Das Geschenk: Roman
sechsundzwanzig Zwischenstopps. Seltsamerweise hatte Tom das Gefühl, mit allem rechnen zu müssen. Und wie sich zeigen sollte, war es gut, dass er innerlich darauf vorbereitet war.
KAPITEL 18
Die Union Station von Chicago symbolisierte die gewaltigen Ausmaße der Stadt, in der dieser Bahnhof stand: Er war groß und massig und verfügte über mehrere Etagen mit Restaurants und Ladengeschäften. Zahlreiche Elektrokarren beförderten die eiligen Fahrgäste von Bahnsteig zu Bahnsteig. Tom und die anderen begaben sich zur Metropolitan Lounge, fanden ein freies Eckchen und machten es sich dort bequem. Tom döste vor sich hin, während Kristobal mehrere Telefongespräche führte, derweil Max sich mit Steve, Julie und mehreren anderen Leuten traf, um letzte Arrangements für die geplante Trauung zu besprechen. Eleanor war nirgendwo zu sehen, und Max schickte Kristobal schließlich los, nach ihr zu suchen.
Ein Angestellter der Amtrak-Bahnpolizei kam zu ihnen, von Regina benachrichtigt. Sie erzählten dem Mann, was ihnen gestohlen worden war. Bei dieser Gelegenheit erfuhren sie, dass zahlreiche Passagiere Diebstähle gemeldet hatten und dass nach dem oder den Tätern gesucht wurde. Der Bahnpolizist hielt es für wahrscheinlich, dass aufgrund der hohen Anzahl fehlender Gegenstände und bestohlener Fahrgäste mehr als eine Person an den Diebstählen beteiligt war. Höchstwahrscheinlich, ließ man durchklingen, hatte die Bande den Zug bereits verlassen, bevor dieser in Chicago eingefahren war. Tom hatte wenig Hoffnung, seinen Füllfederhalter jemals wiederzusehen. Viel schlimmer fand er jedoch, dass er wahrscheinlich auch Eleanor nicht mehr sehen würde.
Deshalb war er mehr als erstaunt, als er sie eine Stunde später mit Kristobal in den Wartesaal kommen sah. Sie ließ sich neben Max auf die Bank sinken.
»Wann geht dein Flug?«, erkundigte sich der Regisseur.
»Gar nicht. Sämtliche Maschinen sind ausgebucht. Ironischerweise ist die Eisenbahn die schnellste Möglichkeit, nach LA zu kommen.«
Max lehnte sich zurück und verkniff sich einen zufriedenen Blick; doch seine Lippen zuckten und verzogen sich schließlich zum Anflug eines Lächelns. »Das tut mir aufrichtig Leid. Ich schätze, dann musst du weiter mit uns Eisenbahntramps vorlieb nehmen.« Er schaute zu Tom und zwinkerte ihm zu.
»Sieht so aus«, meinte Eleanor missgelaunt.
»Wenn du dich besser dabei fühlst, kann ich dir verraten, dass ich innerhalb der Vereinigten Staaten vom Flugverkehr ausgesperrt wurde«, sagte Tom. Kristobal musterte ihn argwöhnisch und rückte ein Stück von ihm weg. Rasch erklärte Tom den Sachverhalt. »Es gab da ein kleines Missverständnis bei der Sicherheitsüberprüfung auf dem Flughafen La Guardia.«
»Ich hoffe«, sagte Eleanor, »es war wirklich ein Missverständnis.«
Kurz darauf kam Regina zurück. Tom wusste auf Anhieb, dass sie in Begleitung ihrer Mutter erschien, obwohl sich die beiden, bis auf die Augenpartie, kaum ähnlich sahen. Neben Reginas Mutter hätte wahrscheinlich sogar Agnes Joe ausgesprochen zierlich gewirkt. Tom hatte eine Vision von Aretha Franklin – nur um einiges voluminöser. Es stellte sich heraus, dass die Durchschlagskraft ihrer Persönlichkeit noch um etliches größer war als ihre gewaltige Körperfülle.
»Das ist meine Mutter, Roxanne«, sagte Regina, ehe Roxanne mit ihrer dröhnenden Stimme, die in der gesamten Metropolitan Lounge die Köpfe herumfahren ließ, das Kommando übernahm.
»Soweit ich sehen kann, ist Ihnen kalt, sind Sie müde, deprimiert und AUSGERAUBT! Hm-hm. Das darf nicht sein. Der Herr im Himmel lässt nicht zu, dass ihr so leidet.« Ein paar Minuten später erschienen wie durch ein Wunder Decken, Kissen, ein reichhaltiger Imbiss und andere Annehmlichkeiten. Sie alle waren dankbar, und sogar Eleanors Laune schien sich ein wenig zu bessern.
Roxanne ließ sich mitten unter ihnen nieder wie eine Königin bei ihren Schutz suchenden Untertanen. »Mein Gott, was für ein Tag! Da warte ich auf einige wichtige Passagiere aus New York, um sie mit allem zu versorgen, was sie brauchen, und muss feststellen, dass sie wirklich Hilfe benötigen. Aber jetzt wollen wir mal sehen, wen wir hier alles haben.« Sie deutete mit einem Finger auf Max. »Den Mann da kenne ich. Ich war in Ihrem letzten Film. Es war das Musical mit diesem mageren kleinen weißen Girl, nicht wahr? Wissen Sie was? Sie brauchen ein neues Besetzungsbüro. Jemand, der Ihnen was Richtiges ranschafft. Mit ’ner
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