Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
finden Sie nicht auch? Welche Art von Musik bevorzugen Sie?«
Oda dachte an die Pfeifen, die die Viehhüter benutzten, um den Hirtenhunden ihre Befehle zu übermitteln. Es kam vor, dass die Asix Spaß daran fanden, ohne Grund auf diesen Flöten zu spielen und modulierte Töne von sich zu geben. Er kannte das Wort in der Universalsprache nicht und antwortete deshalb:
»Wir haben etwas, in das wir pusten.«
»Ach? Ein Orchester, das ausschließlich aus Blasinstrumenten besteht?«, rief die erste Ehefrau Rassers aus. »Das ist wirklich originell! Ich würde gern einmal ein Konzert besuchen.«
Oda rief sich ins Gedächtnis, wann er das letzte Mal den schrillen Ton einer Pfeife gehört hatte. Es war auf dem Fest der drei Monde gewesen, als er mit den Asix-Mädchen sein Bett in den Dünen aufgeschlagen hatte. Er sah plötzlich die eingebildete Frau Rasser vor sich, all ihrer bunten Gewänder beraubt, mit einem gedrungenen, behaarten Asix, der sich an ihren Rundungen zuschaffen machte. Nur mit Mühe gelang es ihm, ein Lächeln zu unterdrücken.
Zum Glück war das Spektakel von Sorel Fawzi zu Ende. Man sah jetzt zwei Männer, die eine obskure Debatte führten.
»Das ist Politik«, sagte Arsel enttäuscht. »Können wir nicht irgendwas Interessanteres gucken?«
»Pssst! Das ist wichtig«, antwortete ihr Vater schroff.
Oda interessierte sich nicht für die Politik auf Neudachren, doch er versuchte, sich alles zu merken, um es dann Suvaïdar erzählen zu können. Hoffentlich konnte sie etwas damit anfangen. Es ging um die komplizierte Geschichte eines mutmaßlichen Wahlbetrugs und um politische Allianzen, wie der Botschafter, den das Interesse des Shiro schmeichelte, ihm zu erklären versuchte.
»Bleiben Sie doch zum Essen«, bat ihn Arsel. »Es ist schön, mal ein anderes Gesicht am Tisch zu sehen.«
»Ja, bleiben Sie«, bat ihn auch Rasser. »Ich verspreche Ihnen, dass wir Ihnen dieses Mal ein strikt vegetarisches Essen servieren.«
Aber Oda zog es vor, sich zu verabschieden. Doch bevor er ging, suchte er die Küchen im Freien auf, um die Asix nach den letzten Neuigkeiten zu befragen.
»Rasser ist zufrieden«, teilte der Älteste der drei ihm mit.
Oda stellte erstaunt fest, dass die Meinung der Asix über den Botschafter sich gebessert haben musste, weil sie seinen Namen verwendet hatten statt einen dieser pejorativen Vornamen, die den Außenweltlern vorbehalten waren.
»Ist es nicht zu unerfreulich, für sie arbeiten zu müssen?«
»Sie sind sehr unwissend, das stimmt, und es kommt vor, dass sie uns kränken, weil sie die grundlegenden Regeln des Zusammenlebens nicht kennen, aber bei Dingen, die sie nicht kennen oder verstehen, lohnt es sich nicht, sich aufzuregen. Dass die Armen in eine barbarische Welt geboren wurden, dafür können sie ja nichts«, antwortete eine der Frauen voller Mitleid. »Es muss wirklich eine sehr üble Welt sein. Abgesehen davon, dass es auf ihren Planeten keine Shiro gibt, wissen sie nicht einmal, was die Solidarität eines Clans bedeutet. Wenn sie krank werden, rufensie einen Arzt, und meist ist es ein männlicher Doktor aus irgendeiner Familie. Und sie müssen ihn bezahlen – sie selbst, nicht die Saz Adaï! Als wenn jemand, der das Unglück hat, krank geworden zu sein, auch noch eine Jestak bezahlen müsste!«
Nach seiner Rückkehr erzählte Oda die Neuigkeiten von Neudachren seiner Schwester, die er im Gemeinschaftsraum vorfand, wo sie damit beschäftigt war, einen Riss in einer Kinderhose zu flicken.
»Leider habe ich mich nicht besonders für die Politik interessiert, als ich auf Wahie lebte«, sagte Suvaïdar, nachdem ihr Bruder geendet hatte. »Nun aber würde ich mich gern damit beschäftigen. Sobald es mir besser geht, werde ich mir von Rasser erklären lassen, was das alles zu bedeuten hat.«
»Gehen wir zu den Bädern?«
»Ich darf noch nicht ins Becken, die Wunde ist nicht vollständig vernarbt.«
»Aber du darfst duschen, oder?«
»Nur wenn der Arzt es erlaubt«, intervenierte Saïda, der mit seiner Leinentasche auf den Schultern hereinkam. »Lass sehen.«
Suvaïdar freute sich, die Näharbeit, mit der man sie an diesem Tag betraut hatte und die sie hasste, zur Seite legen zu können. Begleitet von zwei Männern, ging sie in ihr Zimmer. Auf dem Weg dorthin wurde das merkwürdige Phänomen – der einzige männliche Arzt auf Ta-Shima – mit gespielter Gleichgültigkeit gemustert.
Sie setzte sich auf ihre Matte und zog die Tunika aus. Als die Hand Saïdas beim
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