Das Geschenk: Roman
vergessen lassen.
»Tut mir Leid, aber es kommt so überraschend, dich hier zu sehen. Ich dachte, du hättest das Ganze nach der Episode mit Erik zu den Akten gelegt.«
»Sei nicht albern. Lass uns in den Zug steigen und in Ruhe darüber reden. Ich werde dir alles erklären.«
»Alles? Was alles?«
»Später, wenn ich ausgepackt habe.« Lelia reichte ihre Fahrkarte einem der Träger und wies ihn an, ihr Gepäck an Bord zu schaffen; dann belohnte sie die Helfer großzügig mit Geld und einem bezaubernden Lächeln. Sie trug das klassische Hollywood-Outfit: teuer, todschick und auffällig. Die Gepäckträgertruppe von Kansas City würde Lelia in bleibender Erinnerung behalten, da war Tom sicher. Wahrscheinlich hätten die Träger eher sie bezahlt – nur für das Privileg, ihre Gucci-Lederkoffer tragen und sich in ihrer Nähe aufhalten zu dürfen.
Während sie zum Chief gingen, hakte Lelia sich bei Tom unter. »Weißt du, ich bin noch nie mit der Eisenbahn gefahren. Und dann auch noch zu Weihnachten. Wundervoll! Gibt es an Bord einen Masseur? Und einen Schönheitssalon wie auf Kreuzfahrtschiffen?«
»Nein, aber dafür steht in jedem Schlafabteil ein Damebrett. Allerdings muss man seine eigenen Steine mitbringen. Ach ja, und es gibt jede Menge Alkohol – eine wunderbare Sache.«
»Vielleicht kannst du mich ja massieren. Oh, und ich habe auch diesen erotischen Teddy mitgebracht«, fügte sie schelmisch hinzu und lehnte sich an ihn.
Als sie einstiegen, konnte Tom aus den Augenwinkeln Eleanor sehen, die ihn und Lelia aufmerksam beobachtete. Er fühlte sich so hilflos wie selten zuvor.
Schließlich nahm der Chief Abschied von Missouri und rollte ins ebene Farmland von Kansas, während die Dunkelheit tiefer wurde.
Lelia richtete sich in ihrem Schlafwagenabteil ein, wobei sie sich über den Platzmangel beklagte und nach Kabinen mit Mahagonivertäfelung, persönlichen Kammerdienern und ähnlichem Luxus fragte. Barry, der stämmige Schlafwagenbegleiter, war ganz hingerissen von Lelia und versuchte, Eindruck auf sie zu schinden, indem er die Muskeln spannte, die Brust herausstreckte und lässige Stemmübungen mit ihrem Gepäck vollführte, während er sie mit Informationen über den Zug fütterte. Lelia zeigte sich unbeeindruckt und distanziert, ließ jedoch erkennen, dass sie Barry mit einem gelegentlichen Lächeln und vielleicht sogar mit flüchtigen Blicken auf ihre schlanken Beine und die fantastisch geformten Oberschenkel belohnen würde, falls er ihr ein anständiges Teeservice besorgte und sämtliche Mahlzeiten in der Kabine servierte. Und schon marschierte Barry los, wild entschlossen, Lelia jeden Wunsch zu erfüllen.
Tom kam in ihr Abteil, nachdem sie sich dort häuslich niedergelassen hatte.
»Gefällt mir, was du aus dieser Kabine gemacht hast«, sagte er lächelnd.
»Wo wohnst du?«
»Im Schlafwagen für Arme, ein Stück die Straße runter.«
»Du kannst heute Nacht hier schlafen.«
Tom setzte sich auf die Kante des heruntergeklappten Bettes. »Ich muss dir etwas sagen. Ich hätte nicht gedacht, dass es unter solchen Umständen geschehen würde – ich meine, in einem Zug und so –, aber es ist besser, ich sage es dir jetzt und hier.«
Sie legte eine Hand auf seine. »Ich kann mir vorstellen, worüber du sprechen willst. Das ist ja der Grund, weshalb ich hergeflogen bin.«
»Wirklich?« Wie kann sie etwas von Eleanor wissen, fragte sich Tom. »Warum bist du denn hier?«
»Nach dem, was mit Erik passiert ist, war ich wütend auf dich. Stocksauer! Aber es hatte auch seine guten Seiten. Ich meine, erleben zu können, wie eifersüchtig du sein kannst …«
»Danke. Freut mich, dass ich dir dieses Geschenk machen konnte.«
»Nun, ich habe über alles Mögliche nachgedacht. Wir sind jetzt schon eine ganze Weile zusammen, und es müssen gewisse Entscheidungen getroffen werden.«
»Da kann ich dir nur beipflichten.«
»Und ich habe meine Entscheidungen gefällt. Ich wollte es dir nicht am Telefon sagen, aber ich konnte nicht bis Weihnachten warten, denn es könnte unsere Pläne für die Weihnachtstage von Grund auf ändern.«
Tom seufzte erleichtert. »Ich glaube, wir sind beide auf demselben Dampfer.«
Sie beugte sich vor und legte ihm die Hände auf die Schultern. »Tom, ich möchte heiraten.«
Alles, was er dazu sagen konnte, war: »Wen?«
» Dich , Dummkopf. Und tu bloß nicht so, als hättest du ’s nicht gewusst. Schließlich bist du Journalist und solltest die Gabe haben, deine Mitmenschen
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