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Das Gespinst des Bösen

Das Gespinst des Bösen

Titel: Das Gespinst des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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der Treppe zurück.
    Ein Test.
    Merrily erinnerte sich an das Zimmer im ersten Stock, an den Geruch von Verwesung, vermutlich tote Mäuse und Ratten. Die skelettartigen Überreste zweier Betten.
    Und wie sie dabei an M. R. James und das Zimmer im
Globe Inn
gedacht hatte.
    Wenn sie jetzt nicht mit ihm hinaufginge, würde sie zeigen, dass sie Angst hatte. Angst vor einem Kollegen. Und wenn sie hinaufginge … was dann?
    Das Problem war, dass diese Geschichte wahr klang. Wahrer als ihre auf jeden Fall. Das Licht in der Kaminecke hatte ja schon darauf hingedeutet, dass dort eine Wand durchbrochen worden war.
    Sie sagte: «Warum sollten sie … ich meine, was wollten die dort finden?»
    Was wollte
Teddy
dort finden?
    Oder wollte er etwas in das Loch legen? Es dann wieder verschließen?
    «Ich weiß es nicht», sagte er. «Ich konnte nichts sehen. Wenn Sie für mich die Lampe halten würden, könnten wir vielleicht …»
    «Aber vielleicht nicht jetzt, Teddy, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Da ruiniere ich mir meine Kleidung.»
    «Oh, so schlimm ist es nicht, jetzt, wo sich der Staub gelegt hat. Sie müssen ziemlich schnell abgehauen sein. Das hier haben sie dagelassen.»
    Er bückte sich und hob ein Brecheisen auf, ein langes, hochbelastbar. Er hielt es in beiden Händen, als wolle er seine Schlagkraft abschätzen.
    «Dann … dann waren sie gut vorbereitet», sagte Merrily. «Meinen Sie, sie haben nach dem … Schatz der Tempelritter gesucht?»
    «Der Schatz der Tempelritter.» Er sah sie an, den Kopf zur Seite geneigt, das Licht der Lampe schimmerte in seinen Augen. «Was für ein Witz.»
    «Ist es das?»
    «Wenn es einen Schatz
gäbe
, wäre es nicht
so eine
Art von Schatz – Gold und Juwelen.»
    «Nein?»
    «Vielleicht wäre es etwas sehr viel … Abstrakteres. Das Wesen einer Gesinnung.»
    Ihr war sehr kalt, und sie hatte solche Angst, dass sie anfing zu zittern. Mrs. Morningwood. Wo war sie?
War
sie heute Abend hier gewesen? Und wenn …
    Es war verrückt. Kein Vergewaltigungsopfer würde sich freiwillig wieder seinem …
    … Vergewaltiger stellen.
    Aber wie konnte man so etwas dem gelassenen,
gemütlichen
Teddy zutrauen? Wie konnte irgendjemand ihm so etwas zutrauen?
    «Ich höre immer wieder, dass Jacques de Molay hier war», sagte Merrily. «Und von dem Geständnis irgendeines ehemaligen Tempelritters. Jacques de Molay soll ihn gezwungen haben, Jesus Christus abzuschwören oder … er würde in einen Sack gesteckt oder so ähnlich.»
    In der Kaminecke war ein Sack, ein Sack für Tierfutter, aus dickem Plastik. Vielleicht waren es auch zwei.
    «Ah», sagte Teddy. «Die alte Geschichte.»
    «Glauben Sie sie nicht?»
    «Geständnisse hat man den Leuten damals ohne besondere Schwierigkeiten abgepresst.»
    «Das ist heute nicht mehr so einfach.»
    «Nein?»
    Sie fragte sich, wie schnell sie im Notfall aus dem Haus kommen würde. Wie schnell sie laufen konnte. Sie trug einen Rock.
    Aber schließlich musste sie nur die Tür aufmachen und nach Lol rufen, dann wäre er Sekunden später bei ihr, bereit, sich Teddy zu stellen.
    Und seinem Brecheisen.
    Während Jane …
    Sie richtete sich auf und klopfte sich etwas roten Staub von ihrem besten dunkelblauen Wollmantel.
    «Wissen Sie was, Teddy?», sagte sie. «Ich glaube, Sie haben uns alle an der Nase herumgeführt.»
     
    «Das ist so seltsam.»
    Jane und Lol waren aus dem Auto gestiegen. Der Abendwind wehte Janes Haare nach hinten.
    «Ich kann nicht glauben, dass sie das getan hat, Lol. Ich kann nicht glauben, wie sie sich verändert hat … allein im letzten Jahr. Aber du übrigens auch. Ich hab noch nie bemerkt, dass Leute sich verändern.»
    «Nein.»
    «Erschreckend, echt.»
    «Ja.»
    Sie glaubte, den Blick nicht ein einziges Mal vom Meisterhaus abgewandt zu haben, seit Mom hineingegangen war. Genau wie Roscoe, der aufrecht zwischen ihnen im Gras saß.
    «Als wir herkamen – ich meine, nach Ledwardine –, hatte ich keinen Respekt vor Mom. Ich hab sie
verachtet
. Weil sie Pfarrerin war. Weil ich sie dabei sehen musste … betend und so. Wie
konnte
sie nur, verstehst du? Wie konnte sie mir das antun?»
    «Das ist normal», sagte Lol. «Oh, Jane, das hab ich ganz vergessen. Eirion hat angerufen.»
    «Irene?»
    Sie hatte es gesagt, ehe sie sich davon abhalten konnte.
    «Er, ähm … er meinte, du hättest nicht auf seine Anrufe reagiert.»
    «Hat er das?»
    Sie betrachtete im Dunkeln Lols angespannte Gestalt. Er hatte immer so jungenhaft ausgesehen,

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