Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
alle Welt einem Shiro Platz machen muss, durch die kleine Gruppe, um an den Essensverteiler zu gelangen. Die Raumfahrtbegleiter verbeugten sich tief und grüßten mit einem höflichen »Shiro Adaï«; dann gingen sie rasch hinaus, um ihre Mahlzeit zu sich zu nehmen. Oda programmierte am Essensverteiler zwei vegetarische Standardrationen und zwei Vitamingetränke; dann schickten er und Suvaïdar sich an, den Raumschiffbegleitern zu folgen. Dabei stießen sie fast mit den Damen aus der Botschafterfamilie zusammen, die soeben die Kombüse betreten wollten. Oda grüßte kurz und wollte mit den beiden Tellern die Kombüse verlassen, als die erste Ehefrau von Rasser ihn davon abhielt:
»Wohin wollen Sie? Essen Sie denn nicht hier?«
»Ich glaube verstanden zu haben, dass Seine Exzellenz diesen Raum für sich und sein Gefolge reserviert hat«, antwortete Oda.
»Ja, aber das gilt nicht für die Passagiere. Wir wollten einfach nur ungestört von den Eingeborenen unsere Mahlzeiten zu uns nehmen.«
»›Eingeborene‹, sagten Sie? Sprechen Sie etwa von uns, den Ta-Shimoda?«
»Oh, ich ...« Die Dame lief tiefrot an. »Sie haben absolut keine Ähnlichkeit mit ... ich meine, Sie sehen nicht so aus wie ...«
»Ich bin ein Shiro.«
Damit verließen Oda und Suvaïdar, die die drei Frauen des Botschafters keines Blickes gewürdigt hatte, die Kombüse.
»Glückwunsch, Oda.« Suvaïdar öffnete die Tür zum Raum, in dem die beiden Asix sich gerade auf die Matte setzten.
»Wozu?«
Oda nahm vorsichtig auf einem Kissen Platz und stellte die beiden Teller auf den flachen Tisch. Seine Schwester kniete auf einem anderen Kissen und begann zu essen.
»Dafür, wie sie dich angesehen haben«, antwortete Oda. »Hätten Sie eine Daïbanblume dabeigehabt, sie hätten sie dir bestimmt gegeben.«
»Nein, danke. Ich habe die Dauer von zwei Trockenzeiten in der fremden Welt verbracht, O Hedaï, und ich habe jede Minute gehasst. Ich hatte Angst vor der Kälte und der trockenen Luft, vor dem Sonnenlicht, das in den Augen brannte, vor dem Geruch der Speisen, vor der niederträchtigen Art der Menschen und vor den fremden Studenten, die auf uns herabsahen, weil sie uns für unterentwickelt hielten. Vor allem aber habe ich die Frauen gehasst – diese Anhäufung von völlig überflüssigem Zeug. Außerdem stinken sie.«
»Was redest du da? Sie sind bloß süchtig danach, sich zu parfümieren.«
»Irgendetwas müssen sie ja tun, um den säuerlichen Geruch ihrer weißen Haut und den Gestank der toten Tiere zu überdecken, die sie essen. Wenn sie schwitzen, riecht man das.« Er verzog angewidert das Gesicht. »Außerdem sind sie einfältig und oberflächlich und können nichts anderes als kichern und ihre Zeit mit dummem Geschwätz verplempern. Ich habe kein einziges Mal mit einer von ihnen die Matte geteilt. Oder besser gesagt, eines der unbequemen Betten, in denen sie versinken. In den Zimmern der Studenten gab es keine einzige Matte, und ich habe keine Lust, diese Erfahrung noch einmal zu machen. Da lobe ich mir doch«, Oda senkte die Stimme, damit die beiden Asix ihn nicht hörten, »die struppigen Asix-Frauen. Sie sind wenigstens in der Lage, nützliche Arbeit zu verrichten. Das ist in meinen Augen viel wertvoller, als sein Leben ausschließlich damit zu verbringen, alles zu tun, um den Männern zu gefallen.«
»Aber sonst magst du die Asix nicht?«
»Doch, auf jeden Fall. Aber meine Matte teile ich lieber mit einer Shiro-Frau.«
Suvaïdar war erstaunt. Sie konnte nachvollziehen, dass die Frauen der anderen Planeten ihrem Bruder nicht gefielen, obwohl man – objektiv betrachtet – auch unter ihnen einige Schönheiten entdecken konnte. Doch zwischen diesen Frauen und dem Schönheitsideal der Ta-Shimoda lagen Welten.
Aber die Asix! Es war normal, dass Jugendliche Gefährten hatten, die der anderen Rasse angehörten. Später hatte das Institut für Gentechnologie festgelegt, welche Asix-Frauen aufgrund ihrer regressiven Anlagen nur von einem Shiro Kinder bekommen durften. Man konnte sich natürlich künstlich befruchten lassen, aber im Allgemeinen wurden die natürlichen Methoden lieber gesehen. Suvaïdar liebte die kleinen und kräftigen Asix mit ihren kurzen, wuchtigen Gliedmaßen ganz besonders. Sie waren so anders als die ranken und schlanken Shiro. Die Mehrheit der Shiro teilte Suvaïdars Meinung. Sie alle hatten eine Asix-Pflegemutter gehabt und waren mit Asix-Kindern aufgewachsen. Ihre stämmigen Körper und der Geruch ihrer Haut
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