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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen
Autoren: Jeffery Deaver
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irgendwo am nahen Ufer bereits erwartete.
    Wenngleich der Geist nach der anstrengenden Fahrt außer Atem war, so gelang es ihm doch, dem Mann die ungefähre Stelle zu beschreiben, an der er landen würde - sie lag drei- oder vierhundert Meter östlich einer kleinen Ansammlung von Geschäften und Häusern.
    »Wie sind Sie bewaffnet?«, rief der Geist.
    »Was?«, rief Tang zurück.
    Er musste die Frage mehrmals wiederholen. »Welche Waffen haben Sie dabei?«
    Aber Tang war ein Geldeintreiber - eher Geschäftsmann als Draufgänger -, und wie sich herausstellte, konnte er nur mit einer einzigen Pistole aufwarten.
    »Gan«, zischte der Geist. Scheiße. Da er selbst nur seine alte Modell 51 bei sich trug, hatte er auf eine automatische Waffe gehofft.
    »Die Küstenwache«, sagte Tang, wobei seine Stimme aufgrund der atmosphärischen Störungen und dem Heulen des Windes immer schlechter zu verstehen war, ».hierher unterwegs. Ich höre. Scanner. müssen weg. Wo.«
    »Falls Sie die Ferkel zu Gesicht bekommen, machen Sie sie kalt. Haben Sie mich verstanden? Die sind irgendwo in der Nähe am Ufer. Finden Sie sie! Bringen Sie sie um!«
    »Sie umbringen? Ich soll.«
    Dann spülte eine Woge über die Bordwand herein und durchnässte ihn. Die Verbindung brach ab, und der Geist warf einen Blick auf das Display des Telefons. Es war dunkel, offenbar infolge eines Kurzschlusses. Wütend schleuderte er das Gerät auf den Boden des Boots.
    Vor ihm ragte drohend eine Klippe auf. Der Geist steuerte daran vorbei und visierte einen breiten Strand an, der ein ganzes Stück links von der kleinen Stadt lag. Es würde einige Zeit dauern, von dort aus zu der Stelle zu gelangen, an der die Ferkel das Ufer erreicht hatten, aber er wollte nicht riskieren, sich an den Felsvorsprüngen zu verletzen. Die Landung erwies sich auch so schon als schwieriges Unterfangen. Kurz vor dem Strand stieg das kleine Boot auf einem Wellenkamm empor und kenterte beinahe, aber der Geist ging schnell genug vom Gas und konnte so das Schlimmste verhindern. Die nächste Welle erwischte ihn von hinten, warf ihn zu Boden, durchnässte ihn ein weiteres Mal und ließ das Boot herumwirbeln. Heftig schlug es in den letzten Ausläufern der Brandung auf, so dass Gischt aufspritzte und der Geist hinaus in den Sand geschleudert wurde. Die Schraube des Außenborders befand sich nicht mehr im Wasser, lief jedoch unter lautem Kreischen weiterhin auf Hochtouren. Der Geist befürchtete, durch den Lärm seinen Aufenthaltsort zu verraten, rannte zu dem Motor und schaltete ihn ab.
    Er entdeckte Jerry Tang in einem silbernen BMW mit Allradantrieb, der sich auf einer sandigen Asphaltstraße etwa zwanzig Meter jenseits des Strandes näherte. Der Geist stand auf und lief auf den Geländewagen zu. Der fette, unrasierte Tang sah ihn und hielt an. Der Geist beugte sich zum Beifahrerfenster. »Haben Sie die anderen gesehen?«
    »Wir müssen weg!«, drängte Tang nervös und nickte in Richtung eines Funkscanners. »Die Küstenwache weiß, dass wir hier sind. Sie haben uns die Polizei auf den Hals gehetzt.«
    »Was ist mit den anderen?«, herrschte der Geist ihn an. »Wo sind die Ferkel?«
    »Ich habe niemanden gesehen. Aber...«:
    »Meinen bangshou kann ich auch nirgendwo finden. Ich weiß nicht mal, ob er es von Bord geschafft hat.« Er ließ den Blick das Ufer entlangwandern.
    »Ich habe niemanden gesehen«, wiederholte Tang mit schriller Stimme. »Aber wir können nicht länger warten.«
    Aus dem Augenwinkel registrierte der Geist eine Bewegung in der Nähe der Brandung: Ein Mann in grauer Kleidung kroch auf den Felsen vom Wasser weg. Er sah aus wie ein verwundetes Tier. Der Geist drehte sich um und zog die Waffe aus dem Gürtel. »Warten Sie hier.«
    »Was haben Sie vor?«, fragte Tang aufgeregt. »Wir dürfen nicht länger bleiben! Sie kommen. In zehn Minuten sind sie hier. Begreifen Sie denn nicht?«
    Doch der Geist ignorierte ihn und überquerte bereits wieder die Straße. Das Ferkel hob den Kopf und sah ihn näher kommen, aber es hatte sich anscheinend ein Bein gebrochen und konnte nicht einmal stehen, geschweige denn fliehen. Verzweifelt wollte der Mann zurück ins Wasser kriechen. Der Geist wunderte sich, dass er überhaupt den Versuch unternahm.
    Sonny Li schlug die Augen auf und dankte den zehn Richtern der Hölle - nicht für die Tatsache, dass er den Untergang überlebt hatte, sondern dafür, dass dieses widerliche Gefühl der Übelkeit zum ersten Mal innerhalb der letzten beiden
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