Das Gesetz des Irrsinns
unter strengster Geheimhaltung mit einem denkbar kleinen Kreis von Eingewiesenen durchgeführt werden, um den vollen Überraschungseffekt zu sichern. Also Funktäuschung, ansonsten Funkstille. Um nicht vom feindlichen Radar erfasst zu werden, war Tiefstflug angeordnet. Eine erhebliche Zahl von Abstürzen, weil die vielfach ungeübten Piloten sich nicht formieren konnten. Damit Verzögerungen, und so wurden vereinbarte Überflugzeiten über unsere Flakbatterien hinweg nicht eingehalten, etliche Batterien waren überhaupt nicht instruiert, und so wurden 184 (in Worten: einhundertvierundachtzig) Flugzeuge der Luftwaffe von unserer Flak abgeschossen! In der nächsten Phase kamen Abschüsse durch britische und amerikanische Jäger hinzu. Im allgemeinen Durcheinander behinderten sich Flugzeugführer gegenseitig, kamen sich wortwörtlich in die Quere – zwei Fünftel der Gesamtverluste ohne Feindeinwirkung! Wir verloren insgesamt ein Drittel der eingesetzten Flugzeuge.
Bei Kammhubers Rapport wurden »in einem Aufwasch« weitere Zahlen genannt. Allein im September hat die Luftwaffe 3500 Flugzeuge verloren. Und: Im Westen können die Alliierten etwa 12 000 Bomber und Jäger zum Einsatz bringen, gegen die wir numerisch bloß 410 Jäger aufzubieten haben, von denen derzeit lediglich 280 einsatzbereit sind. Im Süden sieht es noch bedenklicher aus. Etwa 5000 Bombern und Jägern kann Luftflotte II knapp 100 Tagjäger entgegensetzen.
An solchen Zahlen kann selbst der fanatischste, durch Harlan gesteigerte Siegeswille nichts ändern. Die ausgefächerten Kondensstreifen der alliierten Luftflotten überziehen mittlerweile das gesamte Reichsgebiet mit einer geschlossenen Dunstschicht. Die wird auch der machtvoll erklingende Schluss-Choral des K-Films (Niederländisches Dankgebet?) nicht wegblasen können.
Verstummen in Carinhall. Und ein todtrauriger Neujahrsgruß an Euch im Rest- FA . Uwe.
Weitere Ergänzung unseres Faszikels: Kurze Zusammenstellung einiger Ergebnisse aus unserer immer öfter, immer stärker gestörten Telefonüberwachung. Mitschrift erfolgt wegen Papiermangel nur noch stichwortartig.
Sowohl unzufrieden mit der von Liebeneiner erstellten Schnittfassung des K-Films wie mit den von Harlan termingerecht nachgereichten Vorschlägen übernahm Dr. G. Anfang des Jahres wie angekündigt die Kontrolle über weitere, nun wohl definitive Schnitte.
Seit auch die Schneideräume in Neubabelsberg demoliert sind, wurde in einer Ecke des saalweiten Büroraums des Reichspropagandaministers ein Schneidetisch aufgestellt, an dem, unter seiner persönlichen Aufsicht, von Marianne Beheim, einer versierten Cutterin, die erwünschte Schnittfassung erstellt wird.
Nach erneutem schwerem Terrorangriff ließ Dr. G. den Schneidetisch im Bunker des Dienstsitzes aufstellen, und zwar in dem für Arzt und Sanitäter vorgesehenen Sonderraum.
Einzelheiten zu den ausgeführten Schnitten entziehen sich unserer Kenntnisnahme, sind aber auch nicht weiter relevant. Der Minister hat jedenfalls angeordnet, zum Entsetzen von Harlan: Schnittmaterial wird nicht archiviert.
Harlan: Aber dann wird ein Produktionsanteil von bald zwei Millionen Mark vernichtet!
Dr. G.: Na, die schreiben wir halt auch noch auf die allgemeine Verlustliste.
Sehr geehrter Major Roggenkamp! Wundere Dich nicht über die formell korrekte Anrede, der folgende Beitrag zum Faszikel D r G / VH muss, in Anbetracht seiner Bedeutung, mit solch einer Intrada erfolgen.
Denn: RM feierte vorgestern seinen Geburtstag. Da Hitler das Reichskanzlerpalais (damit den leichten und raschen Zugang zum Bunker) nicht verlassen wollte, erschien Goebbels in Stellvertretung. Naturgemäß kühle Begrüßung, beiderseits souverän überspielt. Viel Luftwaffenprominenz.
Weshalb ich den kleinen Festakt erwähne: RM stellte der Runde seine Pläne vor für das Hermann-Göring-Museum, das auf hiesigem Areal erbaut und am 12 . Januar 1953 , zu des Reichsmarschalls sechzigstem Geburtstag, eröffnet werden soll.
Zweiter Anlass meines Schreibens: Gestern Abend fand eine rasch anberaumte dienstliche Besprechung statt, erneut im kleinen Arbeitszimmer – womit einerseits Vertraulichkeit signalisiert wird, andererseits Dringlichkeit. Auf die Mitnahme von Rotspon wurde explizit verzichtet, nur ein Fachinger durfte von mir auf die faustdicke Eichenholzplatte des Schreibtischs gestellt werden, auf gesticktem Untersatz.
Ich nahm das kunstwerkfreie Ambiente (bis auf das künstlerisch kaum herausragende
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