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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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der eine Bruder – jener Lothar, den du nur allzu gut kennst –Lothringen erbte und Karl Burgund und die Provence, fiel Ludwig Italien zu. Und später auch die Kaiserkrone. Er … er scheint mir ehrgeizig zu sein, hat im Süden jedoch oft zu kämpfen … gegen Langobarden und, was noch schlimmer ist, gegen die Sarazenen.«
    Er sprach, so schnell es ihm möglich war, und schien erleichtert, die Rede hinter sich zu bringen, auf dass er nicht länger die Aufmerksamkeit des gereizten Balduin auf sich zöge.
    Doch der ließ nicht locker. »Und warum, denkst du, hält er uns auf?«
    Wieder regte sich in Judiths Gesicht nichts anderes, als dass sie ihre Braue verzog.
    »Ich kann es nicht sagen …«, stammelte Wunibald hilflos.
    Die Ankunft bei der Karolingischen Pfalz – ebenjener Palast, in dem einst die Langobardenkönige residiert hatten – half ihm, nicht noch tiefer zwischen das Paar zu geraten. Das Seufzen, mit dem er schließlich vom Pferd stieg, klang sehr erleichtert.
    »Wenn ihr gestattet, würde ich gerne dem Herrn dafür danken, dass ich es wohlbehalten bis hierher geschafft habe, und in einer der vielen Kirchen beten.«
    Bis auf das Rezitieren von Psalmen hatte Balduin ihn noch nie bei einer sonderlich frommen Beschäftigung ertappt, und er ahnte, dass es nur ein Vorwand war, um weiteren Peinlichkeiten zu entgehen.
    »Nun geh schon!«, knurrte er, und als er dem Mönch nachblickte, neidete er ihm die Freiheit zu fliehen. Was immer ihm – nicht nur umgeben von den bewaffneten Männern des Kaisers, sondern auch an der Seite einer frostigen Judith – bevorstand, allein ob dieser Umstände würde es wohl nicht sonderlich angenehm werden.
    Balduin wusste nicht, ob es ihnen, wie Judith angedeutet hatte, tatsächlich drohte, von Kaiser Ludwig ausgeliefert zu werden. Die langen Stunden des Wartens, die folgten, waren wenig aufschlussreich.
    Zumindest begegnete man ihnen äußerst zuvorkommend. Vom Hof der Pfalz hatte man sie in das Gästehaus geleitet, und dort eilten Höflinge herbei und brachten Rosenwasser, damit sich die Frauen darin die Hände waschen konnten. Judith tat es geistesabwesend, Johanna mit verächtlichem Blick, der deutlich zeigte, was sie von solchem Plunder hielt, Madalgis hingegen mit sichtbarem Wohlgefallen. Auch als die Hände längst getrocknet waren, roch sie mehrmals fasziniert daran.
    Nun war ausreichend Zeit, sich die Räumlichkeiten genaueranzusehen. Balduin entdeckte, nicht ohne Ehrfurcht vor diesem Prunk, Leuchter aus Gold und Vasen aus Elfenbein. Die köstlichen Speisen, die alsbald serviert wurden, standen der edlen Einrichtung um nichts nach. Manches schmeckte vertraut, anderes seltsam fremd, doch Balduins Hunger war so groß, dass er alles gegessen hätte.
    Es gab am Spieß gebratenes Rindfleisch, mit einem Brei aus Kichererbsen, und mit Koriander gefüllten Schweinebauch, Geflügel, das außergewöhnlich süß schmeckte – man hatte es mit Nelken und Zimt gewürzt – und schließlich ein Mus aus Erdbeeren und Kirschen.
    Bruder Wunibald würde es sicher bereuen, dieses Mahl versäumt zu haben. Allein Butter und Käse hielt dieser schon für großen Luxus, hatte es im Kloster doch meistens nur eine Mahlzeit gegeben, die aus hartem Brot und aus mit etwas Schweineschmalz gefetteten Bohnen bestand.
    Als Balduins Magen gesättigt war, hatte sich seine Unruhe ein wenig gelegt – und auch sein Hader wider Judith. Nicht länger verärgert, sondern verlegen trat er zu seiner Frau, die ebenso anmutig wie lustlos gegessen hatte.
    »Was … was, denkst du, wird nun geschehen?«, fragte er.
    Sie zuckte mit den Schultern, zögerte zu antworten, aber sagte schließlich doch: »Kaiser Ludwig ist ebenso intrigant wie durchtrieben. Er hält wenig auf Blutsbande, was uns nützen könnte, weil ihm gewiss nicht daran gelegen ist, meinem Vater einen Gefallen zu tun. In jedem Fall wird er versuchen, aus uns … aus mir Nutzen zu schlagen. So wollen wir hoffen, dass er’s auf einem Wege tut, der uns mehr hilft als schadet.«
    Sie hatte kaum geendigt, als eine weitere Truppe von Soldaten in dem Raum erschien, zwar ohne Kettenhemden, doch allesamt mit Dolch und Schwert bewaffnet. Sie beugten höflich das Haupt, aber weder Balduin noch Judith war entgangen, dass sie ohne anzuklopfen eingetreten waren.
    Knapp bestellten sie, dass der Kaiser nun bereit sei, sie zu empfangen.
    Wie Gefangene …, ging es Balduin angespannt durch den Kopf, als sie die ersten Schritte machten und von den Soldaten

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