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Das Geschenk: Roman

Das Geschenk: Roman

Titel: Das Geschenk: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Kleinen mögen das. Sie kommen sich dann erwachsen und wichtig vor, und dann hören sie auch zu. An manche Passagiere kommt man allerdings nicht ran, egal wie sehr man sich bemüht. Bei den meisten aber hat man Erfolg. Es dauert nur seine Zeit. Entweder man liebt seinen Job, oder der Job frisst einen auf. Das predige ich meiner Tochter ständig.«
    »Regina ist großartig. Da haben Sie was Tolles hingekriegt.«
    »Ja, sie ist wirklich was Besonderes. Mami ist verdammt stolz auf sie.«
    »An Ihnen ist eine Psychologin verloren gegangen.«
    »Inoffiziell bin ich eine. Und ich habe unzählige Patienten.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie kein Engel sind, der zufällig in den Southwest Chief geschickt wurde? Sie sind zu gut, um echt zu sein, und das meine ich mit allem Respekt.«
    »Wissen Sie, Schätzchen, ich bin eine dreiundsechzig Jahre alte fette Frau mit wehen Füßen, zu hohem Blutdruck und ersten Symptomen von Diabetes. Ich weiß, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt, und die kann ich entweder damit verbringen, dass ich trübsinnig herumsitze und mich darüber beklage, dass ich vieles in meinem Leben nicht gehabt habe, oder ich kann etwas tun, das mir Spaß macht, und anderen Leuten helfen. Ich habe beschlossen, weiterzukämpfen, bis mich der Blitz trifft.«
    Sie blieben neben einer Sitzbank stehen. Roxanne stemmte die Hände in die Hüften. »Was haben wir denn hier?«
    Der junge Mann, ungefähr fünfundzwanzig, hatte es sich auf seinem Platz gemütlich gemacht und trug keinen Fetzen Stoff am Leib. Glücklicherweise war der Platz neben ihm frei, und die Wagenbeleuchtung war zum Schlafen bis auf die Notbeleuchtung gelöscht worden, sodass niemand seinen Zustand bemerkt hatte, zumindest nicht bis zu diesem Moment.
    »He, das ist cool«, sagte der junge Mann.
    »Klar ist das cool, wenn man weder Hemd noch Hose trägt.«
    »Wissen Sie, ich komme aus Arizona. Da schlafen alle so.«
    Roxanne blieb ganz ruhig. »Ach ja?« Eleanor hatte den Blick abgewendet, doch Roxanne ließ sich gemütlich neben dem jungen Mann nieder. »Lassen Sie mich eins klarstellen, Freundchen. Wir sind hier nicht in Arizona, sondern in Missouri. Ich weiß, dass Missouri gern als Vorzeigestaat bezeichnet wird, aber Sie haben nichts vorzuzeigen, das ich nicht schon früher gesehen hätte, also brauchen Sie auch nicht damit herumzuwedeln. Wenn Sie sich nicht sofort anziehen, werfe ich Sie aus dem Zug, ehe wir in Kansas City sind.«
    Der junge Mann kicherte triumphierend. »Jetzt hab ich Sie aber erwischt! Der letzte Stopp war La Plata, und bis Kansas City hält der Zug nicht mehr.«
    »Sind Sie ganz sicher?« Roxanne starrte ihn an, bis es dem jungen Mann dämmerte.
    »Sie würden mich doch nicht mitten in der Wüste aussetzen! Das … das können Sie nicht tun …«, stammelte er.
    »Ich würde Missouri nicht gerade eine Wüste nennen. Was meinen Sie, Eleanor?«
    »Stimmt«, sagte Eleanor.
    »Hier leben sehr weit verstreut eine Hand voll Menschen«, fuhr Roxanne fort. »Also ist es nicht die Wüste. Klar, die Farmen liegen weit auseinander, und wir haben Dezember, und es ist verdammt kalt, aber es ist nicht die Wüste. Von da, wo wir Sie rauslassen, müssten Sie gut dreißig Meilen laufen … nach Südwesten, glaube ich, oder war es Nordosten? Jedenfalls finden Sie dann ein Motel oder so was, falls meine Erinnerung mich nicht im Stich lässt. Aber es könnte zurzeit geschlossen sein, denn es ist wirklich verdammt kalt da draußen.«
    »Dreißig Meilen? Bis dahin erfriere ich!«
    »Wahrscheinlich nicht, wenn Sie Ihre Hose anziehen. Und sehen Sie das Ganze doch mal optimistisch. Ich hab was gegen Jammerlappen. Sie sind jung und stark. Wahrscheinlich kommen Sie durch.«
    Die Augen des Mannes quollen hervor. »Wahrscheinlich?«
    Roxanne holte ihr Walkie-Talkie hervor. Sie drückte nicht auf den Einschaltknopf, was zwar Eleanor bemerkte, nicht aber der junge Mann.
    »Hier ist der Zugservice für den Schaffner und den Lokführer. Wir haben hier einen Notfall, einen Eins-vier-eins. Ich wiederhole, einen Eins-vier-eins. Wir müssen halten und einen Fahrgast absetzen. Ende.«
    »Warten Sie!« Der junge Mann geriet in Panik. »Was ist ein Eins-vier-eins?«
    »Tja, Schätzchen, das ist der Eisenbahncode für einen unartigen Fahrgast. In den großen schicken Flugzeugen würde man Sie fesseln, und dann würde man Sie bis zur Landung im Auge behalten, denn in zehn Kilometer Höhe und bei dem Affenzahn von ’nem Flugzeug kann man keine Tür aufmachen und Sie

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