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Das Gesicht der Anderen

Das Gesicht der Anderen

Titel: Das Gesicht der Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Barton
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wieder irgendwie in Ordnung käme. Seit siebzehn Jahren hatte er nicht mehr so tief für einen anderen Menschen empfunden. Es gab eine Zeit in seinem Leben, da hätte er Amy Smith die Welt zu Füßen gelegt. Er wollte sie lieben, sie beschützen und ihr alles geben, was ihr Herz begehrte.
    “Ich kann die Vergangenheit nicht verändern”, sagte Tessa ruhig. “Wenn ich es könnte, würde ich es tun. Ich hatte keine Kontrolle über das, was mir zugestoßen ist. Aber du bist nicht die Tochter dieses schrecklichen Mannes. Hörst du? Du bist
meine
Tochter. Du bist Leslie Anne Westbrook. Du bist schön und intelligent und lieb und liebenswert. Ich liebe dich. Dein Großvater liebt dich.” Mir ausgestreckten Händen ging Tessa vorsichtig einen Schritt auf ihre Tochter zu. “Jeder, der dich kennt, liebt dich, mein Schatz.”
    Leslie Anne wich weiter zurück, bis sie mitten im Raum stand, nicht weit entfernt von der Tür, die hinaus auf die Terrasse führte. “Hast du dich auch um mich gekümmert, als ich ein Baby war? Hast du mich gebadet und gefüttert und mich in den Schlaf gewiegt? Ich wette, du konntest mich nicht ansehen, ohne an ihn zu denken!”
    “Wenn ich dich ansehe, sehe ich meine Tochter. Meine süße, kleine Leslie Anne.”
    “Du hast meine Frage nicht beantwortet.”
    “Als kleines Baby hattest du eine Nanny”, musste Tessa zugeben. “Erinnerst du dich nicht an Leda? Sie war bei uns, bis du sechs Jahre alt warst.”
    “Natürlich erinnere ich mich an sie”, sagte Leslie Anne. “Aber ich erinnere mich auch, dass du dich auch um mich gekümmert hast. Du hast mich gebadet und mir Gutenachtgeschichten vorgelesen, und wir haben mit Eustacia Plätzchen gebacken und …”
    “Tessa hatte als kleines Mädchen auch eine Nanny”, sagte G. W. “Alle Kinder der Familie Leslie hatten ein Kindermädchen.”
    “Als du ganz klein warst, konnte ich mich noch gar nicht selbst um dich kümmern”, sagte Tessa. “Ich … ich war weder physisch noch psychisch in der Lage, mich um ein Kleinkind zu kümmern.”
    “Was meinst du damit?” Leslie Anne starrte Tessa feindselig an.
    “Reicht dir das immer noch nicht?”, schrie G. W. Er stürmte auf seine Enkelin zu, blieb kurz vor ihr stehen und sah sie streng an. “Siehst du nicht, wie du deine Mutter quälst mit deinen endlosen Fragen?”
    “Bitte, Daddy. Lass sie”, sagte Tessa. “Sie hat das Recht, mir diese Fragen zu stellen.” Tessa ging zu ihrem Vater, nahm seine Hand und sah Leslie Anne an. “Dieser Mann hatte mich so zusammengeschlagen, dass ich sehr lange im Krankenhaus bleiben musste. Während meiner Schwangerschaft war ich noch in der Reha. Bis du etwa ein Jahr alt warst, musste ich jeden Tag zur Therapie.”
    “Physiotherapie?”, fragte Leslie Anne.
    “Ja.”
    “Was hattest du alles?”
    “Er hat ihr die Rippen gebrochen, beide Arme und ein Bein”, sagte G. W. “Er hat unerbittlich auf sie eingedroschen …” Er bleckte die Zähne. “Sie erlitt einen Schädelbruch, vermutlich, als er sie aus dem fahrenden Wagen stieß.”
    Leslie Anne machte große Augen.
    “Die Knochenbrüche waren nach ein paar Monaten verheilt, aber meine Schädel-Hirn-Verletzung brauchte länger.” Tessa redete beinahe emotionslos, als wäre nicht sie die Betroffene. “Ich musste beinahe alles neu lernen. Ich konnte zwar sprechen, aber ich verwechselte immer wieder die Worte. Ich war beinahe wie ein Kleinkind, das erst noch sprechen und laufen und denken lernen muss. Ich war für eine lange Zeit praktisch hilflos.”
    “Es grenzt an ein Wunder, dass deine Mutter sich so gut erholt hat”, sagte Dr. Barrett. “Nur jahrelange Physio- und Psychotherapie halfen ihr, wieder ein funktionstüchtiger Mensch zu werden. Sie hat sehr ausdauernd und lange dafür gearbeitet. Und wenn ihr der Gedanke ans Aufgeben kam, gab es nur zwei Dinge, die sie zum Weitermachen motivierten.” Der Arzt sah G. W. an. “Dein Großvater ließ nicht zu, dass sie aufgab. Immer wenn Tessa frustriert war und glaubte, sie würde nie wieder gesund werden, erinnerte G. W. sie daran, dass sie eine kleine Tochter hatte. Und mehr brauchte es nicht. Sie sagte mir, sie müsste allein für Leslie Anne wieder gesund werden.”
    Dante wandte sich ab. Er konnte es nicht ertragen, mit anzusehen, welchen emotionalen Schmerz Tessa und ihre Tochter in diesem Moment durchlebten. Und was alles noch schlimmer für ihn machte, war, dass er nun wusste, was seine geliebte Amy damals hatte erleben müssen. Bilder von

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