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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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deutete sich kein Verständnis an. Es machte keinen Sinn, ihr noch mehr vom vergangenen Tag zu berichten, schon gar nicht, seinem ärger freien Lauf zu lassen. Er galt dem bärtigen Mann, der hier wohnte, sich einen gottesfürchtigen Eremiten nannte, der auf alles Irdische verzichtete, aber dennoch von allen Reisenden, die seinen Weg Richtung Italien kreuzten, Zölle einnahm – viel höhere, als vorgeschrieben war. Auch ihre Reisegruppe hatte er nur aufgenommen, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sie vermögend genug waren, für jede einzelne Nacht zu zahlen. Was ohne Zweifel eine schwere Sünde war. Ein jeder Einsiedler, der – gemäß den Vorbildern wie Gallus, Sigisbert und Placidus – in die Berge floh, um dort der menschlichen Gesellschaft entrückt zu leben, war verpflichtet, Gäste aufzunehmen, getreu dem Bibelvers: »Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.«
    Wütend hatte Balduin den Mann gefragt, zu welchem Zwecke er denn Geld ansammle, das er hier in der einsamen Höhe ganz gewiss nicht brauchen würde. Doch das Glitzern in den Augen des Eremiten, als er ihm einen Beutel Denare ausgehändigt hatte, zeigte ihm, dass die Lust des Bärtigen am Geld nicht der Möglichkeit bedurfte, es auch auszugeben.
    Balduin konnte sich nicht verkneifen, ihm heimlich jenes Diebespackan den Hals zu wünschen, das sich bei wärmeren Temperaturen hier herumtrieb und nicht selten Reisende und fahrende Händler ausraubte.
    »Balduin …«
    Wieder schreckte Judith aus dem unruhigen Schlaf hoch, wieder schien sie nicht zu wissen, wo sie war.
    »Balduin … bleib nicht bei mir, du sollst nicht auch noch krank werden, es reicht, wenn ich damit … geschlagen bin.«
    »Hab keine Angst um mich. Dir muss es besser gehen!«
    »Ich wünschte, ich würde euch nicht aufhalten.«
    »Sorg dich um dich selbst und sonst um gar nichts!«
    Sie fiel zurück auf die karge Strohmatte. Nun, da sich zum Feuerschein Tageslicht mengte, sah er, dass die Röte in ihrem Gesicht fleckig geworden war und die Haut dazwischen ungesund fahl glänzte.
    Bislang hatte er seiner Furcht um sie nicht nachgegeben, hatte sich an die Hoffnung geklammert, es würden ein, zwei Nächte in Wärme ausreichen, und sie wäre gekräftigt genug, um wieder aufzubrechen. Nun war er zu müde, um den Gedanken fortzufegen, dass sie womöglich nie wieder reisen konnte. Wider ihren Wunsch, dass er sie meiden möge, sank er an ihr Lager und ergriff ihre Hand.
    »Bitte …«, stammelte er, »du musst gegen das Fieber ankämpfen! Du darfst dich nicht aufgeben!«
    Als sie ihm antwortete, war ihre Stimme rau. Zwischen jedem ihrer Worte hustete sie, und ein krampfartiger Schmerz breitete sich über ihr Gesicht aus. »Wenn ich hier sterbe, wird alle Welt sagen, es sei eine Strafe Gottes für mein unziemliches Verhalten! Wahrscheinlich würde es meinen Vater sogar freuen, sähe er darin doch ein göttliches Zeichen, wonach der Allmächtige auf seiner Seite steht – nicht auf der der ungehorsamen Tochter.«
    »Sag so etwas nicht!«
    Sie lächelte ihn an, mitleidig und traurig. »Hab keine Furcht: Ich glaube nicht, dass es eine Strafe Gottes ist. Ich glaube nicht, dass ich sterben muss!« Sie schüttelte seine Hand ab, drehte sichzur Seite. »Du solltest dich stärken«, forderte sie ihn auf. »Schick Bruder Wunibald einstweilen zu mir! Ich will mit ihm reden!«
    Balduin zögerte, konnte ihr Anliegen nicht recht begreifen. Er schätzte es, dass der Mönch in schwierigen Situationen mehr Durchhaltevermögen besaß als in den Augenblicken seines kindlichen Jammers, und er hatte erkannt, dass ihm ein hohes Maß an Bauernschläue innewohnte, mit der er sich durch die brenzligsten Situationen brachte – aber worin ausgerechnet jetzt sein Wert für Judith lag, vermochte er nicht zu sagen. Wieder fühlte er Furcht aufsteigen, weil sie nach einem Geistlichen verlangte, der – gleichwohl er seiner Zunft nicht grade zur Ehre gereichte – doch der Richtige schien, um einer Sterbenden beizustehen.
    »Warum Wunibald?«
    »Du würdest mich ja doch nicht allein lassen«, gab sie fast schroff zurück, »doch du musst etwas essen, und so lange bleibt eben der Mönch bei mir. Glaub mir, ich freue mich, einmal nicht in ein sorgenvolles Gesicht zu blicken.«
    Sie bemühte sich um ein Lächeln, das ihm krampfhaft erschien. Doch ihre Worte waren eindringlich genug, um sich ihnen zu fügen, und so ging er nach draußen, um den Mönch zu holen.
     
    Ungeduldig wartete Judith darauf, dass Balduin sie

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