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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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wurde eine hitzige Diskussion, und als Eleanor schließlich ihre Koffer gepackt hatte, schrien sie einander an. Tom war so durcheinander, so verzweifelt, dass er bis zum heutigen Tag nicht wusste, was genau er eigentlich gesagt hatte.
    Eleanor hatte ein Taxi gerufen und sich zum Flughafen bringen lassen. Tom war ihr gefolgt, und sie hatten ihre Diskussion fortgesetzt. Schließlich aber war es so weit, dass der Pendelbus vor der Abflughalle stand. In diesem Moment fragte Eleanor ihn noch einmal, ob er mit ihr käme. Wenn er sie wirklich liebe, erklärte sie, würde er sie begleiten. Tom erinnerte sich, wie er dastand, Tränen in den Augen und von Trotz und Wut erfüllt. Nein, sagte er, er komme nicht mit.
    Und dann schaute er ihr nach, wie sie die Rolltreppe hinauffuhr. Sie drehte sich ein letztes Mal um. Ihr Gesichtsausdruck war so traurig, so voller Bitterkeit, dass er sie beinahe zurückgerufen und ihr gesagt hätte, sie solle warten, er komme doch mit – aber die Worte kamen ihm nicht über die Lippen. Es war wie während der Eisenbahnfahrt von Köln nach Frankfurt, als er der Frau, die er liebte, einen Heiratsantrag machen wollte, es am Ende aber doch nicht getan hatte. Stattdessen machte er kehrt, ging davon und verließ Ellie, so wie sie ihn verlassen hatte.
    Damals hatte er Eleanor das letzte Mal gesehen. Bis vor fünf Minuten, in einem Eisenbahnzug nach Chicago mit Zwischenstopps in Toledo und Pittsburgh.
    Er hatte noch immer keine Ahnung, was Eleanor damals dazu gebracht hatte, so plötzlich abzureisen. Und er hatte bis heute keine vernünftige Erklärung dafür, weshalb er sie nicht in die Heimat begleitet hatte.
    Schlagartig kehrte Tom wieder nach West-Virginia und auf die stählernen Gleise zurück. Er streckte sich auf der Liege aus, und die Wärme im Abteil, das auf- und abschwellende Singen der Räder, Toms völlig überdrehter Verstand und die Dunkelheit draußen schafften es schließlich mit vereinten Kräften, ihn in einen unruhigen Schlaf fallen zu lassen.
    Was immer es gewesen sein mochte – es musste Toms Schlafwagen mit voller Wucht getroffen haben. Das Geräusch war sehr laut, als hätte eine Kanonenkugel die eine Seite des Waggons voll erwischt. Tom fiel beinahe von der Liege. Er schaute auf die Uhr: halb sieben. Der Zug wurde schnell langsamer. Schließlich blieb der riesige Capitol Limited stehen. Als Tom aus dem Fenster sah, erkannte er, dass sie sich fernab jeder Zivilisation befanden. Brandgeruch stieg ihm in die Nase, und man musste kein erfahrener Eisenbahnreisender sein, um zu wissen, dass dieser Geruch nichts Gutes bedeutete.
    In der Dunkelheit sah Tom hier und da Lichter, wahrscheinlich Zugpersonal, das sich vergewisserte, woher die Breitseite gekommen war und welchen Schaden sie angerichtet hatte. Tom trat hinaus auf den Gang und traf dort Father Kelly.
    »Haben Sie das gehört?«, fragte der Priester. »Es klang wie ein Schuss.«
    »Ich glaube, wir sind mit irgendwas zusammengestoßen«, erwiderte Tom. »Oder es war etwas auf den Gleisen, und wir haben es überrollt.«
    »Es hat sich aber so angehört, als hätte es nur unseren Waggon getroffen, und der ist in der Mitte des Zuges.«
    Stimmt auch wieder, dachte Tom. »Tja, ich weiß auch nicht. Ich hoffe nur, dass es möglichst schnell weitergeht.«
    Regina kam mit sorgenvoller Miene herbei. Sie trug einen großen Packen zerknüllter Zeitungen.
    Tom fragte: »Was ist los, Regina? Warum stehen wir? Wurde Amtrak die Kreditkarte gesperrt?«
    »Wir sind mit irgendetwas zusammengeprallt. Es wird gerade überprüft. Ich glaube, wir werden in Kürze weiterfahren.«
    Tom sah, was Regina unter dem Arm trug. »Sie scheinen eine Menge für alte Zeitungen übrig zu haben.«
    »Jemand hat sie in den Abfalleimer gestopft. Ich weiß nicht mal, woher sie kamen. Die einzige Zeitung im Zug ist der Toledo Blade , und den nehmen wir erst morgen früh im Bahnhof auf.«
    Sie ging weiter. Tom kam sich plötzlich ungemein clever vor, dass er ein Zeitpolster in seinen Reiseplan eingefügt hatte. Nun sah es so aus, als würde er dieses Polster brauchen. Zu Mark Twains Zeiten maß die Strecke von St. Joseph, Missouri, bis nach Kalifornien neunzehnhundert Meilen. Dafür brauchte die Postkutsche rund zwanzig Tage. Zwar hatte Tom tausend Meilen mehr vor sich als Mark Twain damals, dafür war das, was ihn zog, Tausende Male stärker als die Kraft der Kutschpferde. Und doch sah es danach aus, als wäre Mark Twains Reisezeitrekord nicht in Gefahr. Tom suchte in

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