Das geraubte Paradies
Kerzen spiegelte sich auf seiner ausdruckslosen Maske und füllte seine Augen mit einem Feuer der Entschlossenheit. »Sammelt Eure Männer, Paladin Alecander. Wir marschieren sofort los. Übermorgen im Morgengrauen greifen wir an.«
Kapitel 28
Es knallte, und ein winziger, weißblauer Blitz zuckte über die Eingeweide des geöffneten Apparats, den Ferrer vor sich auf dem Tisch stehen hatte. »Verdammter Mist!«, fluchte der Invitro-Techniker. »Dieser Sendeempfänger ist reiner Schrott. Wo hast du den aufgetrieben, Emm?«
»Du wirst lachen: Auf dem Schrottplatz drüben in Bezirk 5«, antwortete Emm trocken, die auf einem Stuhl neben ihm hockte.
»Irgendwie fällt es mir gerade schwer, zu lachen. Dafür ist die Lage zu brenzlig.«
»He, was hätte ich machen sollen?«, versetzte Emm gereizt. »Leider können wir gegenwärtig nicht zum Zentralmarkt spazieren und einen Bezugsschein für ein Funkgerät über den Tresen reichen. Denn falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Wir werden alle gesucht!«
Ferrer warf ihr einen finsteren Blick zu. Dann hob er die Hand und rieb sich seufzend über den Nasenrücken. »Tut mir leid«, brummte er. »Ich muss bloß die ganze Zeit daran denken, dass da draußen unsere Verbündeten sitzen und keine Ahnung haben, was im Tal passiert. Wir haben versagt. Wir waren nicht vorsichtig genug. Und nun dürfen sie dafür bezahlen.«
»Dann lasst uns etwas unternehmen«, mischte Carya sich in das Gespräch ein. »Nicht nur hier herumsitzen.«
Seit einem knappen Tag befanden sie sich nun in Emms Versteck, einem kleinen Haus am Rand einer Siedlung, die ihren Reiz offenbar verloren hatte, denn es wohnten nur noch wenige Menschen in der Nachbarschaft. Die Siedlung lag am nordwestlichen Ende des Tals, in Sichtweite des Berges, unter dem sich der zugesperrte Tunnel befand. Lebensmittel hatte Emm dort bereits vor einiger Zeit gebunkert, zu Strom und Wasser hatte Ferrer ihnen verholfen, indem er einen Verteilerkasten in der Nachbarschaft angezapft hatte.
Den Großteil des Tages hatten Carya und Pitlit im Haus versteckt zugebracht. Emm hatte ihnen beiden auf dem Weg hierher neue Overalls besorgt, und sie hatten sich von ihren alten Kleidern getrennt, um ein Wiedererkennen auf der Straße zu erschweren und außerdem das Risiko zu minimieren, versteckte Peilsender in ihr neues Domizil einzuschleppen. Trotzdem waren sie gemeinsam nach wie vor zu auffällig, um sich frei bewegen zu können. Zumindest galt das für die Kernbezirke des Tals.
Während sie sich verbargen, hatte Ferrer Caryas und Pitlits Invitro-Armbänder endgültig abgeschaltet und entfernt. Da sie ohnehin auf der Abschussliste der Zonengarde standen, war es nicht mehr nötig, sich deren Spielregeln zu beugen und die Peilsender zu tragen. Danach hatte Emm Carya vorgeschlagen, auch noch ihr Haar abzuschneiden und zu färben, um nicht so leicht wiedererkannt zu werden, doch Carya vertrat die Ansicht, dass hochgestecktes braunes Haar kaum mehr ins Auge fiel als abgeschnittenes schwarzes, rotes oder wasserstoffblondes. Emm hatte sich dieser Argumentation gebeugt und nur ihr eigenes, auffällig rotes Haar schwarz abgetönt.
Am Nachmittag hatten sie dann entschieden, dass sie irgendwie versuchen müssten, mit den Truppen jenseits der Berge wieder Kontakt aufzunehmen. Also war Emm, umgezogen und neu frisiert, losgezogen, um nach Elektronikausrüstung zu suchen, die ihnen eine Funkverbindung ermöglichen würde. Bedauerlicherweise war sie zwar gut darin, Dinge zu beschaffen, allerdings hielten sich ihre Kenntnisse, was Kommunikationstechnik anbelangte, in Grenzen.
Seufzend lehnte Ferrer sich auf seinem Stuhl zurück. »Vielleicht hat Carya recht. Es wird schon dunkel draußen. In wenigen Stunden greift Julion mit seinen Truppen an. Wir sollten etwas unternehmen.«
»Und was schwebt dir vor?«, fragte Emm. »Den Angriff auf das Arsenal können wir vergessen. Zum einen liegt unsere ganze Ausrüstung in die Luft gesprengt unter den Trümmern unseres Waldverstecks begraben, zum anderen müssen wir davon ausgehen, dass die Zonengarde weiß, was wir vorhaben. Wir würden bloß in eine Falle laufen, wenn wir daran festhalten. Abgesehen davon hat Dymond sein Kriegsspielzeug sicher schon auf den Pass verlegen lassen. Und dort befindet es sich außer Reichweite.«
»Hm, ich fürchte, das ist richtig«, musste Ferrer eingestehen. Er fuhr sich mit beiden Händen über das dichte, kurz geschorene Haar. »Verflixt, jetzt ist guter Rat
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