Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
kannst. Die alte Huang persönlich hat mich nach deinem Befinden gefragt.«
Also hatte Middael keine Zeit verloren. Er hatte die Neuigkeit sofort nach ihrer Begegnung im Flur der Alten übermittelt. Merkwürdig war das schon, denn eine banale Tatsache wie eine Verletzung im Duell rechtfertigte eine solche Eile nicht. Und die Tatsache, dass Odavaïdar wissen wollte, wie es ihr ginge, war nicht weniger überraschend. Vielleicht hatte sie aber auch auf die Antwort gehofft, dass Suvaïdar im Sterben lag.
Eine Idee nahm Gestalt an, aber nur schemenhaft. Ihr Kopf fühlte sich so leer an, als hätte sie von den Sporen der Cormarou-Pflanze gegessen. Sie war zu müde, um nachzudenken und beschloss, sich auszuruhen, bis es ihr besser ging. Dann erst fiel ihr ein, dass sie Odas Frage noch gar nicht beantwortet hatte.
»Großartig«, sagte sie. »Dann erübrigt sich ja die Frage, wie meine Wertschätzung bei der Alten nach dem zweiten Duell steigen wird.«
»Was für ein zweites Duell?«
»Ich habe Kilara eine Kampfansage gemacht. Wir werden uns duellieren, sobald ich wieder vollends bei Kräften bin.«
»Du hast wohl den Verstand verloren!«
Oda musste schon sehr wütend sein, um so laut zu werden und seine Höflichkeit abzulegen, auf die er in ihrer Beziehung stets großen Wert gelegt hatte.
»Kilara hat mich eine halbe Sitabeh geschimpft. Andere bezeichnen mich als halbe Asix. Ich habe genug davon, immer als irgendwie anders betrachtet zu werden. Glaub mir, ich habe keine Lust, mich zu schlagen, vor allem jetzt nicht, aber ich weiß nicht, wie ich mich dem entziehen könnte, wenn ich weiter auf Ta-Shima leben möchte.«
»Dann fordere dieses Mal wenigstens nicht die Blutklingen!«
»Warum glaubt ihr eigentlich alle, das Recht zu haben, mir ein und denselben Rat erteilen zu dürfen, und stets im Befehlston? Wie würdest du darauf reagieren?«
»Wer hat es dir denn sonst noch gesagt?«
»Tarr Huang. Er kam mich besuchen. Offenbar nur, um mir zu sagen, dass ich eine grauenhafte Fechterin bin.«
»Tarr? Du solltest dich bei ihm bedanken, dass du schnell ins Lebenshaus gekommen bist. Er hat nicht gewartet, bis das Modul des Hospitals hier war. Er hat dich auf die Arme genommen und ist mit dir dorthin gelaufen.«
»Aber ich nehme keine Befehle von ihm an, und auch nicht von jemand anderem. Ich bin eine Shiro, ich kämpfe, wann ich will und wie ich will.«
Oda wollte etwas entgegnen, sagte dann aber doch nichts.Suvaïdar war wütend, und er wusste, dass sie nur noch bockiger wurde, wenn er ihr widersprach.
Es war gut, dass in diesem Moment die Saïda mit einem Beutel voller Medikamente und Instrumente kam.
Oda machte sich auf den Weg zur Akademie des Inneren Friedens.
*
»Wie geht es dir?«, fragte Saïda lächelnd.
»Ich fühle mich wie Hundefutter, wenn du es genau wissen willst. Ich bekomme nicht genug Luft, und mein Kopf dreht sich. Ich kann nicht mal zu den Bädern gehen.«
»Das wäre ohnehin zu nichts gut. Du weißt sehr genau, dass du in deinem Zustand nicht baden darfst.«
Während er weitersprach, hatte er das Bettlaken zur Seite geschlagen und den Verband vorsichtig abgenommen. Zufrieden stellte er fest, dass die Wunde bereits verheilte. Er horchte Suvaïdar ab und tätschelte ihren Brustkorb.
»Es ist nicht nötig, weitere Untersuchungen zu machen«, erklärte er. »Der Pneumothorax ist in Ordnung. Du bist aber noch ein wenig schwach, weil du Blut verloren und hohes Fieber gehabt hast. Ich denke, dass du morgen aufstehen kannst.«
»Erkundige dich bitte, ob es eine Arbeit für mich gibt, bei der ich sitzen kann.«
»Du hast das Recht, dich auszuruhen.«
Suvaïdar schüttelte den Kopf. »Das ist eine Kampfwunde. Es ist nicht nötig, dass der Clan darunter leidet. Ich werde meine Arbeit wieder aufnehmen, selbst wenn es nur im Haus ist.«
Saïda stimmte zu. »Möchtest du, dass ich heute Nacht hierbleibe?«, fragte er dann.
»Glaubst du, ich bin in der Stimmung, mich im Bett zu amüsieren?«
»Ich frage als Arzt und Sei-Hey«, antwortete Saïda würdevoll. Er war neben Oda der einzige Shiro, mit dem sie manchmal die Matte teilte. »Ach ja, beinahe hätte ich’s vergessen. Ich wollte dirja etwas geben ...« Er reichte ihr zwei schöne Rosenpflaumen, die ersten der Saison, die in einem großen blauen Blatt eingewickelt waren. »Im Auftrag von Lara. Sie ist so stolz auf dich, das es beinahe schon lächerlich ist.«
»Welchen Grund hat sie denn, stolz auf mich zu sein? Schließlich hatte ich
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