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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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seine Erfahrungen mit der Gattung Americanus legalis cannibalis gemacht, und dann war da seine jüngste Begegnung mit einem gewissen Gordon Merryweather. Er hob sein Glas zum Zeichen des Mitgefühls.
    »Was wissen Sie über Ginseng?«, fragte der Mann.
    Er war in den Fünfzigern und schien ein ganz normaler Angestellter zu sein, doch er wies einige physische Besonderheiten auf, die ihn deutlich von seinen Mitmenschen unterschieden. Zum Beispiel riss er immer wieder den Mund weit auf und sog die Luft so heftig ein, als hätte er Angst zu ersticken. Dabei quollen ihm die Augen hervor, sodass Tom glaubte, der Bursche würde jeden Moment mit dem Kopf in den Salat kippen. Außerdem leckte er sich ständig die Lippen. Und schließlich erweckte er den irritierenden Eindruck, ständig etwas sagen zu wollen. Seine Lippen zuckten, schürzten sich, der fleischige Hals zitterte, die Augen blinzelten heftig, er hob die Hände – kurzum, alles deutete darauf hin, dass er eine weltbewegende Weisheit oder irgendwelchen skandalträchtigen Klatsch von sich geben wollte, aber dann wurde doch nichts daraus, und er fischte lediglich die Olive aus seinem Drink oder tat ähnlich Belangloses. Nachdem der Mann diese Show zum vierten Mal abgezogen hatte, musste Tom an sich halten, dem Burschen nicht an die Gurgel zu gehen.
    »Ginseng?«, fragte Sue. »Meinen Sie die Wurzel?«
    »Ja. Ich will Ihnen auch verraten, warum ich Sie danach frage.« Er schaute seine Tischnachbarn mit einem verschwörerischen Ausdruck an und senkte die Stimme. »Ich habe eine Frau kennen gelernt. Eine Asiatin oder Orientalin oder wie immer der politisch korrekte Ausdruck heute lautet. Nachdem man ja ›gelbe Gefahr‹ nicht mehr sagen darf«, versuchte er einen Scherz.
    »Nein, das darf man nicht«, grollte Agnes Joe. »Unterlassen Sie bitte solche plumpen Bemerkungen. Toleranz und Verständnis für andere Kulturen sind die Grundlage für eine friedliche Welt. Außerdem habe ich japanische Vorfahren.«
    Tom betrachtete verstohlen die massige Frau und fragte sich, ob tatsächlich japanisches Blut in ihren Adern strömte. Und er bemerkte, dass ihre Sprache auf einmal um einiges gewählter klang. Was hatte das zu bedeuten?
    »Sie haben Recht«, sagt der Mann. »Tut mir Leid, es war ein schlechter Scherz. Nun, was diese Frau angeht … sie schien sich, wie man so schön sagt, von mir angezogen zu fühlen. Ich jedenfalls fühlte mich sehr von ihr angezogen. Eines Abends gingen wir gemeinsam essen, und sie kam auf dieses Ginseng-Zeugs zu sprechen. Um die Geschichte kurz zu machen, sie schickte mir eine Ginsengwurzel. Ich glaube, sie kam aus China.«
    »Tatsächlich wird Ginseng in Wisconsin angebaut«, sagte Sue, während sie noch mehr Butter auf ihr Brötchen strich, sodass vom Brot nichts mehr zu sehen war. »Der Boden dort eignet sich bestens dafür.«
    Tom schaute sie verblüfft an. Der Staat Wisconsin verfügte über ideale Ginsengerde? Das kam ihm ziemlich verrückt vor, aber was wusste er schon von solchen Dingen? Vielleicht war die Mannschaft der Green Bay Packers am Ende eine Truppe von Ginseng-Groupies.
    »Okay, dann also nicht China, sondern Wisconsin«, sagte der Mann. »Aber der Punkt ist, dass die Frau mir dieses Zeug geschickt hat, und nun weiß ich nicht, was ich damit tun soll. Ich meine, wird es gekocht oder getrunken oder was?«
    »Dass sie Ihnen die Wurzel geschickt hat«, meinte Tom, »bedeutet noch lange nicht, dass Sie irgendetwas mit dem Ding anstellen sollen.«
    »Nun ja«, sagte der Mann und warf den Damen einen nervösen Blick zu, »ich nehme an, sie hat mir diese Ginsengwurzel geschenkt, weil sie angeblich eine die Ausdauer steigernde Wirkung in gewissen Bereichen haben soll. Zumindest hat sie mir gegenüber so etwas angedeutet. Ich sollte wohl hinzufügen, dass die Dame viel jünger ist als ich.«
    Als Agnes Joe das Wort ergriff, wurde Tom allmählich klar, worum es ging. »Sie meinen, dass Sie es einer Frau, die halb so alt ist wie Sie, im Bett wie ein junger Hengst besorgen können, wenn Sie diese Wurzel intus haben? Sie meinen, die Frau hat dann nicht das Gefühl, mit einem alten klapprigen Sack bumsen zu müssen?«
    Längeres Schweigen setzte ein, bis der Mann schließlich sagte: »Äh … ja. So ähnlich habe ich es gemeint.« Und dann öffnete er wieder den Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen, sog zischend die Luft ein und stocherte mit den Fingern zwischen den abgenagten Olivenkernen herum.
    »Ich würde die Wurzeln zermahlen und zu Mus

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