Das Gesetz des Irrsinns
vom »Municipiul« Galati an der Donau (siehe Anhang 1 ), im weiteren Verlauf sodann bei einem Transportflug-Geschwader, zumeist mit dem Ziel Minsk (Versorgungsflüge, siehe Anhang 2 ). Borowski leistete Dienst bis zu einer Infektion mit Malaria quartana; nach längerem Lazarettaufenthalt erfolgte Rückstellung für den Dienst an der Heimatfront, wobei er rasch zum Lehrgangsoffizier avancierte, dies auch an der Akademie der Luftwaffe.
Borowski wurde in spontaner Entscheidung des Reichsmarschalls zum Persönlichen Adjutanten z.b.V. ernannt; Dienst- und Wohnraum in einem Seitenflügel des Waldhofs Carinhall. Unter anderem muss er Anrufe auf der Sonder-Fernsprechleitung entgegennehmen. Frau Limberger, Leiterin der Abteilung II (Zentralsekretariat und privater Sektor des Reichsmarschalls), hat einen eigenen, speziell bei Galeristen und Kunsthändlern (wie Böhmer oder Graupe) bekannten Telefonanschluss. Eine Zeitlang waren auch Anrufe auf der Sonderleitung zu ihr durchgestellt worden. Was vielfach als merkwürdig bzw. fragwürdig empfunden wurde: In der Residenz des Oberbefehlshabers der Luftwaffe wird eine männliche Stimme erwartet. Borowski ist dazu angehalten, sich jeweils mit seiner als sonor geltenden Stimme unter Nennung des militärischen Dienstgrades zu melden. Damit soll der Eindruck erweckt werden, es handle sich beim Refugium Carinhall auch um eine militärische Dienst-, ja Leitstelle.
Wie schon seit geraumer Zeit registriert, ist die Sonder-Fernsprechleitung so gut wie abgekoppelt; Offiziere höherer Ränge, die Fragen stellen oder Informationen vermitteln, sie wenden sich längst an das OKL oder RLM . Borowski obliegt es nun, verbliebenen Fernsprechteilnehmern der Sonderleitung plausibel zu machen, weshalb RM zurzeit telefonisch mal wieder nicht zu erreichen sei. So werden Pirschgänge als Dienstreisen ausgegeben und Phasen anhaltenden »Winterschlafs« als Mitwirkung bei der Entwicklung neuer Waffensysteme – dies, versteht sich, streng abgeschirmt.
Zu den Kontakten zwischen Roggenkamp und Borowski: Auch außerdienstlich verbindet sie Begeisterung für die Fliegerei, speziell für Fernaufklärung; hinzu kommt verbindendes Interesse an technischen Entwicklungen. Sowie am anderen Geschlecht.
Telefonische Verständigung zwischen ihnen findet lediglich zum Austausch von Regularien statt, etwa der Verabredung zur gemeinsamen Nutzung der Badehütte am Döllnsee oder zum Eisstockschießen auf dem Wuckersee mit anschließender Einkehr in einem Gasthaus. Relevante Mitteilungen sowie der Transfer von Überwachungsergebnissen der diversen Erfassungs- und Auswertungsabteilungen des FA erfolgen über einen Kurier-Kradfahrer.
Zur Person: Frank Hubalek war vor dem Kriege Mechaniker in der Pkw-Branche, wurde von der Luftwaffe eingezogen, ist betraut mit der Wartung von Dienstfahrzeugen des FA , einschließlich der Daimler-Benz-Generatorwagen.
Hubalek gilt, in engerem Kreis, als Hallodri. Er hatte, mit zwei Freunden und drei Hitlermädels, einen Swingclub gegründet, in dem verbotene englische und amerikanische Tanzmusik abgespielt wurde, bis die Sache aufflog. Diese Erwähnung erfolgt, weil eine gewisse Verbundenheit besteht zwischen Oberleutnant Borowski und Feldwebel Hubalek, speziell in der gemeinsamen Vorliebe für sog. Swing.
Charakteristisch ist für Hubalek des Weiteren eine fast manische Hinwendung zum weiblichen Geschlecht (»schneidige Mädels hacken«). Als stereotype »Aufforderung zum Tanz« pflegt er die ausersehenen Opfer auf anzügliche Weise mit einem Schlager der vormaligen »Comedian Harmonists« anzusingen (Stichworte »Badewasser schlürfen … Oberweite messen … massieren …«). Auch neigt er, dies eher sang- und klanglos, zu unvermittelten Übergriffen, selbst bei Wehrmachtshelferinnen im Bürodienst, wenn sie, mit Aktenordnern beladen, durch einen der engen Flure eilen. Ihm wird nachgesagt, er »puffe jedes deutsche Mädel an«. Nachdem diesbezüglich mehrere Beschwerden beim Amtsleiter eingegangen waren, musste er die Tätigkeit als FA -Hausbote beenden und in die Kfz-Werkstatt des Nachrichtendienstes überwechseln. Dort hat er kaum noch Gelegenheit, während der Dienstzeit dem weiblichen Geschlecht nachzustellen.
In seiner Arbeit gilt er freilich als zuverlässig. In steigendem Maße geschätzt wird auch seine Fähigkeit zur Improvisation. Selbst Ersatzteile von Seltenheitswert kann er in kürzester Zeit beschaffen, vorausgesetzt er wird »ausstaffiert« mit Zigaretten oder Alkohol.
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