Das Gesicht des Teufels
gesucht wird?
Da Arndt nichts weiter sagte, fuhr Jobst Gessler ironisch fort: «Erst einmal willkommen in der Hütte des Köhlers Völz. Seid Ihr gekommen, um uns zu holen? Oder nur, um uns zu verraten?»
«Weder noch.» Bernward suchte Ursulas Hand, zog sieneben sich. «Aber für Euch hätte ich trotzdem keine guten Nachrichten.»
«Als da sind?»
«Zum Beispiel, dass Eure Mühle heute Morgen auf Befehl des Markgrafen geschleift und niedergebrannt wurde. Aber deswegen bin ich nicht hier …» Jobst Gesslers Kopf ruckte hoch. Trotz des schummrigen Lichts in der Hütte war zu sehen, wie er um Fassung rang. Er schüttelte den Kopf und schaute um sich, als wolle er sich vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte. Dann nickte er plötzlich schicksalsergeben.
Bernward hatte sich Ursula zugewandt. Flüchtig küsste er sie auf den Mund.
«Welche Nachrichten hast du noch?», fragte sie ängstlich.
«Brettheim und Ohrenbach sind nur noch ein rauchender Trümmerhaufen. Ich war beide Male dabei. Die Dörfer wurden zuvor vollständig ausgeplündert. Wer hinterrücks Brandfackeln und flammende Strohgarben austrat, wurde niedergestochen.»
«Und Simon, mein Mann?», fragte Ursula aufgeregt.
Bernward zuckte zusammen und forschte in Ursulas Augen. Glomm etwa doch noch ein Funken Liebe für ihn darin? Oder war Ursula wirklich frei, wie sie es ihm das letzte Mal versichert hatte?
«Er ist gefallen, Ursula. Ich habe einen Bauern gefragt. Er hat es mir sogar geschworen.»
«Friede seiner Seele.»
Ursula wandte sich ab. Ein Zittern erfasste ihren Körper, doch schon einen Augenblick später fiel sie Bernward aufschluchzend um den Hals. Er brummte beruhigende Worte und drückte sie fest an sich. Magdalena, die in einer Ecke kauerte, schaute ihnen mit versteinerter Miene zu. Als sich ihre und Bernwards Blicke kreuzten, wandtesie den Kopf ab und schlang die Arme um ihre Knie. Arndt und Jobst Gessler schwiegen, Arndt stocherte mit dem Schürhaken im Feuer. Funken stoben auf, blaue Flämmchen zuckten über die verkohlten Scheite.
«Und was ist jetzt?», brach Bernward das Schweigen. Sanft löste er sich aus Ursulas Umarmung. «Gibt es noch ein Plätzchen für mich auf die Nacht, Arndt Völz?»
«Wenn Ihr mir sagt, wie es um meine Schwestern steht …»
«Marie hat mit Katharina von Detwang eine liebevolle Großmutter gefunden. Für die alte Detwang ist die Kleine längst mehr als nur das Mantelkind ihres Sohnes. Sie hat sie angenommen, und das mit ganzer Seele.»
«Und Hanna?»
«Ulrichs Liebe kann sie sich sicher sein. Das Rätsel, warum sie Gesichte hat, bleibt. Dass diese ihr schaden, ist gewiss. Stadtrichter Aufreiter hasst sie. Allerdings bleibt ein Geheimnis, warum.»
«Ja, das bleibt ein Geheimnis», murmelte Magdalena leise, aber nachdrücklich. Sie schaute auf, diesmal aber blieb ihr Blick an dem Bernwards hängen. «Gewiss aber ist, dass Jacob Aufreiter mit seinem bösen Blick die Gesichte bei ihr ausgelöst hat. Hanna ist selbst darauf gekommen. Ich aber sage euch: Aufreiters böser Blick verwandelte sich bei ihr zu einer Gottesgabe. Denn Hannas Seele ist rein. Der Heilige Geist ist über sie gekommen, und das wird Aufreiter zum Verhängnis werden. Und weil er dies weiß, will er Hanna vernichten. An seinen Händen klebt Blut. Er hat gemordet. Ich spüre es … nein, ich weiß es.»
Die letzten Worte waren kaum noch zu verstehen. Magdalena schloss die Augen und begann zu summen. Dabei wiegte sie sich sacht hin und her und schien mit der Zeit alles um sie herum zu vergessen. Das Knistern des Feuerswurde schwächer, schließlich erlosch das erste Scheit. Es wurde still in der Hütte. Draußen war das Licht so schwach, dass in der Hütte nur noch der glutrote Widerschein des heruntergebrannten Feuers die Gesichter erkennen ließ.
Ursula zog Bernward auf ihr Lager. Sie legten sich beide auf die Seite, Bernward schlang einen Arm um ihren Bauch. Sie gehört mir, dachte er zufrieden. Wird es gut haben. Er spürte, wie sein Körper erwachte, und zog Ursula noch enger an sich. Sie seufzte leise, während sie ihr Hinterteil gegen ihn drückte.
Schade, dachte Bernward, wie schade. Er sog den Duft von Ursulas Haar ein, spürte plötzlich, wie müde er war. Hannas Geheimnis, dachte er. Was ist ihr Geheimnis … Dann war er eingeschlafen.
58
Er wusste, dass er träumte, weil man mit einem Pferd nicht fliegen konnte, aber schon im nächsten Moment nahm er die Faustschläge wahr: Wie unerbittlich sie sind,
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