Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
abgesehen von den provisorischen Hütten, die die Unwetter fast jedes Jahr zerstören – drei oder vier solidere Häuser. Glauben Sie, das würde auch die Damen interessieren?«
»Ist das Viertel denn nicht gefährlich für sie?«
Eigentlich war Rasser auf eine förmliche Einladung bei einem Mitglied der Aristokratie auf der anderen Seite der Brücke scharf, doch er wollte seine Gesprächspartnerin nicht beleidigen, indem er auf ihr Angebot verzichtete. Schließlich war es das erste Zeichen einer Öffnung, das von einer Ta-Shimoda ausging. Trotzdem wollte er seine Familie nicht dem Risiko aussetzen.
»Warum sollte es gefährlich sein?«, fragte Oda erstaunt.
»Kapitän Aber hat uns gleich zu Beginn unseres Aufenthalts gewarnt, dass es riskant sein könnte. Und nach den Toten, die auf das Konto dieser dummen Patrouille gehen, bin ich davon überzeugt, dass wir nicht mit offenen Armen empfangen werden.«
»Kein Sorge«, versicherte Suvaïdar. »Die Asix stecken Sie nicht alle in einen Sack. Ich bin sicher, dass diejenigen, die für Sie arbeiten, sich weiterhin höflich und zuvorkommend verhalten haben.«
»Das stimmt, aber sie weigern sich, die Zimmer der Soldaten zu betreten.« Rasser rang sich ein Lächeln ab. »Aber ich nehme Ihr Angebot sehr gern an. Wann ist die Besichtigung möglich?«
»Wenn Ihre Zeit es erlaubt, können wir sofort dorthin gehen.«
»Sollte man denn nicht vorher mit der Familie sprechen, die wir besuchen?«
»Ihnen Bescheid sagen? Das ist nicht nötig.«
»Dann rufe ich die Damen. Sie brauchen bestimmt eine Stunde, um sich zurechtzumachen. Sie wissen ja, wie Frauen sind ...«
Er unterbrach sich und schaute seine Gesprächspartnerin an. Nein, sie hatte es absolut nicht nötig, sich zurechtzumachen, wenn sie irgendwohin wollte. Doch allem Anschein nach legte sie keinen gesteigerten Wert auf ihr Äußeres. Statt Sachen zu tragen, die ihre Weiblichkeit hervorhoben, war sie unmöglich angezogen: Sie trug eine formlose Hose, die genauso aussah wie die der Männer und die der Asix, sowie unästhetische Stiefel aus einem groben Material, mit Seilbändern verschnürt. Sie sah aus wie ein Arbeiter aus einer historischen Holovid-Serie.
Und Aristokrat oder nicht, die Shiro-Frauen hatten keinerlei Ähnlichkeit mit den sinnlichen Schönheiten, die auf den zentralen Planeten lebten. Abgesehen davon, dass sie so dünn wie Nägel waren – zumindest einige von ihnen, die er ohne Mantel gesehen hatte –, hatten sie auch noch die Angewohnheit, lange Schritte zu machen und mit lauter, fester Stimme zu sprechen. Nach Rassers Ansicht fehlte ihnen dieses zerbrechliche, zarte Feminine, das ihn bei allen anderen Frauen so faszinierte.
»Soll ich um eine militärische Eskorte bitten?«, fragte er.
»Das scheint mir nicht angezeigt. Die Asix haben nicht vergessen, was im letzten Jahr passiert ist. Und Sie sind gut beraten, wenn Sie dieses Jahr die Patrouillen nicht wieder einführen.«
»Kapitän Aber hatte die Absicht, mit Beginn der Regenzeit die Patrouillen wieder laufen zu lassen. Doch man munkelt, er sei im Sommer krank geworden. Ich weiß nicht, was er hat. Er war nicht beim Arzt, und niemand hat ihn gedrängt, sich untersuchen zu lassen. Aber macht er den Eindruck, als bewege er sich in anderen Sphären. Er hat die Patrouillen vergessen, und ich werde ihn ganz sicher nicht daran erinnern.«
Rasser verließ das Zimmer mit großen Schritten. Sie hörten, wie er mit seinen Frauen und seiner Tochter sprach. Oda schaute seine Schwester an und warf ihr einen wissenden Blick zu.
Suvaïdar murmelte: »Ja, du hattest recht. Was haben sie ihm gegeben?«
»Eine Mischung, die dein Sei-Hey für mich zusammengebraut hat und die Kapitän Aber davon überzeugen konnte, dass er irgendeinen komplizierten Schmuggel organisiert. Deshalb ist erbereit, einen unverschämten Preis zu zahlen, der die Kassen der Jestaks und Huangs wieder füllen wird. In der Mischung stecken einige Pilzsporen, eine gute Dosis Mohn aus Sovesta und ein paar Blätter, die die Sekretion von was weiß ich anregen. Tja, es hat funktioniert! Aber erkläre mir, warum du so nett wie eine Asix-Pflegemutter bist und einverstanden warst, die Sitabeh in ein Haus zu lassen? Geht es wieder mal um Politik? Oder ...«
Plötzlich unterbrach er sich. Am Rand seines Gesichtsfeldes nahm er in Brusthöhe eine Bewegung wahr. Als er sich umdrehte, war vor ihm eine Lichtblume, die etwa anderthalb Meter über dem Boden schwebte.
»Was ist das denn?«
»Ich
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