe ich viele Male diejenigen unterstützt, deren Politik von meiner eigenen abwich, und habe umgekehrt Mitgliedern meiner eigenen Partei die Unterstützung versagt. In solchen Fällen basierte meine Billigung oder Mißbilligung auf den jeweils zur Debatte stehenden Fragen. Wir alle sind es unserem Gewissen schuldig, so zu handeln. Was mich an unserem Kandidaten stört, ist, daß er es vorzieht, als >parteifrei< bezeichnet zu werden. Das beunruhigt mich. Ich fürchte solche Leute in Machtpositionen. Ich wundere mich über ihre sogenannte Unabhängigkeit. Ich frage mich, ob es statt dessen nicht nur bequem ist, jeweils Gefährte des stärksten Windes zu sein?«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen im Saal. Gillette nahm die Brille ab und wandte sich Knapp zu.
»Heuchelei ist eine sehr ernste Anspielung, Senator.«
»Verzeihen Sie mir, Mr. Chairman. Sie haben uns aufgefordert, unser Gewissen zu erforschen ... Und wie Richter Brandeis erklärte, reicht Ehrlichkeit für sich alleine nicht. Der Anschein der Integrität muß dazu kommen. Cäsars Frau, Mr. Chairman.«
»Wollen Sie damit vorschlagen, Senator, daß ich mich einer politischen Partei anschließen soll?« fragte Trevayne ungläubig.
»Ich schlage überhaupt nichts vor. Ich melde Zweifel an, und das ist die Funktion, die uns hier verbindet.«
John Morris, Senator aus Illinois, brach das Schweigen. Er war der Jüngste unter den Anwesenden, Mitte der Dreißig, und ein brillanter Anwalt. Jedesmal, wenn Morris einem Ausschuß zugeteilt wurde, nannte man ihn ohne Ausnahme den >Teenager<. Damit vermied man ein anderes Etikett. Denn Morris Haut war schwarz, er war ein Neger, der sich schnell im System nach oben gearbeitet hatte. »Sie haben nicht ... Oh, Mr. Chairman?«
»Bitte, Senator. «
»Sie haben nicht Zweifel geäußert, Mr. Knapp. Sie haben eine Anklage vorgebracht. Sie haben einen großen Teil unseres Wählerpublikums der potentiellen Täuschung bezichtigt. Sie haben diesen Teil der Wählerschaft in eine Position der ... des Bürgerrechts zweiter Klasse gewiesen. Ich verstehe Ihre Feinheiten durchaus, will sogar zubilligen, daß sie in gewissen Situationen angemessen sind. Aber hier haben sie meiner Ansicht nach keine Gültigkeit. «
Der Senator aus New Mexico, der allseits bewunderte Chicano, beugte sich vor und sah Morris beim Sprechen an. »Es gibt hier zwei von uns, die nur zu gut wissen, was man unter Bürgerschaft zweiter Klasse versteht, Senator. Meiner Ansicht nach ist es zulässig, das Thema anzusprechen – es überhaupt anzusprechen. Man sucht immer nach Gewichten und Gegengewichten. Das ist der tiefere Sinn unseres Systems. Aber ich glaube, daß man das Thema, sobald man es einmal angesprochen hat, leicht damit wieder vom Tisch bringen kann, daß der zu bestätigende Mann uns eine klare Antwort gibt.... Mr. Undersecretary? Dürfen wir, um es in das Protokoll aufzunehmen, davon ausgehen, daß Sie nicht ein ... eingeschworener Gefährte des Windes sind? Daß Ihre Ansichten in der Tat ebenso unabhängig sind wie Ihre Politik?«
»Das dürfen Sie, Sir.«
»Das habe ich angenommen. Ich habe zu diesem
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