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Das Geschenk der Wölfe

Das Geschenk der Wölfe

Titel: Das Geschenk der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Werwolfliteratur stammen. Vielleicht handelt es sich um eine Art Erkennungszeichen für Männer, die eine besondere Verbindung zueinander haben. Oder die Namen dienen dazu, sich anderen zu erkennen zu geben, die auch von ihrer Art sind.»
    «Ein Erkennungszeichen …», sagte Reuben nachdenklich. «Wer ändert denn seinen Namen, um seine Zugehörigkeit zu einem exklusiven Club zu zeigen?» Unruhig ging er auf und ab, bevor er zum Kamin zurückkehrte.
    Laura hatte sich wieder vor das Kamingitter gesetzt, das Notizbuch immer noch in der Hand. «Aber sie haben es getan», sagte sie. «Ist dir klar, was das bedeutet?»
    «Dass alle Wolfsmenschen sind, natürlich. Mein Gott, ich zittre. Ich kann kaum noch … Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Aber ich hatte es erwartet. Fast von Anfang an habe ich es vermutet, aber es schien so weit hergeholt.»
    «Wenn diese Kreaturen nicht altern», sagte Laura ernst, «dann bedeutet das, auch du wirst nicht altern. Vielleicht sind sie sogar unsterblich – und du auch.»
    «Das wissen wir nicht, Laura. Aber Felix scheint tatsächlich nicht so zu altern wie andere Männer.»
    Er dachte an die Kugel, die ihn nicht verletzt hatte, an die Glasscherben, die ihn nicht geschnitten hatten, und er wünschte, er wäre mutig genug, um seine Hypothese zu überprüfen, indem er sich absichtlich eine Wunde zufügte.
    Die Vermutung, dass Felix alle Antworten kannte, die ihn so brennend interessierten, machte ihn schwindelig, und er konnte kaum noch erwarten, ihn kennenzulernen.
    «Warum will er mich im Beisein unserer Anwälte treffen?», fragte er. «Was, wenn er mich einfach nur aus dem Haus locken will, damit er es in aller Ruhe ausräumen kann?»
    «Das glaube ich nicht», sagte Laura. «Ich glaube, dass er dich wirklich kennenlernen möchte.»
    «Warum kommt er dann nicht einfach zur Haustür hereinspaziert?»
    «Er will dir auf den Zahn fühlen, ohne sich selbst erkennen zu geben», sagte Laura. «Jedenfalls nehme ich das an. Außerdem will er wohl wirklich die Tontafeln und Tagebücher haben, die sich noch hier im Haus befinden. Wahrscheinlich auch noch andere Dinge. Er will sie haben, aber er will sie nicht stehlen, sondern ehrlich mit dir sein. Na ja, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls.»
    «Wahrscheinlich.»
    «Vielleicht weiß er gar nicht, was hier passiert ist. Nicht mal dass Marrok tot ist.»
    «Aber es ist meine große Chance, nicht wahr? Ich kann ihm zu verstehen geben, wer ich bin und warum ich Marrok töten musste.»
    «Wir beide haben ihn getötet», sagte Laura. «Wir hatten keine andere Wahl.»
    «Das stimmt», sagte Reuben. «Aber ich übernehme dafür die volle Verantwortung. Andererseits interessiert es Felix vielleicht gar nicht, warum ich oder wir Marrok getötet haben. Wir wissen auch nicht, wie wichtig ihm Marchents Wünsche waren. Vielleicht sieht er in mir einfach nur ein gewalttätiges Monster.»
    «Ich glaube nicht», sagte Laura. «Aber wie auch immer – dieses Treffen ist deine große Chance, das sehe ich genau wie du.»
    Reuben setzte sich wieder zu ihr vors Feuer.
    Eine Zeitlang saßen sie schweigend da. Dass sie zusammen schweigen konnten, liebte Reuben an Laura ganz besonders. Sie schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen, hatte die Knie angezogen und die Arme darumgelegt. Ihr Blick war aufs Feuer gerichtet. In ihrer Gegenwart fühlte er sich vollkommen geborgen, doch der Gedanke, dass ihr etwas zustoßen könnte, machte ihn wütend.
    «Ich wünschte, du könntest dabei sein», sagte er nach einer Weile. «Meinst du, das würde das ganze Unternehmen irgendwie torpedieren oder dich in Gefahr bringen?»
    «Ich finde, du solltest allein mit ihm sprechen», sagte Laura. «Ich weiß zwar nicht, warum, aber ich glaube, es ist besser so. Ich fahre mit, aber bei dem Treffen werde ich nicht dabei sein. Ich warte in einem Nebenzimmer auf dich.»
    «Mitkommen musst du auf jeden Fall. Ich kann dich hier nicht allein lassen.»
    Wieder schwiegen sie eine Weile, bevor Reuben sagte: «Sie kommt nicht.» Damit meinte er die Verwandlung.
    «Bist du dir sicher?»
    «Ich weiß es einfach.»
    Überraschenderweise verspürte er keinen Drang, sich zu verwandeln. Sie sprachen auch nicht weiter darüber.
    Irgendwann – es war noch nicht spät – ging Laura zu Bett.
    Reuben sah sich noch einmal den Brief an und betrachtete die unleserliche Schrift. Dann nahm er die goldene Uhr vom Kaminsims.
Marrok
.
    Um ein Uhr weckte er Laura. Im Morgenmantel stand er neben ihrem Bett, die

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