Das Gespinst des Bösen
spirituelle Kämpfe mit einem unauslöschlichen, schwarzen, metaphysischen Bösen, seiner satanischen Majestät, der Bestie 666 .
Die Enttäuschung dieser Leute war fast ausnahmslos mit Händen zu greifen.
Sie mussten also noch nie jemanden von echter dämonischer Besessenheit heilen?
Woraufhin man mit den Schultern zuckte, unbehaglich lächelte und zugab, dass es doch meistens eher mit dem Unbewussten als mit der alten Schlange zu tun hatte.
Das war die Leere – der Gedanke, dass da am Ende gar nichts war, was die Psychologie nicht erklären könnte. Dass Leute wie Siân Callaghan-Clarke recht hatten, wenn sie das, was Merrily tat, für nicht besonders relevant hielten.
Es war das, was Merrily am meisten fürchtete, und es drückte ihre Stimmung, als sie über eine Straße, die sie noch nie genommen hatte, ins unbekannte Grenzland fuhr: an den kahlen, glatten Hügeln entlang, an windgepeitschten, verdrehten Bäumen vorbei.
Und doch war das England. Es musste so sein. Dort, unterhalb der Straße, verlief der Fluss Monnow, der die Grenze
war
, da er auf der zerstörten Brücke nicht mehr überquert werden konnte. Sie war gesperrt, mit einem Schild versehen, auf dem stand: STOPP .
Aber auch, wenn es noch nicht Wales war – Herefordshire war es ebenfalls nicht mehr. Nicht bei Namen wie
Bagwllydiart
. Fast ganz Wales war inzwischen Touristenland, während Herefordshires Touristenland aus Ledwardine und den umliegenden Fachwerkdörfchen im Norden des Countys bestand, und aus dem üppig bewachsenen Wye-Tal im Süden.
Das unbekannte Grenzland war nur eine Stunde von Ledwardine entfernt, und früher oder später würde es zu den New Cotswolds gehören.
Aber das würde noch eine Weile dauern.
Jane hatte sie alle, logisch. Die Gesamtausgabe der Geistergeschichten von M. R. James. Merrily hatte die erstmals 1904 veröffentlichte Erzählung am Vorabend im Bett gelesen. Sie konnte sie früher eigentlich nicht gelesen oder im Fernsehen gesehen haben, denn diese Geschichte von Parkins, einem Akademiker, der an der Küste von Suffolk Golfurlaub machte, konnte man kaum vergessen. Ebenso wenig wie das, was er dort entdeckte, und das, was ihn entdeckte.
Oh, Parkins
, sagt ein Kollege vor seiner Abreise
, wenn Sie nach Burnstow fahren, müssen Sie sich das Ordenshaus der Tempelritter ansehen und mir sagen, ob Sie glauben, dass es sich lohnt, dort im Sommer eine Ausgrabung zu machen.
Aber die Idee zu Burnstow basierte, dem Vorwort des Autors zufolge, auf einer Stadt an der anderen Küste des Landes.
Merrily war Parkins ins
Globe Inn
gefolgt, in dem nur ein Zimmer mit zwei Betten frei war. Was sicher etwas zu bedeuten hatte. Was das Ordenshaus der Tempelritter betraf, hatte Parkins bei seinen archäologischen Erkundungen dort nur mehrere kaum vielversprechende Erdhöcker und Wölbungen entdeckt … Oh, und – in einer Nische, in deren Nähe sich vermutlich einmal ein Altar befunden hatte – eine alte Flöte.
Auf der Flöte stand:
QUIS EST ISTE QUI VENIT
Wer ist das, der da kommt?
Wenn einem der Garway Hill nicht auffiel, musste man entweder darauf oder direkt darunter stehen. Merrily konnte keinen Antennenmast sehen, nur eine Reihe von Häusern, wie eine etwas ramponierte Zierleiste, mit Blick auf die Kirche St. Michael.
Willkommen in
GARWAY
. Bitte langsam fahren.
Als hätte man auf solchen Straßen eine andere Wahl.
Es war Samstagnachmittag und kaum jemand zu sehen. Die Mappe mit den Informationen zum Meisterhaus und dem Schlüssel lag auf dem Beifahrersitz des alten Volvos. Das Haus sollte vom Kirchturm aus zu sehen sein, aber nur gerade so.
Sie müssen nach zwei weißen Torpfosten Ausschau halten, einer ist in der Mitte abgebrochen.
Später, vielleicht.
Wenn überhaupt. Dank Huw Owen und M. R. James war der Fall so gut wie abgeschlossen. Fuchsia hatte alles erfunden. Wahnvorstellungen waren zwar auch noch eine Erklärung, inzwischen aber nicht mehr besonders wahrscheinlich.
Eine Rechtskurve leitete Merrily zum Eingang des Friedhofs. Man hatte hier keine Zugeständnisse an das Aufkommen motorisierter Fahrzeuge gemacht. Sie parkte so nah wie möglich an der Hecke, stieg durch die Beifahrertür aus und ging, in Jeans und einem Gomer Parry Landwirtschaftsdienste-Sweatshirt, einen kurvigen, schattigen Pfad entlang, der sie auf ein eingezäuntes Grundstück führte – ein Nebelschleier in Grün- und Bernsteintönen unter einem Dach aus Vogelgezwitscher.
Wenn man einen Ort kennenlernen wollte,
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