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Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
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seinem Konto befunden. Als er bei der Bank nachfragte, woher das Geld kam, lautete die Antwort, eines seiner Festgeldkonten sei frei geworden. Er hatte nie ein Festgeldkonto besessen. Es dauerte sehr lange, bis er das Geld anrührte. Und als er es schließlich doch tat, verkaufte er damit ein weiteres Stück seiner Seele. Irgendwann bot ihm jemand diese Dachwohnung an, in der er noch heute wohnte. Fast unmöglich, in einer Stadt wie dieser ohne Beziehungen an eine solche Wohnung zu gelangen. Doch von dem Tag an, als Mimmo Battaglia Raffaele de Caprisi verraten hatte, hatte er Beziehungen, und zwar die besten, die man sich wünschen konnte, ob er sie wollte oder nicht. Und er brauchte nichts dafür zu tun. Niemand rief ihn mehr an, niemand wollte eine Information von ihm. Aber er lebte von diesem Tag in der ständigen Erwartung und Furcht, dass sie kommen würden. Dass er den Preis würde bezahlen müssen. Und seit dieser Junge bei ihm gewesen war, hatte er das untrügliche Gefühl, dieser Tag sei entscheidend näher gerückt.
     
    Salvatore war mit der Rasur fertig. Er tupfte Mimmos feiste Wangen mit einem Handtuch trocken und rieb sie mit Rasierwasser ein. Mimmo stand auf und ging zur Kasse. Während er den üblichen Betrag mit Trinkgeld auf den Tresen legte, warf er Salvatore einen überraschten Blick zu. Jetzt benahm er sich definitiv merkwürdig. Er ließ das Geld unberührt zwischen ihnen liegen und schien Mimmo gar nicht mehr zu beachten. Stattdessen huschte er zur Ladentür, und nachdem er furchtsame Blicke in beide Richtungen der Straße geworfen hatte, sperrte er sie mit einer hastigen Bewegung zu.
    Mimmo warf einen alarmierten Blick durch den kleinen Laden, doch es war niemand da. Seine Augen blieben an einem Durchgang auf der Rückseite des Raumes hängen, der von einem Vorhang aus bunten Polyesterschnüren verdeckt war. Wie gebannt starrte er darauf, gefasst, jederzeit in die Mündung eines Gewehrlaufs zu blicken. Doch nichts geschah. Er drehte sich zu Salvatore um, der in unterwürfiger Stellung hinter den Tresen zurückgekehrt war und jetzt das Geld langsam in seine Hemdtasche steckte.
    »Was soll das?« Mimmo versuchte, herrisch zu klingen, um sein Unbehagen zu verbergen.
    »Jemand will sie sprechen, Signor giornalista .«
    »Ja und«, blaffte ihn Mimmo an und spürte, wie ihm zwischen den Schulterblättern und an den Schläfen der Schweiß ausbrach. »Wer soll das sein?«
    Stumm deutete Salavatore auf den Vorhang, den Mimmo zuvor schon im Auge gehabt hatte. Also hatte dort drinnen die ganze Zeit jemand auf Mimmo gewartet, während er sich seelenruhig hatte rasieren lassen, und Salavatore hatte es gewusst. Unwillkürlich fuhr Mimmos Hand an seinen Hals, als er an das glänzende Rasiermesser dachte.
     
    Der Raum hinter dem Vorhang war düster, nur durch ein winziges Fenster erhellt, das in eine der Gassen hinausging, die von der Via Sabrina in die Altstadt führten. Regale mit Toilettenartikeln, Rasierschaum, Shampoo und Haarfärbemitteln füllten das Zimmer fast ganz aus. Es roch nach Chemie und schwach nach Minze, dem Geruch, den Mimmo bis soeben noch als so angenehm empfunden hatte und den er in der Zukunft immer mit dem Mann in Verbindung bringen würde, der unter dem Fenster saß und auf ihn wartete. Er stand nicht auf, als Mimmo hereinkam, und sprach ihn auch nicht an. Stumm wartete er, bis Mimmos dickliche Gestalt vor ihm stand, dann befahl er knapp und mit leiser Stimme. »Schließ die Tür!«
    Mimmo drehte sich gehorsam um und bemerkte, dass es außer dem Vorhang auch eine Tür gab, und schloss sie vorsichtig. Er warf einen kurzen Blick nach draußen in den Laden und sah Salvatore noch immer am gleichen Fleck hinter seinem Empfangstresen stehen. Er hielt seinen Kopf gesenkt, um ja nicht in seine Richtung sehen zu müssen, und wirkte wie erstarrt. Wie die ausgestellte Wachsfigur eines typischen Barbiere in seinem Laden.
    »Setz dich!«
    Mimmo Battaglia setzte sich. Seine Hände zitterten, und er versteckte sie zwischen seinen Oberschenkeln. Dann wartete er. Er wusste, wer der Mann war, der so entspannt und elegant vor ihm auf dem wackligen Gartenstuhl saß, als befände er sich in der Lounge des Gritti in Venedig und nicht im Hinterzimmer eines schäbigen Friseurladens im Altstadtviertel von Reggio di Calabria.
    Es war Orazio Sant’Angelo persönlich, der sich die Mühe gemacht hatte, sich hier mit ihm zu treffen. Das Oberhaupt, der Boss der Bosse. Der mächtigste und gefährlichste Mann in

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