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Das Gesicht des Teufels

Das Gesicht des Teufels

Titel: Das Gesicht des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Cordes
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der Schweißgeruch einer Sauenrotte in die Nase.
    Nach einer Weile erhob er sich wieder. Zwei Zitronenfalter-Pärchen tanzten um ein Gänseblümchen, und für einen Augenblick stimmte ihn dies so versöhnlich, dass er seinen Groll vergaß. Doch als er wieder im Sattel saß, holte ihn die Wirklichkeit ein. Beim Anblick der Bauernhorden, die zu Hunderten am Schandhof lagerten, schwoll seine Wut so heftig an, dass er die Faust reckte und schrie: «Schiebt euch eure zwölf Artikel doch in den Arsch!»
    Gelächter erhob sich, das in ein Pfeifkonzert überging. «Hegemeister, komm doch, wenn du dich traust!» Andere spuckten in die Hände und reckten Dreschflegel und Forken, ein paar Reisige dagegen packten ihre Morgensterne und rannten auf ihn zu. Bernward wendete sein Pferd. Er war weit genug entfernt, um zu flüchten, doch da sah er aus den Augenwinkeln, wie ein Reisiger seine Armbrusthob und auf ihn zielte. Bernward fluchte, ihm blieb nichts anderes übrig, als seinem Pferd die Absätze in die Flanken zu stoßen.
    Zum Glück zischte der Pfeil vorbei.
    Bei einem geübten Landsknecht wär’s das jetzt gewesen, dachte Bernward. Er schaute sich um und wurde sich im selben Augenblick bewusst, einen Luftzug gespürt zu haben.
    Sein Herz setzte einen Schlag aus. Teufel nochmal! Jetzt hat wirklich nicht viel gefehlt!
    Noch einmal war er mit dem Schrecken davongekommen. Bei der letzten Begegnung mit den Bauern war das noch anders gewesen – wovon das in allen Farben des Regenbogens schwellende Nest um sein rechtes Auge kündete. Zwei Tage nach seinem Besuch in Detwang hatten sie ihn in Reichardsroth vom Pferd gezerrt: Entweder du bist für uns oder gegen uns.
    Da er darauf bestanden hatte, nur für sich zu sein, hatten sie ihn zusammengeschlagen. Trotzdem war es ihm gelungen, noch einmal in den Sattel zu kommen. Halb ohnmächtig hatte er sich in den Wald gerettet, wo er dann irgendwann am Wachsenberg angekommen war. Und plötzlich hatte er gewusst, wer seine Blessuren würde pflegen können: Ursula, Hannas aus Ohrenbach zugelaufene Köhlerfreundin.
     
    Im Galopp erreichte Bernward die Doppelbrücke bei Kobolzell. Auf der Brückenmitte machte er halt und stieg vom Pferd. Die hochstehende Sonne spiegelte sich in der braungrünen Flut, und der leise Wind trug ihm den durchdringenden Duft von Wasser, Erde und Gras in die Nase. Fast geräuschlos strudelte die Tauber um die Pfeiler, schwemmte nach einiger Zeit ein leeres Vogelnest heran und den Kadaver einer Katze.
    Bernward stierte blicklos ins Wasser. Sollen sie sich ins Unglück stürzen, dachte er. Ich hab nichts damit zu schaffen.
    Die Geräusche von Pferden ließen ihn den Kopf heben. Erstaunt riss er die Augen auf: Einträchtig ritten der Herren-Müller und Jacob Aufreiter nebeneinander. Als sie seiner gewahr wurden, hob Aufreiter grüßend den Arm, während Jobst Gessler einfach weiterritt.
    «Ist’s Zufall? Wir dachten bereits, Ihr hättet Euch den Wilderern angeschlossen. Wo wart Ihr? Und, verzeiht, könnte es sein, dass Ihr etwas aufs Auge bekommen habt?»
    Der Spott in Jacob Aufreiters Stimme war nicht zu überhören. Der Stadtrichter stemmte sich im Sattel auf und faltete die Hände über dem Sattelknauf. Sein glatter grauer Bart schimmerte in der Sonne, die tiefliegenden kleinen schwarzen Augen dagegen verschluckten alles Licht.
    «Ich habe in der Tat ein paar Schwierigkeiten mit den Aufständischen gehabt – was Euch natürlich nicht passieren kann. In Eurem goldbestickten Filzmantel und dem großen Hut seht Ihr aus wie der berühmte Teufelsbeschwörer Faust. Solche Leute reißt man lieber nicht vom Pferd.»
    Aufreiter lachte auf. «Ihr seid schärfer geworden, Hegemeister. Steht Euch gut zu Gesicht. Was aber sagt Ihr zur neuen Lage? Stürmen die Bauern die Stadt oder nicht? War es richtig, dass das Kollegium das Hilfeersuchen von Dinkelsbühl abgelehnt hat? Menzingen und unser Bürgermeister Kumpf waren so vehement dagegen wie ich dafür.»
    «Was hätte es uns gebracht, eine Hundertschaft stadttreuer Reisige samt Waffen zu schicken? Sie würden schließlich doch gegen die Übermacht der Haufen verlieren.Selbst dann, wenn sie ihnen schwere Verluste bescheren würden.»
    «Aber es wäre ein Zeichen für unsere rechte Gesinnung gewesen.»
    «Mit dem Tod erkauft!»
    «Der kommt sowieso über die Stadt.»
    «Wer sagt das?»
    «Jetzt sagt nicht, die neuen Gesichte unserer Köhlerin Völz seien Euch unbekannt. Himmel, was ist bloß mit Euch? Die Völz hat eine

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